Leitsatz (amtlich)
Welche Beschaffenheit das zu erbringende Werk haben soll, also den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung, hat derjenige zu beweisen, der sich auf die vertragliche Vereinbarung beruft. Dies ist der Auftraggeber, der Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung verlangt, auch wenn vor der Abnahme grundsätzlich der Auftragnehmer die Mangelfreiheit der erbrachten Leistungen zu beweisen hat.
Normenkette
BGB § 633 Abs. 2; VOB/B 2009 § 4 Abs. 7, § 13 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 22.06.2017; Aktenzeichen Ka 8 O 1/13) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 22.06.2017, Az. Ka 8 O 1/13, wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 22.06.2017, Az. Ka 8 O 1/13, teilweise abgeändert:
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 8.106,89 EUR nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 28.04.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz einschließlich der Kosten der Streithelferin trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abgewendet werden, wenn nicht die Gläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 98.196,89 EUR festgesetzt.
(Berufung der Klägerin:79.766,00 EUR;
Berufung der Beklagten:8.430,89 EUR)
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, die sie und ihr im Laufe des Rechtsstreits verstorbener Ehemann, dessen Alleinerbin sie ist, mit Fenster- und Sonnenschutzarbeiten für den Neubau einer Doppelhaushälfte in B. beauftragt hatten, einen Vorschuss für Mangelbeseitigungsarbeiten. Die Beklagte macht widerklagend restlichen Werklohn geltend.
In der Berufungsinstanz geht es im Wesentlichen um die Frage, ob die Hebeschiebetüren mangelhaft sind, weil sie nicht bodentief und überdies nicht raumseitig eingebaut sind. Daneben steht die Frage der Mangelhaftigkeit der Oberlichtverglasung im Streit.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage einen Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung i.H.v. 105.000,00 EUR nebst Zinsen sowie die Zahlung weiterer 3.089,00 EUR nebst Zinsen geltend gemacht. Die Beklagte hat Widerklage erhoben und die Zahlung von 18.340,89 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Behebung der Mängel gemäß Gutachten B sowie die Feststellung begehrt, dass sich die Klägerin in Annahmeverzug befindet.
Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 22. Juni 2017, Az.: 8 O 1/13 Ka, verwiesen.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 10.234,00 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die darüber hinausgehende Klage wurde abgewiesen. Die Widerklage wurde als derzeit unbegründet abgewiesen.
Dahinstehen könne, ob die Leistung der Beklagten durch die Klägerin und ihren verstorbenen Ehemann abgenommen worden sei. Der Vorschussanspruch gemäß §§ 633, 634 Nr. 2, 637 BGB könnte auch dann geltend gemacht werden, wenn eine Abnahme tatsächlich noch nicht erfolgt wäre. Die Frage der Abnahme habe auch keine Auswirkungen auf die Beweislastverteilung.
Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin gemäß §§ 633, 634 Nr. 2, 637 BGB seien gegeben. Die Beklagte sei mehrfach zur Mangelbeseitigung aufgefordert worden.
Entscheidend für den Vertragsinhalt sei nicht das ursprüngliche Angebot der Beklagten vom 8. Oktober 2009, sondern das Angebot vom 21. Dezember 2009, in dessen Einleitung auf eine gemeinsame Baustellenbesprechung am 17. Dezember 2009 Bezug genommen werde. Darin werde nicht auf das Leistungsverzeichnis (LV) für das Nachbargrundstück, die weiteren besonderen Vertragsbedingungen und technischen Vorbemerkungen Bezug genommen. Auf Grundlage dieses Angebots sei die Auftragsbestätigung erstellt worden.
Die von der Klägerin behaupteten Mängel an den Hebeschiebetüren, an den Fenstern und der Haustüre seien nur teilweise nachweisbar. Insoweit bestehe lediglich ein Vorschussanspruch in Höhe von 8.100,00 EUR netto = 9.639,00 EUR brutto.
Der nicht ebenerdige Einbau der Hebeschiebetüren könne nicht als Mangel gewertet werden. Nicht nachweisbar sei die Vereinbarung eines bodentiefen Einbaus. Auch in dem Umstand, dass alle Türflügel der Hebeschiebetüren auf der äußeren Schiene laufen, könne kein Mangel gesehen werden.
Die ausgeführte Systemvariante bezüglich der Einbauhöhe sei entsprechend der Systemvorgabe verbaut worden.
Die Gefahr, dass die Hand zwischen dem Griff und dem seitlichen Blendrahmen eingeklemmt werden könne, stelle einen systemimmanenten Nachteil des gewählten Profilsystems dar, der aus der Maximierung des lichten Glasmaßes resultiere. Ein Mangel liege insoweit vor, zumal nicht n...