Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs eines Arbeitnehmers wegen sog. Mobbings
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anspruch auf eine billige Entschädigung in Geld (§ 253 Abs. 2 BGB) wegen einer Gesundheitsbeschädigung aufgrund „Mobbings“ setzt – wie jeder Schadensersatzanspruch – voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer zum einen konkret darlegt, wann welcher Arzt welche Erkrankung bei ihm diagnostiziert haben will. Allein der Umstand, dass sich der Kläger in ärztlicher Behandlung befindet, ist insofern nicht ausreichend. Zum anderen hat der betroffene Arbeitnehmer hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität mit dem Beweismaß des § 286 ZPO darzulegen und ggfls. zu beweisen, aufgrund welcher Umstände gesundheitlich neutrale Maßnahmen (zB. Abmahnung, Kündigung oder arbeitsrechtliche Weisungen) konkret geeignet sein sollen, eine Gesundheitsbeschädigung als Verletzungserfolg hervorzurufen.
2. Ein Anspruch auf eine billige Entschädigung in Geld wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG aufgrund "Mobbings" setzt - in Bestätigung und Anwendung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG und des BGH - voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer (hinreichend) schwerwiegend in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt wurde und dass diese Beeinträchtigung nicht auf andere Weise ausgeglichen werden kann. Der Ausspruch von 14 Abmahnungen in acht Jahren, eine verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber, zwei erfolglose Anhörungsverfahren beim Integrationsamt wegen des mittlerweile einem Schwerbehinderten gleichgestellten Klägers, ein Entgeltrechtsstreit sowie die Aufforderung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG stellen weder einzeln noch in der Gesamtschau eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wenn es jeweils - wie vorliegend - einen konkreten sachlichen Anlass für die arbeitgeberseitigen Maßnahmen gab. Hinzu kommt, dass der Kläger gegen nahezu sämtliche Handlungen des Arbeitgebers gerichtlich vorgegangen ist und hierbei überwiegend obsiegt hat.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 253 Abs. 2, §§ 278, 280 Abs. 1, §§ 421, 823 Abs. 1, §§ 831, 840; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 15.01.2020; Aktenzeichen 7 Ca 2173/19) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.01.2020 (7 Ca 2173/19) wird zurückgewiesen.
- Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten vorliegend noch über die gesamtschuldnerische Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen "Mobbings".
Der am 1982 geborene und verheiratete Kläger ist seit dem 01.05.2011 bei der Beklagten zu 1.) aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 15.04.2011 (Bl. 9-10, 46-47 d.A.) beschäftigt, zuletzt als sog. Prüfer mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 2.249,69 Euro. Die Tätigkeit ist grundsätzlich mit wechselnder Schicht- und Nachtarbeit verbunden.
Die Beklagte zu 2.) war bis zum 31.12.2017 bei der Beklagten zu 1.) als Personalleiterin für den Kläger zuständig.
Der Beklagte zu 3.) ist der aktuelle Vorgesetzte des Klägers und Leiter Prüfdienst.
Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1.) ist nahezu seit seinem Beginn belastet.
Die Beklagte zu 1.) erteilte dem Kläger im Jahre 2011 drei Abmahnungen, am 31.08.2011, 13.12.2011 sowie am 30.12.2011. Diese drei Abmahnungen wurden später aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs aus der Personalakte entfernt, wobei die Abmahnung vom 03.11.2011 bis zum 03.11.2012 in der Personalakte verblieb. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf im Urteil vom 01.07.2013(9 Sa 205/13) würden die drei Abmahnungen belegen, dass "die Beklagte [zu 1.)] hier offenbar über das Ziel hinausgeschossen" sei (Bl. 12 d.A.).
Eine durch die Beklagte zu 1.) dem Kläger ausgesprochene ordentliche und verhaltensbedingte Kündigung vom 13.06.2012 wegen eines Arbeitszeitbetruges wurde nach Teilabänderung eines Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.12.2012 mit rechtskräftigem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 01.07.2013 (9 Sa 205/13) für unwirksam erachtet, so dass sie das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat (Bl. 11-12 d.A.).
Mit Schreiben vom 31.07.2014 forderte die Beklagte zu 1.) den Kläger auf, ab dem ersten Tag einer Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.
Die Beklagte zu 1.) sprach dem Kläger dann unter dem 05.11.2014 und unter dem 10.11.2014 insgesamt zwei Abmahnungen aus, wegen derer die Parteien sich am 06.08.2015 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf (10 Ca 2072/15) dahingehend vergleichsweise einigten, dass diese am 30.11.2015 aus der Personalakte des Klägers entfernt werden (Bl. 13-14 d.A.).
Der den Kläger seit dem 03.07.2015 behandelnde Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (Herr D . m . O T aus K ) bescheinigte dem Kläger unter dem 04.01.2016, zur Vermeidung "erneuter krisenhafter psychischer Verschlechterungen" sei "dringend zu empfehlen, Herrn Y bis...