Leitsatz (amtlich)
Zur Sittenwidrigkeit einer Bieterabrede.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 30.09.2003; Aktenzeichen 24 O 152/03) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 30.9.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Stendal - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 9.000 Euro festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger verlangt Zahlung aus einer zwischen den Parteien anlässlich einer Zwangsversteigerung getroffenen Vereinbarung, mit der sich der Beklagte verpflichtete, 10.000 Euro an den Kläger zu zahlen, sofern er den Zuschlag für ein näher beschriebenes Grundstück erhalten werde (Bl. 14 der GA). Der Beklagte meint, an die Abrede nicht gebunden zu sein, weil sie unter der Drohung des Klägers zustande gekommen sei, den Beklagten im Weigerungsfalle zu überbieten.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 ZPO).
Mit Urteil vom 30.9.2003 hat die 4. Zivilkammer des LG Stendal durch den Einzelrichter die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger könne aus der Vereinbarung keine Rechte herleiten, denn diese sei wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Ein Bieterabkommen sei zwar nicht in jedem Falle sittenwidrig, wohl aber dann, wenn die Konkurrenz der Bieter dadurch geschmälert und insb. ein solcher Bieter ausgeschaltet werden solle, der bereit und in der Lage sei, mehr zu bieten als die anderen.
Zwar sei im Streitfalle nicht ersichtlich, dass Rechte des Eigentümers beeinträchtigt seien. Die Beweisaufnahme habe aber ergeben, dass der Kläger seine wirtschaftliche Überlegenheit dazu ausgenutzt habe, um vom Beklagten die Abstandssumme abzufordern, ohne ernstlich am Erwerb des Grundstücks interessiert zu sein. Soweit der Kläger im Rahmen der Parteivernehmung angegeben habe, man habe sich darauf geeinigt, dass der Beklagte durch seine Zahlung dem Kläger den Gewinn ersetzen solle, den er bei einer eigenen Ersteigerung des Grundstücks erzielt hätte, so sei dies nicht überzeugend, denn es erkläre nicht, warum er sich bei einem erwarteten Gewinn von 50.000 bis 100.000 Euro durch eine Zahlung von nur 10.000 Euro zufrieden gegeben habe. Er habe im Übrigen eingeräumt, dass ihm das persönliche Interesse des Beklagten am Erwerb der Immobilie bekannt gewesen sei.
Nach Schilderung des Zeugen D. sei der Kläger vielmehr in erpresserischer Weise an den Beklagten herangetreten. Diese Schilderungen seien durch die Angaben des als Partei vernommenen Beklagten bestätigt worden.
Gegen dieses am 7.10.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger Berufung einlegen lassen, die am 3.11.2003 beim Berufungsgericht eingegangen und mit einem am 5.12.2003 eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist.
Der Kläger meint, das LG habe zu Unrecht die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit einer Bieterabrede angenommen. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger seine wirtschaftliche Überlegenheit ausgenutzt habe und woraus sich die emotionale Zwangslage des Beklagten und dessen emotionale Verbundenheit mit dem Grundstück ergebe. Der Beklagte sei als Finanzdienstleister auch nicht geschäftlich unerfahren, es habe weder eine erhebliche Willensschwäche des Beklagten vorgelegen, noch hätten Zweifel an dessen Urteilsvermögen bestanden. Im Übrigen habe das LG das Ergebnis der Beweisaufnahme unzutreffend gewürdigt und einzelne näher bezeichnete Umstände außer Betracht gelassen.
Durch das Abkommen sei auch weder der Kläger noch ein anderer Bieter von der Abgabe eines Gebotes abgehalten worden, deshalb sei nicht die Abgabe eines höheren Gebotes verhindert worden. Es sei auch fraglich, inwiefern erstrangig Berechtigte Nutzen aus einem höheren Gebot gehabt hätten. Außerdem sei es zu eng, eine mögliche Schädigung des bestrangig betreibenden Gläubigers allein als ausschlaggebend für die Sittenwidrigkeit zu halten.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil des LG Stendal, Geschäftsnummer: 24 O 152/03, abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags und meint, es liege schon gar kein Vertragsverhältnis vor, da er kein Angebot erhalten und keine Wahlmöglichkeit gehabt habe. Zu keinem Zeitpunkt habe der Kläger - wahrheitswidrig - eine Erwerbsabsicht vorgespiegelt. Dem Beklagten sei nur die Wahl gelassen worden, sich entweder der Erpressung zu beugen und zu zahlen oder bei Ersteigerung des Grundstücks durch den Kläger dessen Kündigung des Mietverhältnisses abzuwarten, dann auszuziehen und die Umzugskosten in Kauf zu nehmen, wodurch sich eine emotionale und wirtschaftliche Zwangslage ergeben habe. Aus der Art und Weise, wie der Kläger mit dem Beklagten umgegangen sei sowie aus dessen Zwangslage und Unerfahrenheit ergebe sich die Sittenwidrigkeit, zumal de...