Die eigene Lernintelligenz erhöhen


Die eigene Lernintelligenz erhöhen

Wir alle kennen das: Zurück vom Seminar braucht es Strategien, um das Erlernte im täglichen Verhalten zu verankern. Wer nur einen Versuch braucht, um das neue Verhalten ohne Rückfälle zu übernehmen, ist hoch "lernintelligent", wie es unser Kolumnist Boris Grundl nennt. Für alle anderen hält er einen Tipp parat, wie auch sie lernintelligenter werden können.

Ich definiere Lernintelligenz als die Fähigkeit, sich unter gleichen Bedingungen anders und damit wirkungsvoller zu verhalten. Was das für die Praxis bedeutet? Jemand liest ein Buch, besucht ein Seminar oder erhält ein Coaching. Dort lernt er bestimmte neue Fähigkeiten, die ihm idealerweise einleuchten. Ein Beispiel: Vor dem Training. Ein Telefon klingelt. Jemand hebt den Hörer ab und zeigt das Verhalten A, B, C mit einem bestimmten Ergebnis. Nach dem Lernimpuls wird ihm nun bewusst, dass das Verhalten D, E, F deutlich besser ist und ein besseres Ergebnis mit sich bringt.

Lernintelligenz misst jetzt die Anzahl der Versuche, bis das neue Verhalten unter gleichen Umweltbedingungen verinnerlicht wird und das bessere Ergebnis auslöst. Schafft es jemand beim ersten Mal, ohne im Verhalten zurückzufallen, ist er sehr lernintelligent in diesem Bereich. Braucht er neun Versuche und fällt immer wieder ins alte Verhalten, ist er deutlich weniger lernintelligent. Das gilt wieder nur für diesen Bereich! Welche Lernintelligenz jemand hat, der andauernd Seminare besucht und Bücher liest und nichts ändert, bleibt jedem selbst überlassen.

Wenn ich das in Transformationsprozessen erkläre, steigen Motivation und Umsetzungskraft unmittelbar an. Warum das so ist? Keiner will dumm sein. Und jeder hält sich für intelligent. Doch wie können wir Menschen generell helfen, ein neues Verhalten schneller umzusetzen? Als wirkungsvollstes Instrument hat sich erwiesen, um das neu Gelernte einen anderen Rahmen zu setzen. Einen, der Inspiration auslöst. Das lässt sich hervorragend trainieren.

Anderer Rahmen – andere Lernmotivation

Du wirst von Situationen getroffen. Jeden Tag. Nicht was dir dabei passiert, ist entscheidend. Sondern wie du es interpretierst. Welchen Rahmen du da herum baust. Welche Geschichte du dazu erzählst. Schwierig zu verstehen? Hier ein Beispiel. Achte genau auf den Rahmen, der sich jetzt ändert. Und was das mit deiner Wahrnehmung macht. Es folgen drei Bilder, doch das zentrale Bildmotiv bleibt gleich: Eine Blume.

Die erste Blume hält ein Mann in der Hand. Er steht auf einem leeren Bahnsteig und schaut in den Himmel. Was interpretierst du? Die zweite Blume steckt in einem Gewehrlauf. Wie ändert der Rahmen jetzt deine Wahrnehmung über die Blume? Nächster Rahmenwechsel: Die Blume liegt auf einem Grabstein. Was geschieht jetzt in deiner Wahrnehmung? Darf ich raten? Der andere Rahmen führt zu einem anderen Bewusstsein und damit zu einer anderen Wahrnehmung. Und das löst eine bestimmte Emotion bei dir aus. Und diese Emotion steuert deine Interpretation.

Selbstführung: Jeder entscheidet über den eigenen Kontext

Versuche dir generell einmal bewusst zu werden, welchen Rahmen du um Situationen legst. Denn du lieferst selbst stets die Interpretation. Niemand anderes. So mächtig bist du. Was daraus folgt? Du selbst kannst jederzeit den Rahmen ändern und damit deine Lernmotivation für bessere Ergebnisse in der Zukunft erhöhen.

Bestimmt kennst du den Satz: Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit gehabt zu haben. Du interpretierst dein Leben selbst. Du allein entscheidest, wie glücklich dein Leben ist. Wie harmonisch und inspirierend deine Beziehungen. Wie toll dein Job ist. Was für eine Macht!

Und wie viel Beachtung schenkst du deinen inneren Empfindungen wie Glück, Unglück, Missmut, Leichtigkeit, Hass, Energie, Müdigkeit, Inspiration, Schmerz, Euphorie, Eifersucht, Neid? Oder was jemand sagt, wie es jemand sagt, warum es jemand sagt oder wie du dich gerade fühlst? All das hat nur die Bedeutung, die du den Dingen geben willst. Oder anders, welchen Rahmen du um die Situation legst. Mach das, was zu tun ist, und liebe es. Und lass dich von deinen Emotionen nicht an der Nase herumführen. Und verwechsele Emotionen nicht mit Instinkt. Denke daran: Kein Mensch kann dafür sorgen, dass du dich schlecht fühlst ohne deine Erlaubnis.

Mach dir deine Rahmen bewusst – und dann ändere sie, wenn du andere Ergebnisse willst. Das ist Lernintelligenz at its best.


Über den Kolumnisten: Boris Grundl ist Führungskräftetrainer und gilt bei Managern und Managerinnen sowie Medien als "Der Menschenentwickler" (Süddeutsche Zeitung). Er ist Inhaber des Grundl Leadership Instituts, das Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden. Dafür erforscht, testet und lehrt das Institut hochwertige, praxisrelevante Unterscheidungen - als Voraussetzung für Wahrnehmung und Erkenntnis.