Zweckentfremdungsverbote in den Bundesländern

Schleswig-Holstein hat jetzt ein Wohnraumschutzgesetz beschlossen, damit Kommunen effektiver gegen die Zweckentfremdung von Mietwohnungen vorgehen können. Wie andere Bundesländer das Problem regeln. Ein Überblick.

Der Landtag in Schleswig-Holstein am 24.5.2024 das Wohnraumschutzgesetz beschlossen, das vom Kabinett am 5.4.2023 auf den Weg gebracht wurde. Darin enthalten sind auch Regelungen zur Zweckentfremdung.

Hintergrund ist, dass Wohnungen zunehmend als Zweit- oder Ferienwohnungen genutzt werden. Hier haben die Kommunen nun die Möglichkeit, die Nutzung als Ferienwohnung zu befristen. Außerdem werden Mietwohnungen besser vor Verwahrlosung geschützt.

Hessen: Städte fordern Landesverordnung

Die SPD-Fraktion im hessischen Landtag hatte 2019 einen Entwurf für ein Wohnraumschutzgesetz vorgestellt, das Kommunen ermächtigen soll, gegen Leerstand und die Zweckentfremdung von Mietwohnungen vorzugehen. Die schwarz-grüne Regierung lehnt es aber bislang ab, das Verbot der Zweckentfremdung wiedereinzuführen, das 2004 außer Kraft getreten ist.

Die Großstädte sind anderer Ansicht. "Wir fordern seit langem eine entsprechende Landesverordnung, die es in manchen anderen Bundesländern gibt", sagte ein Sprecher der Stadt Frankfurt am Main. Da es in Hessen kein Zweckentfremdungsverbot mehr gebe, fehle den Kommunen die Rechtsgrundlage, konsequent gegen Leerstand vorzugehen. In einem angespannten Wohnungsmarkt wie Frankfurt könne man es sich nicht erlauben, dass Wohnraum ungenutzt leer stehe.

Frankfurt kämpfte seit 2013 zunächst auf Grundlage der hessischen Bauordnung im Alleingang gegen illegale Ferienwohnungen. 2018 trat eine Ferienwohnungssatzung in Kraft: Wohnungen dürfen maximal acht Wochen pro Jahr an Touristen vermietet werden, und Vermieter müssen eine Genehmigung beantragen. Auch die Landeshauptstadt Wiesbaden spricht sich für ein Zweckentfremdungsverbot aus. Und Kassel hält ein Verbot für richtig, um "in besonderen Konstellationen dringend benötigten Wohnraum mobilisieren zu können", wie Stadtbaurat Christof Nolda (Grüne) sagte.

Berlin: Registriernummer muss ins Ferienwohnungsangebot

In Berlin sind Anbieter von Ferienwohnungen gesetzlich verpflichtet, bei Inseraten – vor allem auf Online-Portalen – eine gut sichtbare Registrierungsnummer anzugeben. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss mit Geldbußen von bis zu 250.000 Euro rechnen. Das Abgeordnetenhaus hatte die vom Senat eingebrachten Änderungen im Rahmen des Gesetzentwurfes zum sogenannten Dritten Änderungsgesetz zum Zweckentfremdungsverbot-Gesetz (ZwVbG) mit geringfügigen Abweichungen am 1.11.2021 beschlossen.

Ob sich das jeweilige Inserat rechtlich auf Wohnraum oder Nichtwohnraum bezieht, ist irrelevant. Annoncen ohne die Nummer sind gesetzwidrig – Plattformen dürfen Angebote mit "offenkundig" unvollständigen Angaben nicht mehr online stellen oder müssen sie löschen. Bei Nichtbeachtung können die bezirklichen Wohnungsämter die Löschung anordnen. Wer im Rahmen der gewerblichen Kurzzeitvermietung die genaue Lage der Unterkunft und die vollständigen Daten des Anbieters oder Werbers angibt, braucht keine Registriernummer. Hotelunterkünfte sind ausdrücklich ausgenommen.

In Berlin ist die Vermietung privater Wohnungen an Touristen seit 2014 nur mit Genehmigung möglich. 2018 wurden die Regelungen verschärft und eine Registrierpflicht eingeführt. Bei Zweitwohnungen gilt: Die dürfen als Ferienwohnung vermietet werden, wenn sie von den Eigentümern selbst auch zum Wohnen genutzt und in eigener Abwesenheit Touristen zur Verfügung gestellt werden. Das sei dann keine Zweckentfremdung, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg (Urteil v. 17.9.2020, Az. 5 N 36.17).

NRW: ID-Pflicht für Kurzzeitmieten ab Juli 2022

In Nordrhein-Westfalen (NRW) hat der Landtag am 16.6.2021 das sogenannte Wohnraumstärkungsgesetz beschlossen, damit die Kommunen effektiver gegen die Dauervermietung von Wohnungen an Touristen oder Leiharbeiter vorgehen können. Auch der Umgang mit Schrottimmobilien ist darin klar geregelt. Bei Verstößen drohen Bußgelder in Höhe von bis zu einer halben Millionen Euro, das kann auch Wohnungskonzerne treffen. Das Gesetz trat am 1.7.2021 in Kraft.

