Dr. iur. Thomas Eder, Petra Gartz
Rz. 178
Der Begriff Unterhalt umfasst diejenigen Mittel, die ein Mensch zur Deckung des Lebensbedarfs benötigt; Unterhaltsansprüche dienen somit weder der Vermögensbildung, insbesondere nicht einem fortgesetzten Zugewinnausgleich, noch einer Umverteilung des Einkommens des Verpflichteten auf den Berechtigten, auch nicht bei sehr günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltsverpflichteten.
Rz. 179
Zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung (vergleiche hierzu die Ausführungen unter Abschnitt IV, siehe Rn 214 ff.) findet ein güterrechtlicher Ausgleich grundsätzlich nicht statt, wenn und soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs, zugunsten des anderen Ehegatten auszugleichen ist. Für das Verhältnis zwischen Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich ergibt sich dies bereits aus § 2 Abs. 4 VersAusglG (siehe § 1587 Abs. 3 BGB a.F.). Für das Verhältnis zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich kann nichts anderes gelten, auch wenn es insoweit an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt.
Rz. 180
Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt. So ist anerkannt, dass auch Unterhaltsrückstände das Endvermögen des Unterhaltspflichtigen mindern. Bereits entstandene Verbindlichkeiten sind zwar grundsätzlich auch dann, wenn sie am Stichtag noch nicht fällig sind, als Verbindlichkeiten im Sinne des § 1375 Abs. 1 BGB anzusehen, die das Endvermögen mindern. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt für Dauerschuldverhältnisse. Insbesondere ist die Unterhaltspflicht nicht als einheitliche, sondern als eine sich ständig erneuernde, erst beim Vorhandensein bestimmter Voraussetzungen zur Entstehung gelangende Verbindlichkeit aufzufassen, die mit jeder Zeiteinheit, in der ihre Voraussetzungen vorliegen, von neuem entsteht.
Rz. 181
Beispiel
Der Scheidungsantrag wird am 15. Dezember zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt hat M den Unterhalt von diesem Monat i.H.v. 2.000 EUR noch nicht gezahlt. F ist der Ansicht, M könne die Unterhaltsverpflichtung nur zur Hälfte (wegen Monatsmitte) von seinem Endvermögen abziehen.
Die am Stichtag bereits fällige Unterhaltsschuld für den laufenden Monat mindert das Endvermögen auch dann in vollem Umfang, wenn dieser Monatszeitraum am Stichtag noch nicht abgelaufen ist.
Rz. 182
Rechtsverhältnisse, die wiederkehrende Ansprüche auf Unterhaltsleistungen vermitteln, sind daher im Rahmen des § 1375 BGB bei der Berechnung des Endvermögens des Unterhaltsberechtigten nicht zu berücksichtigen, soweit sie künftiges Einkommen vorwegnehmen und ihre Berücksichtigung den Zugewinnausgleich in die Zeit nach der Beendigung des Güterstandes verlängern würde.
Rz. 183
Erweist sich dieser Rückstand in der Folgezeit als nicht beitreibbar, führt dies dazu, dass der unterhaltsberechtigte Ehepartner als in doppelter Weise benachteiligt angesehen werden kann, nämlich einerseits durch die Schmälerung seines Zugewinnausgleichsanspruchs wegen eines ihm zustehenden Unterhalts, den er andererseits nicht erhält.
Rz. 184
Ebenso kann sich der ausgleichsberechtigte Ehegatte gegen die Berücksichtigung am Stichtag noch bestehender Verbindlichkeiten des Ausgleichspflichtigen bei dessen Endvermögen nicht mit der Begründung wehren, er habe wegen dieser Verbindlichkeiten bereits eine Reduzierung seines Unterhaltsanspruchs hinnehmen müssen, denn ein etwaiger Einfluss der Schuldenlast auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit hat mit dem Vermögensausgleich des § 1378 BGB nichts zu tun.
Rz. 185
Umgekehrt mindern auch Unterhaltsverpflichtungen das Endvermögen des Unterhaltspflichtigen nur insoweit, als sie am Stichtag bereits fällig sind.
Rz. 186
Wegen des für den Zugewinnausgleich geltenden starren Stichtagsprinzips, mit dem das Gesetz eine schematische Saldierung über einen regelmäßig mehrere Ehejahre umfassenden Zeitraum vorsieht, sind auch zufällige geringfügige zeitliche Überschneidungen – etwa in der Größenordnung bis zu einem Monat – zwischen den einerseits für den Zugewinnausgleich und andererseits für den laufenden Unterhalt maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnissen hinzunehmen, weil sie sich in Massenfällen dieser Art auf praxisgerechte Weise nicht vermeiden lassen. Überschneidungen ergeben sich notwendigerweise unter anderem stets dann, wenn der Stichtag zwischen dem Monatsersten, an dem die Unterhaltsverpflichtung für den laufenden Monat fällig wird, und demjenigen Zeitpunkt liegt, an dem das laufende Einkommen fällig wird, das der Unterhaltspflichtige für diesen Monatszeitraum bezieht.
Rz. 187
Entgegen einer verschiedentlich vertretenen Auffassung muss daher auch hingenommen werden, dass bereits bezogenes laufendes Einkommen, das am Stichtag in Gestalt eines Bar- oder Kontoguthabens noch vorhanden ist, dem Zugewinnausgleich auch insoweit unterliegt, als es den laufenden Lebensunterhalt für einen Monatszeitraum zu decken bestimmt ist, der am Stichtag noch nicht abgelaufen ist (im Gegensatz zu V...