Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungszuschlag im Bewachungsgewerbe
Leitsatz (amtlich)
Der im Mantel- und im Lohntarifvertrag für das Bewachungsgewerbe Nordrhein-Westfalens vorgesehene Leistungszuschlag wird jeweils angespart und als Urlaubsgeld und als Weihnachtszuwendung im Mai bzw November eines jeden Jahres ausgezahlt.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe; Manteltarifvertrag für das Bewachungsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 12. April 1985; Lohntarifvertrag für das Bewachungsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 25. März 1987
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 10.11.1989; Aktenzeichen 18 (13) Sa 1606/88) |
ArbG Dortmund (Urteil vom 16.05.1988; Aktenzeichen 6 Ca 260/88) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10. November 1989 – 18 (13) Sa 1606/88 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten als Wachmann beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden der Manteltarifvertrag für das Bewachungsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 12. April 1985 (MTV) und der Lohntarifvertrag für das Bewachungsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 25. März 1987 (Lohn-TV) Anwendung.
Die Parteien streiten nur noch darüber ob dem Kläger für seine in den Monaten September 1987 bis November 1987 geleisteten Arbeitsstunden ein Leistungszuschlag in Höhe von 0,20 DM brutto pro Stunde zusteht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß der in den tariflichen Bestimmungen des MTV und des Lohn-TV vorgesehene Leistungszuschlag nicht nur anzusammeln und als Urlaubsgeld und Weihnachtszuwendung zu zahlen, sondern zusätzlich auch für jede geleistete Arbeitsstunde zu gewähren sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 116,40 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Dezember 1987 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß der Kläger tarifgerecht vergütet worden sei. Nach den tariflichen Bestimmungen sei der Leistungszuschlag für die in der Zeit vom 1. April bis zum 30. September eines jeden Jahres geleisteten Arbeitsstunden zu addieren und als Weihnachtszuwendung zu zahlen. Für die in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. März geleisteten Arbeitsstunden sei er als Urlaubsgeld zu zahlen. Diese Beträge habe der Kläger erhalten. Den tariflichen Bestimmungen könne nicht entnommen werden, daß der Leistungszuschlag darüber hinaus zusätzlich zum Stundenlohn monatlich zu gewähren sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht erkannt, daß dem Kläger ein Leistungszuschlag für die in den Monaten September 1987 bis November 1987 geleisteten Arbeitsstunden zusätzlich zu der ihm gezahlten Weihnachtszuwendung 1987 und des ihm gewährten Urlaubsgeldes 1988 nicht zusteht.
Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Manteltarifvertrag für das Bewachungsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 12. April 1985 (MTV) und der Lohntarifvertrag für das Bewachungsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 25. März 1987 (Lohn-TV) Anwendung. Für die Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Leistungszuschlags sind folgende tarifliche Bestimmungen heranzuziehen:
MTV:
Lohn-TV:
- “
Löhne
- Die Mindeststundenlöhne betragen
…
Wachmann in Objekten der Bundeswehr, die dem UZwGBw unterliegen, Beschäftigte bei ausländischen Streitkräften, die bei Ausübung ihres Dienstes eine Schußwaffe tragen müssen
Stunden-Grundlohn |
DM 9,67 |
Leistungszuschlag |
DM 0,20 |
Grundlohn plus Zuschlag zusammen je Stunde |
DM 9,87 |
- …
Unter Beachtung des Abschnitts 3 des Manteltarifvertrages wird ein Leistungszuschlag gewährt.
Der Leistungszuschlag beträgt 2,5 % je Arbeitsstunde. Er errechnet sich für die Lohngruppe 2.0.0 bis 2.0.11 von der Lohngruppe 2.0.0, für die Lohngruppe 2.0.12 bis 2.0.21 errechnet sich der Leistungszuschlag von der Lohngruppe 2.0.12.”
