1. Chat – IRC
Rz. 59
Eine Überwachung des Arbeitgebers bei der Nutzung eines Chats durch den Arbeitnehmer kann einen relativ intensiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des überwachten Arbeitnehmers bedeuten. Allerdings muss auch berücksichtigt werden, ob es sich um einen für jedermann frei zugänglichen "Chat-Room" handelt oder einen für einen bestimmbaren abgeschlossenen Personenkreis. In der ersten Konstellation können Protokolle von offenen Chats mit dem Erstellen von Artikeln in Internetforen (siehe Rdn 60) verglichen werden. Dies spricht grundsätzlich dafür, dass eine Überwachung keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts bedeutet. Fraglich ist allerdings, für welche Parameter des Chat-Verhaltens der Arbeitgeber ein berechtigtes betriebliches Interesse an der Überwachung vorweisen kann. In der Regel dürfte das berechtigte Interesse auf die Zeiten der Nutzung beschränkt sein. Daraus ergibt sich, dass die Überwachung des Inhalts eines Chats regelmäßig unzulässig ist. Etwas anderes gilt wiederum dann, wenn der Verdacht besteht, dass der an einem Chat teilnehmende Arbeitnehmer in dem entsprechenden Kanal strafrechtlich relevante Handlungen begeht. Diese können z.B. im Austausch oder dem Vertrieb urheberrechtlich geschützter Musiktitel bestehen.
2. Internetforen, Social-Media-Gruppen, Weblogs
Rz. 60
Anstatt in klassischen Chats spielt sich das "Online-Leben" heute vielmehr in sozialen Medien oder Internetforen ab. Hierbei haben beide Arten der Kommunikation gemeinsam, dass sich auch fremde Leute über eine von einem Dritten betriebene Plattform austauschen.
Beiträge in Internetforen oder öffentlichen Social-Media-Gruppen richten sich dabei in der Regel nicht an einen oder mehrere bestimmte Adressaten. Vielmehr kann jeder, der die maßgebliche Internetseite besucht, die entsprechenden Beiträge einsehen. Die innerhalb der Foren oder der öffentlichen Social-Media-Gruppen getätigten Äußerungen sind damit eher öffentlicher als privater Natur. Damit müssen Arbeitnehmer – zumindest im Falle der Äußerung unter ihren Klarnamen – mit der Kenntnisnahme auch durch den Arbeitgeber rechnen. Denn: Der Arbeitgeber könnte sich jederzeit durch den Besuch eines solchen Forums oder einer solchen Gruppe Kenntnis vom Inhalt eines bestimmten Beitrags innerhalb dieses Forums verschaffen. Aufgrund der Öffentlichkeit der Beiträge ist auch die Überwachung eines solchen öffentlichen Forums zulässig. Dies gilt erst recht in berufsbezogenen Netzwerken wie LinkedIn oder Xing.
Indessen wird der Großteil der in einem Internetforum agierenden Arbeitnehmer nicht unter ihrem Klarnamen handeln, sondern unter einem Pseudonym. Eine Zuordnung von Beiträgen zu einem bestimmten Arbeitnehmer wird damit erschwert. Entsprechendes gilt für Blogs.
3. Files Transfer Protocol (FTP)
Rz. 61
Hinsichtlich des Herunterladens von Daten über einen FTP-Dienst, z.B. des Herunterladens von Musikdateien, ist die persönlichkeitsrechtliche Situation bei der Überwachung mit derjenigen bei der Nutzung des Internets vergleichbar. Die Überwachungsmöglichkeiten entsprechen denjenigen bei der Internet-Nutzung. Es ist eine Überwachung der angesteuerten Server sowie der transferierten Dateien möglich. Wegen dieser Deckungsgleichheit kann auf die Ausführungen zur Internetnutzung (siehe Rdn 36 ff., 56 ff.) verwiesen werden.
4. Intranet
Rz. 62
Innerhalb des Intranets haben zumeist allenfalls Nachrichten unter Kollegen private Inhalte, wenn ein Nachrichtensystem integriert ist. Gelegentlich gibt es auch Bereiche, die der Vernetzung der Arbeitnehmer untereinander dienen, in denen etwa Annoncen und Anzeigen aufgegeben werden. Hinsichtlich der Überwachung dieser privaten Mitteilungen kann auf die Ausführungen zur E-Mail und Social-Media verwiesen werden (siehe Rdn 42 ff.; Rdn 60 42ff.; Rdn60).
5. Arbeitgeberbewertungsportale
Rz. 63
Verschiedene Internetportale geben den Nutzern die Möglichkeit – meist anonym – manche nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Arbeitgebers, andere unabhängig von einer solchen Zustimmung, ihren Arbeitgeber, Kollegen und Vorgesetzten zu bewerten. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Beteiligung des Arbeitnehmers in solchen Portalen gelten dieselben Grundsätze wie beim Umgang mit vertraulichen Informationen durch den Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer muss sich grundsätzlich so verhalten, dass der Betriebsfrieden nicht ernstlich und schwer gefährdet wird. Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Wahrung des Betriebsfriedens sogar Vorrang vor der in Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers einzuräumen. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit muss jedenfalls dann zurücktreten, wenn sich eine Äußerung im Arbeitgeberbewertungsportal als Formalbeleidigung oder als eine Schmähung darstellt. Kritik von Kollegen bzw. Vorgesetzten ist stets betriebsbezogene Kritik, die zunächst intern ...