Rz. 179
Eine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied einer AG, KGaA oder GmbH (§§ 95 ff., 278 Abs. 3 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG) kann nicht zulässigerweise Gegenstand eines Anwaltsvertrages sein. Ein Anwaltsvertrag, der während der Amtszeit als Aufsichtsratsmitglied geschlossen wird, ist wegen der zwingenden abschließenden Regelung des § 113 AktG gem. § 134 BGB unwirksam, wenn sich dessen Gegenstand auf gesetzliche Organpflichten des Aufsichtsrats bezieht. Eine solche Organpflicht ist insb. die Überwachung der Geschäftsführung (§ 111 Abs. 1 AktG) und die damit verbundene allgemeine Pflicht, die Geschäftsführung über die Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit der Unternehmenspolitik zu beraten. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich demgegenüber nicht mehr um gesetzliche Pflichten eines Aufsichtsratsmitglieds zur laufenden Beratung der Geschäftsführung, wenn die aufgrund des Anwaltsvertrages zu leistenden Dienste von ihrem Gegenstand her Fragen eines besonderen Fachgebiets betreffen. Der Umfang der Beratung ist danach ohne Bedeutung.
Rz. 180
Die Wirksamkeit solcher Verträge, die nicht in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats fallen, hängt gem. § 114 AktG von der Zustimmung des Aufsichtsrats ab. Allerdings muss der Vertrag eindeutige Feststellungen darüber ermöglichen, dass die zu erbringende Leistung außerhalb der organschaftlichen Pflichten liegt. Die besonderen Einzelfragen, in denen das Aufsichtsratsmitglied die Geschäftsleitung beraten soll, sowie das für diese Leistungen von der Gesellschaft zu entrichtende Entgelt müssen so konkret bezeichnet werden, dass sich der Aufsichtsrat ein eigenständiges Urteil über die Art der Leistung, ihren Umfang sowie die Höhe und Angemessenheit der Vergütung bilden kann. Verträge, die diese Anforderungen nicht erfüllen, insb. weil sie als Beratungsgegenstand nur allgemein bezeichnete Einzelfragen auf Gebieten angeben, die grds. auch zur Organtätigkeit gehören oder gehören können, sind von vornherein nicht von einer Zustimmung des Aufsichtsrats gem. § 114 AktG gedeckt. Sie sind vielmehr nach § 113 AktG i.V.m. § 134 BGB unwirksam.
Die §§ 113, 114 AktG betreffen auch den Fall, dass die AG mit einem Unternehmen einen (Beratungs-)Vertrag schließt, an dem ein Aufsichtsratsmitglied – nicht notwendig beherrschend – beteiligt ist. Der verfolgte Zweck, die unabhängige Wahrnehmung der organschaftlichen Überwachungstätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds zu gewährleisten, ist auch dann betroffen, wenn dem Aufsichtsratsmitglied mittelbar Zuwendungen über die Vergütung für den (Beratungs-)Vertrag zufließen und diese nicht – abstrakt betrachtet – geringfügig sind oder im Vergleich zu der Aufsichtsratsvergütung einen nur vernachlässigenswerten Umfang haben.
Rz. 181
Ist demgegenüber ein Anwaltsvertrag, der sich auf Dienstleistungen innerhalb des Aufgabenbereichs des Aufsichtsrats bezieht oder dessen Gegenstand nicht hinreichend konkret zum Ausdruck gebracht wird (§ 113 AktG) bzw. zu dessen Durchführung die Zustimmung des Aufsichtsrats nicht eingeholt oder versagt worden ist (§ 114 AktG), vor Antritt des Aufsichtsratsmandats geschlossen worden, ist er grds. wirksam. Er bleibt jedoch ohne Wirkung, solange das Aufsichtsratsmandat besteht. Der Anwalt kann diesem Dilemma nach Überzeugung des LG Stuttgart auch nicht dadurch ausweichen, dass ein anderes Mitglied seiner Sozietät die konkreten Beratungsaufträge außerhalb des Überwachungsbereichs übernimmt.