Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit deutschen Anfechtungsrechts auf in Österreich beurkundeten Ehepakt bei gewöhnlichem Aufenthalt der Schuldnerin in Deutschland
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anfechtbarkeit von Unterhaltsverpflichtungen unterliegt in Anwendung des § 19 AnfG kollisionsrechtlich der Rechtsordnung, nach welcher auch die Unterhaltsverpflichtung selbst zu beurteilen ist.
2. § 19 AnfG in der ab dem 1.1.1999 geltenden Fassung ist sinngemäß auch auf Altfälle anzuwenden.
Verfahrensgang
LG Lübeck (Urteil vom 25.02.2002; Aktenzeichen 10 O 257/01) |
Tatbestand
Die Klägerin, eine österreichische Bank, nimmt die Beklagte gestützt auf österreichisches Anfechtungsrecht in Anspruch.
Die Klägerin ist Gläubigerin des Ehemannes der Beklagten und hält einen zwischen den Eheleuten am 26.2.1998 in Österreich beurkundeten umfangreichen „Ehepakt” hinsichtlich der der Beklagten zu Gute zu kommenden Unterhaltsleistungen für benachteiligend. Als Wohnsitze der seit 1985 getrennt lebenden Eheleute ist in dem Ehepakt für die Beklagte Salzburg und für ihren Ehemann Linz angegeben. Gleichwohl sollte der Unterhalt auf das Konto einer Bank in Lübeck gezahlt werden. Nach ihrer Behauptung lebt die Beklagte mit ihren Kindern seit 1992 in Deutschland.
Das LG hat der Anfechtungsklage in Anwendung österreichischen Anfechtungsrechts stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg.
Auf die Berufung der Beklagten werden das am 25.2.2002 verkündete Urteil und das am 22.7.2002 verkündete Ergänzungsurteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des LG Lübeck geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Entscheidungsgründe
I. Die Klägerin verlangt, gestützt auf österreichisches Anfechtungsrecht, im Wesentlichen Zahlung von 854.133,52 öS (= etwa 62.387 Euro) nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit von der Beklagten, der Ehefrau des Schuldners Prof. Dr. Z. Dieser schuldete der Klägerin aus einem zum 7.10.1999 gekündigten Girovertrag 2.332.289,74 öS (= etwa 330.000 DM). Wegen dieser Forderung nebst Zinsen erhob die Klägerin gegen den Schuldner am 13.10.1999 Zahlungsklage vor dem Landesgericht Linz. Dessen Urteil wurde am 7.2.2001 rechtskräftig und für vollstreckbar erklärt. Daraufhin hat die Klägerin am 20.6.2001 beim LG Lübeck die vorliegende Anfechtungsklage eingereicht, die der Beklagten am 7.7.2001 zugestellt worden ist.
Angefochten hat die Klägerin die unterhaltsrechtlichen Bestimmungen eines umfangreichen Ehepaktes (Anl. zu Bl. 15 GA), den der Schuldner mit seiner getrennt lebenden Ehefrau am 26.2.1998 geschlossen und durch einen österreichischen Notar hatte beurkunden lassen. Damals waren noch beide Ehegatten österreichische Staatsangehörige; seit dem 13.9.2001 ist die Beklagte Deutsche. Die Eheleute leben seit 1985 getrennt, die Beklagte nach ihrer Behauptung seit 1992 mit ihren Kindern in Deutschland. Als Wohnsitz ist im Ehepakt für den Ehemann Linz und für die Ehefrau Salzburg angegeben. Der Unterhalt sollte auf ein Konto der Beklagten bei der Deutschen Bank in Lübeck gezahlt werden. Kenntnis von dem sie angeblich benachteiligenden Ehepakt erlangte die Klägerin spätestens durch das Schreiben vom 13.12.1999 (Bl. 67, 250 GA). Ihre Anfechtungsabsicht teilte sie der Beklagten in einem durch Vermittlung des AG Lübeck am 25.2.2000 in Lübeck zugestellten Schriftsatz mit (Bl. 82 GA).
Für sie benachteiligend hält die Klägerin den unterhaltsrechtlichen Teil des Ehepaktes, in welchem sich der Schuldner verpflichtet, seiner Ehefrau beginnend mit dem 1.3.1998 monatlich 4.100 DM bzw. nach Wegfall der Sorgepflichten für alle seine Kinder monatlich 6.100 DM zu zahlen. Mit ihrer Anfechtungsklage verlangt die Klägerin den der Beklagten für die Zeit von März 1998 bis einschließlich Dezember 2001 versprochenen Unterhalt von monatlich 6.100 DM, abzgl. der ihr nach Auffassung der Klägerin gesetzlich zustehenden Beträge.
Die Beklagte bestreitet, von Verbindlichkeiten ihres Ehemannes gewusst zu haben, die über die in Nr. 1I des Ehepaktes genannten hinausgehen. Auch eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners stellt sie in Abrede, zumal dieser sich nicht selbst, sondern den von ihm geleiteten Verein „S.” als Schuldner des Girovertrages mit der Klägerin betrachtet habe. Die Beklagte meint, es dürfe nicht auf die Höhe der versprochenen, sondern nur auf die tatsächlich geleisteten sehr viel niedrigeren Unterhaltszahlungen abgestellt werden. Außerdem verweist sie auf eine privatschriftliche Vorläufervereinbarung vom 21.6.1996, aufgrund derer bis Ende Februar 1998 wesentlich höhere monatliche Unterhaltsbeiträge als die im Ehepakt versprochenen auch tatsächlich gezahlt worden seien (Bl. 232–234 GA). Der Schuldner habe überdies erheblich höhere Einkünfte als die von der Klägerin mit seinem Geha...