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß aus den tariflichen Bestimmungen, die den Leistungszuschlag regeln, folge, daß dieser nur als Urlaubsgeld und als Weihnachtszuwendung, nicht aber zusätzlich pro geleistete Arbeitsstunde zu zahlen sei. Zwar sei der Wortlaut nicht eindeutig, da der Leistungszuschlag im Lohn-TV in der jeweiligen Lohngruppe als Bestandteil des Mindeststundenlohns ausgewiesen sei. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergebe sich jedoch, daß der im Lohn-TV ausgewiesene Leistungszuschlag identisch mit dem im MTV geregelten Leistungszuschlag sei. Dieser sei anzusammeln und als Urlaubsgeld bzw. als Weihnachtszuwendung zu zahlen.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist zuzustimmen. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß bei der Tarifauslegung maßgeblich der Tarifwortlaut und der tarifliche Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen sind (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung m. w. N.). Danach rechtfertigt schon der Tarifwortlaut die Auslegung, daß die Tarifvertragsparteien eine Zahlung des Leistungszuschlags nur in der Form des Urlaubsgeldes und der Weihnachtszuwendung und nicht noch einmal zusätzlich zum Stunden-Grundlohn normieren wollten. Die Tarifvertragsparteien verwenden in den tariflichen Bestimmungen des Lohn-TV, der gemäß Ziffer 3.0 MTV Bestandteil des MTV ist, und in den tariflichen Bestimmungen des MTV den Begriff des Leistungszuschlags ohne jede weitere Differenzierung. Schon dies spricht dafür, daß es sich um ein und dieselbe Leistung handelt. Hätten sie den Leistungszuschlag einmal als Urlaubsgeld bzw. als Weihnachtszuwendung und zum anderen auch zusätzlich zum Stunden-Grundlohn gewähren wollen, hätte dies im Wortlaut der tariflichen Bestimmungen zum Ausdruck kommen müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Auch der tarifliche Gesamtzusammenhang läßt allein den Schluß zu, daß der Leistungszuschlag nur als Urlaubsgeld bzw. als Weihnachtszuwendung zu zahlen ist. Nach der für den Kläger maßgebenden Lohngruppe 2.0.14 Lohn-TV ist ein Leistungszuschlag in Höhe von 0,20 DM brutto pro Stunde zu zahlen. Nach Ziffer 2.2. Lohn-TV ist ein Leistungszuschlag unter Beachtung des Abschnitts 3 des Manteltarifvertrages zu gewähren. Dabei entspricht die Höhe des in Lohngruppe 2.0.14 Lohn-TV ausgewiesenen Leistungszuschlags von 0,20 DM pro Stunde der Regelung in Ziffer 2.2. Abs. 2 Lohn-TV, wonach der Leistungszuschlag 2,5 % je Arbeitsstunde beträgt. Wenn die Tarifvertragsparteien hinsichtlich des im Lohn-TV vorgesehenen Leistungszuschlags auf Abschnitt 3 des Manteltarifvertrages verweisen, so kann daraus nur gefolgert werden, daß sie auf die in diesem Abschnitt vorgesehene Regelung über den Leistungszuschlag Bezug nehmen wollen. Diese sieht unter der Überschrift “Zahlungsregelungen für Lohn- und Leistungszuschlag” vor, daß der Leistungszuschlag für die in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. März geleisteten Arbeitsstunden als Urlaubsgeld spätestens am 15. Juni zu zahlen ist und für die in der Zeit vom 1. April bis 30. September geleisteten Arbeitsstunden als Weihnachtszuwendung nicht vor dem 8. November, aber spätestens am 15. Dezember zu zahlen ist. Die tariflichen Bestimmungen der Ziffern 3.3.1. und 3.3.2. MTV enthalten somit eine Fälligkeitsregelung für den im Lohntarifvertrag festgesetzten Leistungszuschlag.
Diese Auslegung wird eindeutig durch Ziffer 3.3.3. MTV bestätigt. Dort ist bestimmt, daß abweichend von den Fälligkeitsregelungen in 3.3.1. und 3.3.2. MTV beim Ausscheiden die angesammelte Leistungszulage sofort fällig ist. Die Tarifvertragsparteien gehen somit davon aus, daß der Leistungszuschlag nicht wie der Lohn monatlich zu zahlen ist, sondern angesammelt wird. Eine “Ansammlung” der pro Stunde als Leistungszuschlag verdienten Beträge schließt aber aus, daß diese noch einmal zusätzlich zum Stunden-Grundlohn, wie der Kläger meint, monatlich zu zahlen sind.
Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Schaub, Dr. Etzel, Dr. Freitag, Wiese, Schmalz
Fundstellen
Haufe-Index 841037 |
RdA 1990, 319 |