Wie andere europäische Länder Mietern und Vermietern helfen
Mieter und Vermieter müssen zahlungsfähig bleiben, damit Unternehmen den dringend benötigten Neubau von Wohnungen sichern können. In Deutschland gilt seit dem 1. April dafür zum Beispiel ein erweiterter gesetzlicher Kündigungsschutz für Mieter, das sogenannte Mietenmoratorium, das Wohngeld für einkommensschwache Haushalte wurde angepasst, und Vermieter bieten selbst Mietstundungen bei Einkommenseinbußen infolge der Coronakrise an. Eine Umfrage des GdW, Spitzenverband der Wohnungswirtschaft, von April zeigt: Noch sieht es so aus, als würden alle geplanten Projekte der Mitgliedsunternehmen auch tatsächlich fertiggestellt, wenn auch zeitlich verzögert, was wiederum daran liegt, dass in den Behörden zu wenig digitalisiert wurde.
Die Covid-19-Pandemie betrifft aber alle Mieter und Vermieter in Europa. Wie gehen also andere EU-Staaten mit der Krise um? Welche Maßnahmen haben die Regierungen dieser Länder und die Unternehmen der europäischen Partnerverbände der Wohnungswirtschaft von Housing Europe bisher getroffen? Der GdW hat sich diese Fragen gestellt und seine monatliche Rundschau auf Stand 25.5.2020 aktualisiert.
Die Covid-19-Maßnahmen für die Wohnungswirtschaft im Europa-Überblick:
Italien
Zur Unterstützung der Wirtschaft stellte die italienische Regierung am 16. März 25 Milliarden Euro zur Verfügung. Am 6. April kam ein 400-Milliarden-Euro-Konjunkturprogramm dazu, am 13. Mai außerdem ein 55-Milliarden-Euro-Hilfsprogramm. Für Familien gibt es ein "Notfalleinkommen". Speziell für die Wohnungswirtschaft sind folgende Maßnahmen:
- Mit dem Hilfspaket vom 13. Mai wird der Unterstützungsfonds für Mietwohnungen für 2020 auf 140 Millionen Euro erhöht.
- Selbstständige und Freiberufler mit Immobilienkrediten können die Aussetzung der Rückzahlung für bis zu 18 Monate beantragen, wenn das Einkommen infolge der Pandemie um ein Drittel gesunken ist.
- Zwangsräumungen sind bis zum 30. Juni verboten.
- Keine Kündigungen für Privatpersonen wegen Verzugs bei Miet- oder Hypothekenrückzahlungen.
- Der genossenschaftliche Dachverband Legacoop Abitanti hat Empfehlungen an die Mitgliedsunternehmen im Umgang mit Covid-19 herausgegeben.
Frankreich
In Frankreich gibt es Beihilfen von 1.500 Euro aus dem Solidarfonds für kleine Unternehmen, Selbstständige und Mikrounternehmen. Für Startups wurden vier Millionen Euro zugesagt. Am 9. April wurde das Konjunkturpaket von 45 auf 100 Milliarden Euro aufgestockt. Der Staat und die öffentlichen Einrichtungen erkennen das Coronavirus als höhere Gewalt an. Die Rentenbeiträge der selbstständigen Handwerker werden von den Behörden übernommen. Für die Wohnungswirtschaft speziell wurde beschlossen:
- Gewerbliche Mieten und Nebenkosten für KMU, die durch die Pandemie in finanzielle Not geraten sind, können seit dem 16. März ausgesetzt werden. Ebenso Zwangsräumungen.
- Privatpersonen können Mieten oder Hypothekenrückzahlungen nicht stunden.
- Der Dachverband USH hat Empfehlungen für seine Mitglieder im Umgang mit Covid-19 herausgegeben und einen Qualitätsindikator für Sozialwohnungen eingeführt, um die Investitionen in besonders betroffenen Vierteln zu beschleunigen
- Die Mieterverbände und das Mouvement HLM haben eine Charta erstellt, nach der Vermieter ihren Mietern Mietstundungen anbieten können (bis September 2020).
Spanien
Die spanische Regierung hat ein Hilfspaket von bis zu 200 Milliarden Euro beschlossen. Darin enthalten sind Kreditgarantien für notleidende Unternehmen. Selbständige mit schweren Verlusten sollen Zugang zu einer Extra-Leistung bekommen und von Sozialversicherungsbeiträgen befreit werden; vorerst für einen Monat. Entlassungen aufgrund höherer Gewalt sind bis zum Ende der Krise nicht möglich. Es gibt ein Moratorium der Hypothekenzahlungen für Familien, die von der Coronakrise betroffen sind. Die Wohnungswirtschaft kann mit folgenden Hilfen rechnen:
- Das Zwangsräumungsmoratorium wurde bis 2024 verlängert.
