Dr. iur. Thomas Eder, Petra Gartz
Rz. 222
Regelmäßig ist die Zahlung einer Abfindung zugunsten eines Ehegatten im Hinblick auf das Verbot der Doppelverwertung problematisch. Die Abfindung soll den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes entschädigen bzw. Ersatz für den künftig eintretenden Lohnausfall und damit künftiges Arbeitseinkommen darstellen. Soweit die Abfindung als Entschädigung bezahlt wird, soll sie güterrechtlich, soweit sie als Lohnersatz bezahlt wird, unterhaltsrechtlich ausgeglichen werden.
Rz. 223
Bei der Behandlung einer Abfindung sind immer diejenigen Besonderheiten zu beachten, die sich daraus ergeben, dass es sich um Einkommen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses handelt. Die Abfindung kann je nach ihrem arbeitsrechtlichen Hintergrund unterschiedlichen Zwecken dienen, so der zukunftsbezogenen Entschädigung für Lohneinbußen (etwa bei Sozialplanabfindungen), als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage oder als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des mit diesem verbundenen sog. sozialen Besitzstandes. Aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lässt sich indessen noch keine zwingende Vorgabe für deren unterhaltsrechtliche Behandlung entnehmen; die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen Regeln zu beurteilen.
Rz. 224
Praxistipp
Die Zahlung einer Abfindung stellt in aller Regel unterhaltsrechtliches Einkommen des Ehegatten dar und ist als solches im Rahmen der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen, auch wenn die Zahlung in einer Summe erfolgt. Die Abfindungszahlung ist konsequenterweise vorrangig für den Unterhalt einzusetzen und stellt insoweit kein güterrechtliches Vermögen dar. Wenn also die Abfindung in ihrer gesamten Höhe für den Unterhalt verwendet wird, kann sie nicht (nochmals) als güterrechtliche Vermögensposition beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden; ihr güterrechtlicher Ansatz verstößt dann gegen das Verbot der Doppelverwertung, auch wenn das entsprechende für den Unterhalt bestimmte Kapital an den zugewinnrechtlichen Stichtagen (§§ 1384, 1387 BGB) noch vorhanden ist.
Rz. 225
Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn eine Abfindung nicht in voller Höhe für den Unterhalt benötigt wird, insbesondere aus den unterschiedlichen Bewertungsstichtagen: Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages (§ 1384 BGB) oder einer Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich bzw. auf vorzeitige Beendigung des gesetzlichen Güterstandes (§ 1387 BGB) bzw. Rechtskraft der Scheidung als Zeitpunkt der Bemessung des nachehelichen Unterhalts (§ 1578 BGB). Da bei Rechtshängigkeit der Scheidung Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt noch nicht entstanden sind, kann künftiger Unterhalt in die Zugewinnbilanz nicht einpassiviert werden, sondern die Problematik kann nur über § 1376 BGB gelöst werden (Bewertung des für Unterhalt bestimmten Kapitals zu den Stichtagen der §§ 1384, 1387 BGB).
Rz. 226
Praxistipp
Ein Wahlrecht dahingehend, dass die Abfindungszahlung nach dem Willen des/der Ehegatten güter- oder unterhaltsrechtlich berücksichtigt wird, besteht nicht, wohl aber kann und sollte eine bestimmte Zuordnung vereinbart werden.