a) Widerspruch gegen eine Grundbucheintragung
Rz. 164
Der rechtmäßige Eigentümer hat ein Interesse an einer raschen Berichtigung des Grundbuchs, damit ihm sein Recht nicht über einen dazwischentretenden Erwerb eines redlichen Dritten verloren geht (§§ 891, 892, 893 BGB). Bis die Berichtigung tatsächlich erfolgt ist, bedarf der wahre Berechtigte einer vorläufigen Sicherung, denn die schuldrechtlichen Ansprüche gem. § 816 BGB nach einem eingetretenen gutgläubigen Erwerb stellen nur einen sekundären und damit schwachen Schutz dar.
Rz. 165
Eine Sicherung seiner Rechte kann der rechtmäßige Eigentümer durch die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch erreichen, § 899 BGB.
Rz. 166
Der Widerspruch soll auf die Unrichtigkeit des Grundbuchs hinweisen. Sein Ziel ist es, den Anspruch des wahren Berechtigten auf Berichtigung des Grundbuchs zu sichern; er dient damit der Erhaltung des Grundbuchberichtigungsanspruchs nach § 894 BGB.
Rz. 167
Der Widerspruch wird entweder aufgrund Bewilligung des "Buchberechtigten" – als Betroffenem i.S.v. § 19 GBO – oder aufgrund einer einstweiligen Verfügung eingetragen, § 899 Abs. 2 BGB. In der Praxis ist die Widerspruchseintragung aufgrund Bewilligung des Buchberechtigten die absolute Ausnahme.
Rz. 168
Der Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB könnte dadurch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig gesichert werden, dass durch einstweilige Verfügung (§ 935 ZPO) die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eigentümerstellung des Käufers erreicht wird, § 899 BGB.
Rz. 169
Gem. §§ 294, 936, 920 Abs. 2 ZPO sind die Anspruchsvoraussetzungen glaubhaft zu machen, d.h. durch präsente Beweismittel bzw. eidesstattliche Versicherung. Nicht glaubhaft zu machen ist gem. § 899 Abs. 2 S. 2 BGB eine Gefährdung des Rechts der Alleinerbin (weil wegen der Möglichkeit des jederzeitigen gutgläubigen Erwerbs nach § 892 BGB durch einen Dritten die Gefährdung von selbst indiziert ist), d.h., das Gesetz unterstellt die Dringlichkeit.
Rz. 170
Geschäftsunfähigkeit kann nur durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens nachgewiesen werden. Ein solches liegt noch nicht vor. Deshalb scheidet vorläufiger Rechtsschutz mittels einstweiliger Verfügung zum jetzigen Zeitpunkt aus. Aber während des Rechtsstreits ist in jedem Falle die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Geschäftsfähigkeit erforderlich. Sobald dieses vorliegt, kann erneut die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung zur Eintragung eines Widerspruchs geprüft werden, weil gutgläubiger Erwerb durch einen Dritten droht (§ 892 BGB).
b) Einstweilige Verfügung
Rz. 171
Bewilligt der "Buchberechtigte" die Eintragung eines Widerspruchs oder einer Vormerkung nicht, so hat der wahre Berechtigte (beim Widerspruch) bzw. der Anspruchsinhaber (bei der Vormerkung) die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO zu erwirken.
aa) Glaubhaftmachung der Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 172
Um die einstweilige Verfügung zeitlich noch vor der Fiktion des § 895 ZPO zu erlangen, braucht der wahre Berechtigte lediglich seinen materiellrechtlichen Berichtigungsanspruch glaubhaft zu machen, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO. Nicht aber glaubhaft zu machen braucht er die Gefährdung seines dinglichen Rechts, also den Verfügungsgrund, weil sich die Dringlichkeit bereits aus der Möglichkeit eines Rechtsverlusts aufgrund der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb (§ 892 BGB) ergibt (§§ 883, 885, 899 Abs. 2 S. 2 BGB).
bb) Inhalt der Glaubhaftmachung
Rz. 173
Mit welchen Mitteln die Glaubhaftmachung erfolgen kann, regelt § 294 ZPO. Die Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Zur Glaubhaftmachung einer Tatsachenbehauptung bedarf es nicht der vollen richterlichen Überzeugung (wie bei der Beweisführung gem. § 286 ZPO), sondern es genügt ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung, der bereits vorliegt, sofern bei freier Würdigung des gesamten Verfahrensstoffes eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft.
Unstreitiges braucht nach § 138 Abs. 3 ZPO nicht glaubhaft gemacht zu werden.
Rz. 174
Zur Glaubhaftmachung dienen alle Beweismittel der ZPO – sofern sie präsent sind, § 294 Abs. 1, 2 ZPO – und zusätzlich die eidesstattliche Versicherung sowohl des Antragstellers im Verfügungsverfahren als auch all der Personen, die als Zeugen in Betracht kommen.
Rz. 175
Ein gerichtliches Sachverständigengutachten wird, weil ein solches in den meisten Fällen nicht präsent sein dürfte, kaum als Mittel der Glaubhaftmachung dienen können. Allenfalls könnte ein Parteigutachten vorgelegt werden, das dann aber nicht die Beweisqualität eines Sachverständigengutachtens hätte, sondern die einer Urkunde bzw. des Parteivortrags. Denkbar wäre auch, dass in einem früher oder parallel geführten Prozess bereits ein verwertbares Gutachten vorliegt.
c) Hauptprozess und Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
Rz. 176
Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung führt nicht zur Rechtshängigkeit des materiellrechtlichen Anspruchs, weil sein Streitgegenstand nicht der Anspruch selbst ist, sondern die Zulässigkeit seiner vorläufigen Sicherung. Aus diesem Grund können Hauptprozess und Verfügung...