Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammenrechnung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten im Hinblick auf den Erwerb des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Erfordernis von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die unmittelbar zuvor nach den Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind, nach denen die Leistungen beantragt werden. Weigerung der Berücksichtigung von Leistungen nach niederländischem Recht bei dem Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung nach belgischem Recht. Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates
Normenkette
EGVtr Art. 234; Verfahrensordnung § 3 Art. 104; EWGV 1408/71 des Rates Art. 67 Abs. 3, Art. 4 Abs. 1
Beteiligte
Marie-Josée Verwayen-Boelen |
Rijksdienst voor Arbeidsvoorziening |
Verfahrensgang
Arbeidshof Antwerpen (Belgien) |
Tenor
Nach Artikel 67 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung hängt die Anwendung der in Artikel 67 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Regeln für die Zusammenrechnung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten außer in den in Absatz 3 ausdrücklich genannten Fällen davon ab, dass die betreffende Personunmittelbar zuvor nach den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen bei Arbeitslosigkeit beantragt werden, Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat.
Gründe
1.
Der Arbeidshof Antwerpen hat mit Urteil vom 4. Mai 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Mai 2000, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit von Marie-Josée Verwayen-Boelen (im Folgenden: Klägerin) gegen den Rijksdienst voor Arbeidsvoorziening (Staatliches Arbeitsamt, im Folgenden: RVA) wegen dessen Weigerung, im Hinblick darauf, ob die Betroffene nach belgischem Recht Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung hat, den Zeitraum zu berücksichtigen, in dem sie nach niederländischem Recht Leistungen bezogen hat.
Das Gemeinschaftsrecht
3.
Artikel 4 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:
(1)
Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:
…
g)
Leistungen bei Arbeitslosigkeit,
…
(4)
Diese Verordnung ist … [nicht] auf die Sozialhilfe … anzuwenden.
4.
Artikel 67 der Verordnung Nr. 1408/71 mit der Überschrift Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, aufgeführt in Titel III, Kapitel 6 mit der Überschrift Arbeitslosigkeit, sieht in den Absätzen 1 bis 3 Folgendes vor:
(1)
Der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig ist, berücksichtigt, soweit erforderlich, die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt wurden, als handelte es sich um Versicherungszeiten, die nach den eigenen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind; für Beschäftigungszeiten gilt dies jedoch unter der Voraussetzung, dass sie als Versicherungszeiten gegolten hätten, wenn sie nach den eigenen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden wären.
(2)
Der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Beschäftigungszeiten abhängig ist, berücksichtigt, soweit erforderlich, die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt wurden, als handelte es sich um Beschäftigungszeiten, die nach den eigenen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind.
(3)
Die Absätze 1 und 2 gelten außer in den in Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii und Buchstabe b Ziffer ii genannten Fällen nur unter der Voraussetzung, dass die betreffende Person unmittelbar zuvor
- im Fall des Absatzes 1 Versicherungszeiten,
- im Fall des Absatzes 2 Beschäftigungszeiten
nach den Rechtsvorschriften zurückgelegt hat, nach denen die Leistungen beantragt werden.
5.
Artikel 80 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972, der die Durchführungsbestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 festlegt, in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Veror...