Wer in NRW seine Wohnung über Internetportale zur Kurzzeitmiete anbietet, braucht außerdem seit dem 1.7.2022 eine Identifikationsnummer (ID). Die Kommunen dürfen die Kontaktdaten der Anbieter an das Finanzamt weitergeben. Eine Zweckentfremdung von Wohnraum kann auch vorliegen, wenn eine Wohnung an Angehörige von Personen vermietet wird, die sich als "Medizintouristen" in Deutschland behandeln lassen. Die Behörde durfte das untersagen, hat das Ober­verwaltungs­gericht (OVG) Köln entschieden (Urteil v. 19.11.2020, Az.: 14 A 4304/19).

Zweckentfremdung: Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern

Der Wohnungsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern gilt als relativ ausgeglichen, doch in den Urlaubsorten an den Küsten hat sich das Angebot von Wohnraum stark verknappt. Deshalb hat der Landtag am 14.4.2021 ein Zweckentfremdungsgesetz beschlossen. Die Umnutzung von Wohnraum kann per Verordnung unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Für ordnungsgemäß gemeldete Ferienwohnungen gibt es Bestandsschutz.

Zweckentfremdung: Baden-Württemberg greift hart durch

In Baden-Württemberg ist am 16.2.2021 ein verschärftes Zweckentfremdungsgesetz in Kraft getreten. Die Kommunen können mehr Auskünfte von Betreibern von Internetportalen – wie Airbnb – über Vermieter verlangen, wenn die private Wohnungen oder Häuser als Ferienunterkunft im Internet anbieten. So dürfen sie etwa eine Registrierungs- und Anzeigepflicht einführen. Vermieter, die gegen die Genehmigungspflichten verstoßen, müssen mit Strafen von bis zu 100.000 Euro rechnen. Bisher waren 50.000 Euro das Maximum. Das Gesetz gilt landesweit.

Zweckentfremdungsverbot in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz trat am 20.2.2020 ein Landesgesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) in Kraft. Kommunen können auf dieser Grundlage eine eigene Satzungen erlassen, um bestehenden Wohnraum zu schützen. Die Vermietung an Touristen darf nicht länger als zwölf Wochen pro Kalenderjahr genehmigt werden, ein länger als sechs Monate andauernder Leerstand oder die überwiegend gewerbliche Nutzung von Wohnraum wird ebenfalls eingeschränkt.

Hamburg arbeitet mit einer "Wohnraumschutznummer"

In Hamburg dürfen seit April 2019 Anzeigen für Ferienunterkünfte nur noch mit "Wohnraumschutznummer" veröffentlicht werden. Die Stadt hat dafür einen Online-Dienst eingerichtet. Auch Portale sind verpflichtet, Angebote in Hamburg mit einer solchen Nummer zu veröffentlichen. Wer sich nicht daran hält, dem drohen auch in der Hansestadt satte Bußgelder von bis zu 500.000 Euro.

Niedersachsen: Die Inseln experimentieren

Im Oktober 2019 verabschiedete der Inselrat von Norderney (Niedersachsen) eine Regelung, die verhindern soll, dass Wohnraum für gewerbliche oder berufliche Zwecke umgewandelt wird. Bei Verstößen können Geldbußen von bis zu 100.000 Euro verhängt werden. Auf Baltrum gibt es eine spezielle Regelung: Die Aufteilung von Wohnraum (Bruchteilseigentum) muss genehmigt werden. Es ist nicht mehr möglich, große Immobilien zu kaufen und in kleinen Einheiten weiter zu verkaufen. Borkum und Juist regulieren das Problem über den Bebauungsplan, der Bereiche für Ferienwohnungen und Dauerwohnraum genau festlegt.

Ein neuer Bebauungsplan und eine Erhaltungssatzung sorgen auf Spiekeroog dafür, dass ein Abriss von Wohnraum ohne Ersatz nicht mehr möglich ist. Umbauten werden nur noch genehmigt, wenn vorhandener Dauerwohnraum erhalten bleibt. Der neue Bebauungsplan auf Langeoog lässt Ferienwohnungen auch nicht ausnahmsweise zu. Dort sollen nur noch Mietwohnungen entstehen. In anderen Baugebieten ist Dauerwohnen und Wohnsitznahme für Eigentümer vorgeschrieben.

Als erste Stadt in Niedersachsen hatte Lüneburg im Juni 2019 eine eigene Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum beschlossen.

Bayern: Zweckentfremdung kann teuer werden

Bayern hat schon 2017 harte Strafen für eine Zweckentfremdung von Wohnraum beschlossen. Auch hier drohen Bußgelder von bis 500.000 Euro, wenn Wohnungen in Gebieten mit Wohnraummangel dauerhaft dem Markt entzogen werden.

Insbesondere die Landeshauptstadt München geht dabei immer wieder massiv gegen Verstöße und auch direkt gegen Airbnb vor: Das Verwaltungsgericht (VG) München hatte Airbnb im Dezember 2018 dazu verurteilt, der Stadt München Auskunft über seine Gastgeber zu geben.


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dpa

Schlagworte zum Thema:  Wohnimmobilien, Ferienwohnung, Zweckentfremdung