Dr. Christoph Lichtenberg
Rz. 200
Die (zweifache) Novellierung des Bauforderungssicherungsgesetzes im Jahr 2009 erfolgte vor dem Hintergrund, die am Bau beteiligten Unternehmen vor Ausfällen und Liquiditätsschwierigkeiten zu schützen, deren Ursache der Gesetzgeber wohl in erster Linie in der anderweitigen Verwendung der für die Baumaßnahme gezahlten Gelder durch deren Empfänger sah.
1. Baugeld
Rz. 201
Zu diesem Zweck ist zunächst der Begriff des Baugelds erheblich ausgeweitet worden. Nach dem Gesetz über die Sicherung von Baugeldforderungen (GSB) waren darunter lediglich Gelder zu verstehen, deren Finanzierung dinglich abgesichert war; diese Definition entspricht jetzt § 1 Abs. 3 Nr. 1 BauFordSiG. Nunmehr zählen dazu gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG aber auch alle Gelder, die im Zusammenhang mit einer Bauleistung gezahlt werden, sofern der Empfänger die Bauleistungen nicht allein erbringt, sondern sich dazu Dritter (Lieferanten oder Nachunternehmer) bedient. Mit dieser erweiterten Definition dürften die meisten Beträge, die im Rahmen einer arbeitsteilig organisierten Baumaßnahme gezahlt werden, dem Baugeldbegriff unterfallen.
2. Baugeldempfänger
Rz. 202
Noch nicht ganz geklärt ist allerdings, wer Baugeldempfänger und damit Verpflichteter aus dem Gesetz ist. Unter der Geltung des GSB hatte der BGH entschieden, dass derjenige, der lediglich mit einem Teil des Baus beauftragt ist, nicht Empfänger von Baugeld im Sinne der Vorschrift sein kann. Hierzu wird zur jetzigen Fassung zum Teil vertreten, diese Rechtsprechung habe weiterhin Gültigkeit. Folge wäre, dass im Grunde nur Bauträger, Generalübernehmer oder Generalunternehmer Baugeldempfänger sein könnten. Das überzeugt hingegen nicht. Denn abgesehen von Abgrenzungsproblemen (Wie viele Nachunternehmer sind nötig?, Ab wann ist das Herausnehmen eines kleineren Teils der Leistung schädlich?), hatte die erwähnte Rechtsprechung des BGH ihren Ursprung darin, dass der Generalunternehmer das empfangene Geld ähnlich einem Treuhänder verwaltet und dabei im Regelfall Kenntnis über die Finanzierung und die grundbuchpfandrechtliche Besicherung der finanzierten Gelder erlangt haben sollte. Infolge der Ausweitung des Baugeldbegriffs in § 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG spielt die grundbuchpfandrechtliche Besicherung aber keine Rolle mehr, daher kann jeder an der Unternehmerkette Beteiligte, der noch Geld an eine Partei "hinter sich" in der Kette weiterleiten muss, Empfänger von Baugeld sein. Dies entspricht auch der Intention des Gesetzgebers bei der Reform des Gesetzes.
3. Verwendung des Baugelds
Rz. 203
Soweit der Baugeldempfänger selbst an den Bauleistungen beteiligt ist, darf er das Baugeld in Höhe des angemessenen Werts der von ihm erbrachten Leistungen für sich behalten, § 1 Abs. 2 BauFordSiG. In diesem Zusammenhang gehören auch Wagnis und Gewinn, Allgemeine Geschäftskosten, Baustellengemeinkosten etc. zu den erbrachten Leistungen.
Rz. 204
Darüber hinaus darf das Baugeld jedoch nur zur Befriedigung der in der "Kette" nachfolgenden Beteiligten verwendet werden, soweit diese nicht bereits aus anderen Mitteln befriedigt sind, § 1 Abs. 1 BauFordSiG. Der Baugeldempfänger darf also insoweit das Baugeld nicht zur anderweitigen Finanzierung einsetzen, vor allem nicht bei anderen Baumaßnahmen. Das Baugeld muss "in der Baustelle bleiben".
Rz. 205
Um dem Zweck des Gesetzes zu genügen, muss das Baugeld zudem dem Zugriff Dritter entzogen werden. Im Ergebnis heißt dies, dass für das Baugeld zumindest ein baustellenbezogenes Sonderkonto einzurichten ist. Ob sogar ein Treuhandkonto erforderlich ist, ist aufgrund der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Unpfändbarkeit von Baugeld zweifelhaft. Dem Schutzbedürfnis dürfte vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung Genüge getan sein, wenn dem kontoführenden Institut bekannt ist, dass es sich um Baugeld handelt. Die Einrichtung eines Fremdgeldkontos erscheint aber empfehlenswert. Jedenfalls ist das sog. "Cash-Pooling" unzulässig.
Rz. 206
Das BauFordSiG gibt dem Nachunternehmer oder Lieferanten kein subjektives Recht gegenüber dem Hauptunternehmer; die gesetzesgemäße Verwendung lässt sich also nicht unmittelbar durchsetzen. Der Baugeldempfänger macht sich "nur" gem. § 2 BauFordSiG strafbar, sofern die gesetzeswidrige Verwendung des Baugeldes im Fall der Zahlungseinstellung oder der Insolvenz zu Nachteilen bei den berechtigten Gläubigern führt. Außerhalb der Kris...