1 Arten
Für die Krankenkassen sind folgende Tarifgestaltungsmöglichkeiten vorgesehen, die jeweils in der Satzung der einzelnen Krankenkasse geregelt werden müssen:
- Selbstbehalttarife
Wenn Mitglieder in einem Jahr einen Teil ihrer Krankheitskosten selber tragen (Selbstbehalt), hat die Krankenkasse im Gegenzug an diese Mitglieder Prämien auszuzahlen.
- Nichtinanspruchnahme von Leistungen
Nehmen Mitglieder und Familienversicherte in einem Kalenderjahr keine Leistungen der Krankenkasse in Anspruch, so kann die Krankenkasse Prämienzahlungen an das Mitglied vorsehen.
- Besondere Versorgungsformen
Für die Teilnahme von Versicherten an besonderen Versorgungsformen (Modellvorhaben, hausarztzentrierte Versorgung, strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Erkrankungen, integrierte Versorgung) hat die Krankenkasse spezielle Tarife anzubieten. In diesen Fällen können Prämienzahlungen an die Versicherten oder Zuzahlungsermäßigungen vorgesehen werden. Für Tarife für die Inanspruchnahme einer hausarztzentrierten Versorgung (HzV) muss die Krankenkasse zwingend Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen, wenn sich aus diesen Tarifen Effizienzsteigerungen ergeben.
- Kostenerstattungstarife
Wenn Krankenkassen in ihren Satzungen flexible Kostenerstattungstarife anbieten, haben diejenigen Mitglieder, die sich für solche Tarife entscheiden, entsprechende Prämien zu entrichten.
- Leistungserweiterungstarife bei Krankengeld
Hauptberuflich Selbstständige und unständig und kurzzeitig Beschäftigte, die keinen Krankengeldanspruch haben, können einen Krankengeldtarif wählen. Die Kasse hat solche Tarife in den Satzungen vorzusehen. Wählt ein Mitglied einen solchen Tarif, so hat es entsprechend der Leistungserweiterung eine Prämie zu entrichten.
- Leistungsbeschränkungstarife
Wenn eine Krankenkasse durch Satzungsregelung für bestimmte Personengruppen Leistungen beschränkt, wird an die Mitglieder eine entsprechende Prämie ausgezahlt.
2 Begrenzung der Prämienzahlungen
Die Prämienzahlung an Versicherte darf in allen Fällen von Wahltarifen bestimmte gesetzlich festgelegte Höchstgrenzen nicht überschreiten. Die Prämienzahlungen der Kasse an das Mitglied dürfen nicht mehr als 20 % der vom Mitglied in einem Kalenderjahr getragenen Beiträge umfassen. Die Prämienzahlung ist in diesen Fällen auf 600 EUR im Jahr begrenzt. Bei einem oder mehreren Tarifen darf sie bis zu 30 % umfassen. In diesen Fällen ist die Prämienzahlung auf höchstens 900 EUR jährlich begrenzt. Die Prämien werden an die Mitglieder bzw. Versicherten gezahlt. Der Arbeitgeber erhält keine (auch nicht anteilige) Prämie. Bei Wahltarifen mit Prämienzahlung bei Nichtinanspruchnahme von Leistungen beträgt die Höchstgrenze der Prämienzahlung abweichend 1/12 des Jahresbeitrags inklusive des Arbeitgeberanteils. Aber auch hierbei gilt, dass die Prämie an das Mitglied ausgezahlt wird. Der Arbeitgeber erhält keine Prämie.
3 Prämienkalkulation
Die Kalkulation der Prämien ist Aufgabe der Krankenkasse. Sie kann in ihrer Satzung die Höhe des Betrags festlegen, der an die Versicherten ausgezahlt wird. Dabei hat sie zum einen die bereits erwähnten Höchstgrenzen zu beachten. Zum anderen ist aber auch Folgendes von Bedeutung:
Die Vorschrift zur Prämienkalkulation von Wahltarifen ist in § 53 Abs. 9 SGB V näher definiert. Die Vorschrift sieht vor, dass die Aufwendungen der Kasse für jeden Wahltarif aus
- Einnahmen,
- Einsparungen und
- Effizienzsteigerungen,
die durch die jeweiligen Wahltarife resultieren, auf Dauer finanziert werden müssen. Jeder Tarif muss sich also selbst tragen. Quersubventionierungen mit anderen Tarifen oder sogar aus dem allgemeinen Haushalt der Krankenkasse sind nicht zulässig. Bei der Prämienkalkulation dürfen zudem kalkulatorische Einnahmen, die den Krankenkassen nur
- durch die Neugewinnung von Mitgliedern entstehen, oder
- deshalb entstehen, weil Versicherte nicht zu einer anderen Krankenkasse oder in die private Krankenversicherung wechseln (sog. Halteeffekte),
nicht berücksichtigt werden.
4 Prüfung/Genehmigung neuer Wahltarife durch die Aufsichtsbehörde
Die zuständigen Aufsichtsbehörden haben die für neue Wahltarife erforderlichen Satzungsregelungen der Krankenkassen zu genehmigen und dabei zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Zudem sieht § 53 Abs. 9 Satz 3 SGB V eine Berichtspflicht der Kassen vor. Die Krankenkassen haben regelmäßig, mindestens alle 3 Jahre, über die Berechnung und die aus den Tarifen resultierenden Einsparungen gegenüber der Aufsichtsbehörde Rechenschaft abzulegen.
5 Vorlage von versicherungsmathematischen Gutachten bei der Aufsichtsbehörde
Die Krankenkassen haben mit ihren Rechenschaftsberichten den Aufsichtsbehörden auch versicherungsmathematische Gutachten vorzulegen. In diesen Gutachten werden die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen dargelegt, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen. Die Gesetzesformulierung orientiert sich dabei an der Regelung in § 17 BerVersV, nach der die Prüfung durch versicherungsmathemati...