Leitsatz (amtlich)
1. Für die Abgrenzung der Leistungspflichten mehrerer an der Herstellung eines Gesamtwerks auf Grund separater Werkverträge beteiligter Unternehmen kann vorrangig auf die Ausschreibungen des Bauherrn (hier: durch den von ihm beauftragten Architekten) abgestellt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Ausschreibungen zu einem gemeinsamen Verständnis der Beteiligten von dem Umfang der jeweils übernommenen Leistungen geführt haben.
2. Der funktionale Mangel- und Herstellungsbegriff führt demgegenüber nicht zu einer Erweiterung der Leistungspflichten des Unternehmers über das so ermittelte Leistungssoll hinaus, so dass er für die Funktionsfähigkeit der Gesamtanlage nur im Rahmen seines Leistungsanteils einzustehen hat und sich die von ihm geschuldete Funktionsfähigkeit darauf beschränkt, dass seine Werkleistung einen sachgerechten Beitrag zur Erstellung des Gesamtwerks darstellt.
3. Es verbleiben allerdings Aufklärungs- und Hinweispflichten gem. §§ 13 Abs. 3, 4 Abs. 3 VOB/B, die leistungsbezogen sind (Nebenleistungspflichten).
4. Eine Verletzung dieser Pflichten kann zur Verantwortlichkeit des Auftragneh-mers auch für Mängel führen, die zum unmittelbaren Leistungsbereich des anderen Unternehmers gehören.
5. Ein "Vorunternehmer" gem. § 13 Abs. 3 VOB/B muss nicht zwingend zeitlich vor dem Auftragnehmer tätig geworden sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Leistung des anderen Unternehmers die sachlich-technische Grundlage für die Leistung des Auftragnehmers bildet. Das kann auch bei zeitlich nachgelagerten Arbeiten des anderen Unternehmers der Fall sein.
6. Eine Hinweispflichtverletzung setzt ein zunächst objektiv zu beurteilendes In-formationsdefizit des Vorunternehmers voraus; es fehlt an der objektiven Pflichtverletzung, wenn dem Vorunternehmer alle Informationen vorliegen, die ihm bei Anwendung der grundlegenden Kenntnisse seines Fachgebiets die Vorbereitung bzw. Fertigstellung des funktionstüchtigen Gesamtwerks ermöglichen.
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 06.02.2015; Aktenzeichen 016 O 475/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 06.02.2015 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des LG Münster abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 4.722,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.07.2010 sowie 381,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/4 und die Beklagten 3/4.
Die durch die Streithilfe verursachten Kosten trägt die Klägerin zu 1/4; im Übrigen tragen sie die Streithelfer jeweils selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO)
Das Urteil ist abzuändern, denn die Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet. Die Klage hat mit der Hauptforderung i.H.v. 4.722,10 EUR Erfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet, so dass die Klage mit der darüber hinausgehenden Forderung abgewiesen bleibt.
1. Wie sich aus dem im Rechtsstreit unverändert gebliebenen Klageantrag ergibt, macht die Klägerin eine Restwerklohnforderung i.H.v. 6.143,81 EUR geltend. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sich die Klageforderung aus der Zusammenstellung ergibt, die sie in ihrem Abrechnungsschreiben vom 03.03.2010 gegenüber den Beklagten als "Aufstellung offener Posten" mitgeteilt hat, insbesondere aus der Version gemäß der Anlage K 10 zur Klageschrift (Bl. 47 d.A.). Die dort aufgelisteten Beträge führen ohne Berücksichtigung der Gebührenrechnung der Kreishandwerkerschaft zu einem Saldo, der genau dem Betrag der Klageforderung entspricht.
In dieser Aufstellung nahm die Klägerin Bezug auf die von ihr erstellte Schlussrechnung vom 09.12.2008. Der in der Aufstellung enthaltene Schlussrechnungsbetrag ist anschließend, ohne dass die Parteien dies im Einzelnen für den Senat nachvollziehbar dargelegt haben, mehrfach korrigiert und weiter reduziert worden. Aus der zu den Akten gereichten Fassung der Schlussrechnung (Anlage B1 zur Klageerwiderung, Bl. 58 d.A.) ist ersichtlich, dass die Klägerin den vertraglichen Festpreis für ihre Werkleistung (45.000,00 EUR netto) bereits um den vereinbarten Nachlass von 3 % reduziert und nur entsprechend gemindert als Rechnungsposten eingestellt hatte (43.650,00 EUR netto).
Auch nach Anpassung der Schlussrechnung haben die Parteien über weitere Abzugsbeträge Verhandlungen geführt und nach dem übereinstimmenden Parteivortrag teilweise eine Einigung erzielt. Diese Einigung bezog sich auf die Höhe der in die "Aufstellung offene Posten" vom 03.03.2010 eingestellten Abzugsbeträge. Eine weitere Kürzung i.H.v. 633,20 EUR, die auf einem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 24.08.2010 beruhte, ist nachträglich hinzugekommen. Auch über die Höhe der von den Beklagten gezahlten Abschlag...