Verfahrensgang
SG Ulm (Entscheidung vom 05.01.2023; Aktenzeichen S 8 AS 1188/22) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 18.04.2023; Aktenzeichen L 9 AS 459/23) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. April 2023 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in der vorgenannten Entscheidung wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
1. Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3).
Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichtsakten sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers, der sich in den Tatsacheninstanzen gegen die Aufforderung, einen Gesundheitsfragebogen auszufüllen und Schweigepflichtentbindungserklärungen zu unterschreiben, gewandt und die Vorlage einer Vollmacht einer Sachbearbeiterin des Beklagten sowie die Beschreibung ihrer Aufgaben verlangt hat, nicht erkennbar.
Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel darin liegt, dass das LSG in Abwesenheit des Klägers verhandelt und entschieden hat. Das LSG hat den Kläger ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. Dies ist zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ausreichend (vgl BSG vom 26.5.2014 - B 12 KR 67/13 B - juris RdNr 7; BSG vom 4.3.2020 - B 3 KR 5/19 BH - juris RdNr 10). Zweifel an der wirksamen Signierung des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids hat der Senat aus den zutreffenden Gründen der Entscheidung des LSG nicht; auf die Frage, ob es sich bei fehlender Unterschrift (§ 134 Abs 1 SGG) bzw fehlender qualifizierter elektronischer Signatur (§ 65a Abs 7 SGG) überhaupt um einen Verfahrensmangel handeln könnte, der im Berufungsverfahren fortgewirkt hat und deshalb im Revisionszulassungsverfahren geltend gemacht werden könnte, kommt es daher nicht an.
Soweit das LSG das klageabweisende Prozessurteil des SG bezüglich der begehrten Feststellung, der Kläger sei nicht verpflichtet, den ihm vom Beklagten übersandten Gesundheitsfragebogen auszufüllen und Schweigepflichtentbindungserklärungen vorzulegen, mit Hinweis auf ein fehlendes Feststellungsinteresse bestätigt hat, lässt der Senat offen, ob es dabei die Anforderungen an die Zulässigkeit einer Feststellungsklage (dazu im Kontext der Mitwirkungspflichten BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 42/12 R - BSGE 113, 177 = SozR 4-1200 § 60 Nr 3, RdNr 12) überspannt hat. Denn auch bei Zulässigkeit der diesbezüglichen Feststellungsklage könnte eine Revision des Klägers nicht zum Erfolg in der Sache führen, weil die klageabweisende Entscheidung des SG zumindest wegen Unbegründetheit der Feststellungsklage aufrechterhalten werden müsste. Dass der Beklagte im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 20 SGB X) zur Vorbereitung der ihm gemäß § 44a Abs 1 Satz 1 SGB II obliegenden Entscheidung über die Erwerbsfähigkeit des Klägers diesen zur Mitwirkung aufgefordert hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (zur Anwendbarkeit der §§ 60 ff SGB I auf dieses Verfahren BSG vom 26.11.2020 - B 14 AS 13/19 R - BSGE 131, 116 = SozR 4-4200 § 44a Nr 2, RdNr 12). Die Entscheidung durch Prozessurteil statt Sachurteil, die grundsätzlich einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG darstellen kann, wirkt sich daher im vorliegenden Fall nicht zulasten des Klägers aus. In einer solchen Konstellation kommt die Gewährung von PKH nicht in Betracht, weil es nicht Aufgabe des PKH-Verfahrens ist, einen lediglich vorübergehenden Erfolg im (Zwischen-)Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde herbeizuführen (BSG vom 31.5.2017 - B 5 R 29/16 BH - juris RdNr 16; vgl auch BSG vom 2.2.2023 - B 5 R 60/22 BH - juris RdNr 9). PKH ist nicht zu bewilligen, wenn - wie hier - klar auf der Hand liegt, dass der Kläger letztlich nicht dasjenige erreichen kann, was er mit dem Prozess in der Hauptsache anstrebt; denn PKH soll es einem Bedürftigen nicht ermöglichen, Verfahren durchzuführen, welche im Ergebnis nicht zu seinen Gunsten ausgehen können, die also ein verständiger Rechtsuchender nicht auf eigene Kosten führen würde (BSG vom 5.9.2005 - B 1 KR 9/05 BH - SozR 4-1500 § 73a Nr 2 RdNr 4 mwN; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 160a RdNr 49).
2. Die vom Kläger persönlich beim BSG erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der vorgenannten Entscheidung des LSG ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften des § 73 Abs 4 SGG über den Vertretungszwang beim BSG entspricht. Auf diese Zulässigkeitsvoraussetzung hat das LSG den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung seiner Entscheidung ausdrücklich hingewiesen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
Söhngen |
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B. Schmidt |
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Burkiczak |
Fundstellen
Dokument-Index HI15825274 |