Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergaberecht: Beschwer des Antragstellers; Ruge von Verstößen; Vorinformationspflicht über den Zuschlag; Universität und BGE-Gessllschaft von Universitätsinstitutsangehörigen als Bieter; Zuverlässigkeit. Vergabenachprüfungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
In der Zurückverweisung durch die Vergabekamm er liegt eine Beschwer des Beschwerdeführers, wenn insoweit nicht in seinem Sinn endgültig entschieden wurde.
Die Rüge eine Woche nach Kenntnis des Verstoßes ist noch unverzüglich iSv § 107 III 1 GWB.
Die Rüge durch Antragstellung bei der Vergabekammer statt bei der Vergabestelle ist zulässig, wenn die Erteilung des Zuschlags unmittelbar bevorsteht.
Die Vergabestelle hat die nicht zu berücksichtigenden Bieter über deren Nichtberücksichtigung so rechtzeitig, zu informieren, daß … der Antrag auf Vorinformation nach § 27a VOL/A noch rechtzeitig vor dem Zuschlag gestellt und beschieden werden kann.
Der Antrag nach § 27a VOL/A verpflichtet die Vergabestelle, dem Bieter spätestens zehn Tage vor Zuschlagserteilung von seiner Nichtberücksichtigung, den Gründen dafür und dem Namen des Bieters, der den Auftrag erhalten soll, Kenntnis zu geben.
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur richtigen Angabe der Vergabeprüfstelle führt lediglich dazu, daß die Frist nicht in Lauf gesetzt wird.
Unternehmen iSd Vergaberechts und Bieter kann auch eine Universität sein.
Einer von eigenwirtschaftlich tätigen Angehörigen eines Universitätsinstituts gebildeten BGB-Gesellschaft fehlt die nach § 2 Nr 3 VOL/A Zuverlässigkeit als Bieter, solange die Genehmigung der beabsichtigten Nebentätigkeit nicht vorgelegt wird. Die Vorlage kann auch noch nach Öffnung der Angebote erfolgen.
Eine BGB-Gesellschaft, deren Mitglieder namentlich nicht bekannt sind, darf den Auftrag nicht erhalten.
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren erfolgt nach § 123 GWB, die Festsetzung des Beschwerdewerts nach § 12a II GKG.
Normenkette
GWB § 99 Abs. 1, § 107 Abs. 3 S. 1; VOL/A § 2 Nr. 3, § 7 Nr. 6, § 24 Nr. 1 I, § 27a
Beteiligte
Landeskriminalamt Baden-Württemberg |
Verfahrensgang
Vergabekammer Baden-Württemberg (Aktenzeichen 1 VK 22/99) |
Tenor
I.
- Der Beschluss der Vergabekammer vom 20. Januar 2000 (Az.: 1 VK 22/99) wird geändert.
Die Antragsgegnerin wird dazu verpflichtet,
eine Zuschlagsentscheidung zugunsten der universitätsangegliederten Bieter aus in I… (Institut für Gerichtsmedizin) und T… (Institut für humangenetische Analytik) zu unterlassen, soweit bis zur Zuschlagserteilung kein Nachweis über die Genehmigung der Nebentätigkeit der universitätsbediensteten Gesellschafter dieser jeweiligen Bieter vorliegt.
- Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats eine erneute Wertung der Angebote vorzunehmen.
- Es wird festgestellt, dass die an die Antragstellerin gerichtete Mitteilung der Antragsgegnerin über die beabsichtigte Zuschlagserteilung vom 1. Dezember 1999 rechtswidrig war.
Die Antragsgegnerin wird dazu verpflichtet,
der Antragstellerin – falls sie nach Auffassung der Antragsgegnerin für die Zuschlagserteilung nicht in Betracht kommen sollte – spätestens zehn Tage vor der Zuschlagserteilung schriftliche Mitteilung zu machen
- über die Gründe für die Ablehnung (z. B. preisliche, technische, qualitative, wirtschaftliche) ihres Angebotes
- sowie über die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Prüfung und Wertung der Angebote (Reihenfolge und Gewichtung der Zuschlagskriterien. Darlegung der Erfüllung der Teilnahmekriterien durch besser platzierte Bieter).
- Der Vergabestelle wird verboten, den Auftrag an eine BGB-Gesellschaft zu vergeben, deren Mitglieder ihr namentlich nicht bekannt sind.
- Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Eine Kostenerstattung findet nicht statt. Antragstellerin und Antragsgegnerin tragen die im Verfahren vor der Kammer und vor dem Senat angefallenen Gebühren je hälftig.
III. Beschwerdewert: 30.000,00 DM
Tatbestand
A
Die Antragsgegnerin, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg als Vergabestelle, hat im Rahmen eines öffentlichen Teilnehmerwettbewerbes vor Beschränkter Ausschreibung nach VOL/A 8 Bewerber (vgl. K 15) zur Abgabe eines Angebotes für molekulargenetisch-analytische Leistungen aufgefordert. Dabei sollte im Wege der ausgeschriebenen Dienstleistung eine DNA-Analyse-Datei (Rahmenvertrag mit Bezugsbindung bei zweijähriger Laufzeit) aufgebaut werden; jeden Monat sollten rund 200 bis 300 DNA-Analysen von Mundhöhlenabstrichen nach neuestem Wissenschaftsstand in der Molekulargenetik vom Anbieter erstellt werden (so Ziff. I „Einführung” der Aufforderung). Als weitere Ausschreibungsmerkmale und insbesondere Leistungsanforderungen waren u. a. bestimmt: [Hier nur teilweise und in einem anderen Umbruch als im Original wiedergegeben]
II. |
Ablaufformalitäten für das Angebot |
Berechtigungen, Änderungen und Ergänzungen zu bereits abgelieferten Angeboten können schriftlich bis zum Ende der Angebotsfrist in einem verschlossenen und entsprechend gekennzeichneten Umschlag nachger...