Dr. iur. Thomas Eder, Petra Gartz
Rz. 164
Wird jedoch im Hinblick auf die von dem Unterhaltspflichtigen übernommenen Verbindlichkeiten zunächst kein Unterhalt bezahlt oder gefordert, scheitert ein Ausgleichsanspruch des schuldenrückführenden Ehegatten häufig an der Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung dahingehend, dass der Unterhaltspflichtige die Schulden abträgt und der Unterhaltsbedürftige gerade deshalb keinen Unterhalt verlangt.
Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt, sondern dies hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Prinzipiell gilt: eine – die hälftige Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern überlagernde – anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht bereits dann anzunehmen, wenn ein Ehegatte die gemeinsamen Schulden nach der Trennung weiterhin allein abträgt, während der andere – auch ohne ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung – Trennungsunterhalt nicht geltend macht.
Rz. 165
Nach der gesetzlichen Regel des § 426 I S. 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet. Dies führt dazu, dass der auf Gesamtschuldnerausgleich in Anspruch genommene Ehegatte eine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung darlegen und beweisen muss, nach der er aufgrund des Schuldenabtrags des Unterhaltspflichtigen keinen Unterhalt begehrt. Das OLG Köln hat in einem Fall, in dem der Ehemann die gemeinsamen Schulden alleine abgetragen, und die Ehefrau deshalb keinen Unterhalt geltend gemacht hat, jedoch keine ausdrückliche Vereinbarung diesbezüglich getroffen wurde, festgestellt, dass die beweispflichtige Ehefrau keine Umstände für eine abweichende Vereinbarung im Innenverhältnis habe darlegen können.
Rz. 166
Ein Ausschluss der gesamtschuldnerischen Haftung kann sich jedoch "aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens" ergeben. Der BGH hat dies bei Zusammentreffen von Ansprüchen aus Gesamtschuldnerausgleich mit solchen auf Nutzungsentgelt (§ 1361b Abs. 3 S. 2 BGB) entschieden. In dem entschiedenen Fall ist der Ehemann nach der Trennung in dem gemeinsamen Haus verblieben und hat weiterhin die Zins- und Tilgungsleistungen erbracht, ohne zu erkennen zu geben, dass er einen Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB geltend zu machen beabsichtige. Der Miteigentümer kann in diesem Fall, so der BGH, für seine Zahlungen von dem anderen nachträglich keinen Gesamtschuldnerausgleich verlangen, wenn – wie in diesem Fall – der Miteigentümer wegen der Rückführung der Schuldverbindlichkeiten durch den anderen Ehegatten davon abgesehen hat, ein Nutzungsentgelt zu verlangen. In dieser tatsächlichen Ausgestaltung kann eine anderweitige Bestimmung liegen.
Rz. 167
Praxistipp
Es müssen daher klare Grundlagen geschaffen werden, wie Schulden beim Unterhalt zu behandeln sind, auch ab wann bei Veränderungen der zugrunde liegenden unterhaltsrelevanten Verhältnisse der Gesamtschuldnerausgleich wieder einsetzt. Es empfiehlt sich, um Unsicherheiten insoweit zu vermeiden, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte den anderen mit Unterhaltszahlungen in Verzug setzt und erklärt, dass er den ihm zustehenden Unterhalt so lange nicht geltend mache, wie der grundsätzlich unterhaltspflichtige Ehegatte die Gesamtschuld abträgt. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte darf daher nicht untätig bleiben und den anderen Ehegatten mit Unterhaltsforderungen in Verzug setzen, denn grundsätzlich kann der Unterhaltspflichtige Ehegatte nur solche Unterhaltsforderungen erfüllen, von denen er Kenntnis hat.