- Die Wasser-, Strom-, Gas-, und Telefonversorgung wird garantiert.
- Keine Mieterhöhungen während des Ausnahmezustands.
- Einbußen auf Seiten des Vermieters werden durch Unterstützungsmaßnahmen vermieden.
Niederlande
In den Niederlanden gibt es einmalige Zahlungen an Unternehmen, die von den staatlichen Krisenmaßnahmen betroffen sind. Firmen und Selbstständige mit Liquiditätsproblemen können Steuerzahlungen für drei Monate aussetzen. Säumniszinsen wurden zum 23. März vorübergehend gesenkt; Steuerzinsen sollen ab dem 1. Juni auf 0,01 Prozent sinken. Der Einkommenssteuer-Tarif ändert sich zum 1. Juli. Selbstständige, die aufgrund der Krise in finanzielle Not geraten sind, können eine Einkommensunterstützung beantragen. Für die Wohnungswirtschaft gilt:
- Am 21. April wurde beschlossen, dass befristete Mietverträge auch für eine kurze Dauer verlängert (maximal drei Monate bis spätestens 1. September) werden können. Das gilt für Mietverträge, die zwischen dem 1. April und 30. Juni auslaufen.
- Am 22. April folgte eine gemeinsame Erklärung von Regierung, Bau- und Techniksektor, Banken und Branchenverbänden zur Fortführung von Bautätigkeiten. Die Parteien haben vereinbart, dass etwaige Risiken geteilt werden.
- Bei Mietrückstand empfiehlt der Verband AEDES "größere Flexibilität als sonst" bei Mietern, die mit einem plötzlichen Einkommensrückgang konfrontiert sind, die Vermeidung von Zwangsräumungen, dass Instandhaltungs-, Renovierungs- und Bautätigkeiten oder Notfallreparaturen so weit wie möglich fortgesetzt werden.
Schweden
In Schweden können Firmen, die von der Krise betroffen sind, seit dem 7. April rückwirkend bis zum 16. März finanzielle Unterstützung für Kurzarbeit beantragen, bei der der Staat einen Großteil der Lohnkosten übernimmt. Die Zentralbank hat zudem beschlossen, Unternehmen mit Bankdarlehen zu unterstützen. Für Arbeitgeber gilt ein vorübergehender Zahlungsaufschub für Steuern und Abgaben. Vom 11. März bis 11. Juni wird der qualifizierte Abzug für Krankengeld vorübergehend ausgesetzt und vom Staat übernommen. Selbstständige werden für einen qualifizierten Tag entschädigt. Für die Wohnungswirtschaft gibt es explizit nur:
- Mietenminderungen für einen bestimmten Kreis von Unternehmen und Betrieben.
Großbritannien
In Großbritannien können Unternehmen Fristen für Mehrwert- und Einkommenssteuer um drei Monate verlängern lassen – gültig bis zum 30. Juli. Für Selbständige wird die Zahlungsfrist der Einkommenssteuer von Juli 2020 auf Januar 2021 verschoben. Für KMU gibt es ein Entlastungspaket für Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall. Konkret für die Wohnungswirtschaft:
- Die gewerbeimmobilienbezogenen Geschäftssteuern (Business Rates) werden für alle Einzelhandels-, Gaststätten-, Freizeit- und Kindergartenbetriebe in England für zwölf Monate ausgesetzt, im Steuerjahr 2020-2021.
- die Rückzahlung von Immobilienkrediten kann bis zu drei Monate ausgesetzt werden.
- Die Aussetzung von Zwangsräumungen für alle wird noch diskutiert, die Aussetzung von Zwangsräumungen für gewerbliche Mieter gilt bis zum 30. Juni.
- Gesetzliche Forderungen (1. März bis 30. Juni) und Konkurseröffnungsverfahren gegen Geschäfte in Einkaufsstraßen und andere Unternehmen (27. April bis 30. Juni) sind vorübergehend nicht zulässig, wenn das Unternehmen Pandemie-bedingt die Miete nicht voll zahlen kann. Vermieter dürfen nicht von der Eintreibung von Mietrückständen (CRAR) Gebrauch machen, außer der Rückstand beträgt 90 Tage.
- Am 13. Mai wurde ein Programm (First Homes programme) angekündigt, mit dem Erstkäufer und Menschen in Schlüsselberufen 30 Prozent Nachlass auf den Kauf eines Neubaus bekommen sollen.
- Der englische wohnungswirtschaftliche Dachverband National Housing Federation hat Empfehlungen für Mitgliedsunternehmen im Umgang mit Covid-19 herausgegeben.
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