Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
aa) Haftung gegenüber der GmbH
Rz. 264
Im Mittelpunkt der Haftung der Geschäftsführer gegenüber der GmbH steht § 43 GmbHG, wonach Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anzuwenden haben und der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden haften, wenn sie ihre Obliegenheiten verletzen. Die Haftung gilt unabhängig vom Bestehen eines Anstellungsvertrages ab dem Zeitpunkt der Bestellung zum Geschäftsführer und erfasst somit auch sog. "Strohmann"-Geschäftsführer. Unabhängig von der wirksamen Bestellung beginnt die organschaftliche Haftung bereits mit der tatsächlichen Aufnahme des Amtes und erfasst auch faktische Geschäftsführer.
Rz. 265
Die Pflichten der Geschäftsführer ergeben sich zum einen aus ihrer Organstellung, zum anderen auch aus dem Anstellungsvertrag. Als Pflichtverletzungen kommen beispielhaft in Betracht:
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Misswirtschaft (z.B. Kassenfehlbestände, zweckwidrige Verwendung von Geldern, Verjährenlassen von Forderungen der GmbH, Einrichten verdeckter ("schwarzer") Kassen, Nichtbeitreiben von Zahlungsansprüchen gegen Gesellschafter, Verschwendung von Gesellschaftsvermögen, Haftungsübernahme fremder Verbindlichkeiten, auch durch Bürgschaftserklärung), |
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Veräußerung der Vermögensgegenstände unter Wert, |
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Überschreiten der Vertretungsmacht, wenn sie in Satzung, im Anstellungsvertrag oder per Gesellschafterbeschluss beschränkt worden ist, |
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persönliche Bereicherung (z.B. Beschäftigung von Mitarbeitern zu privaten Zwecken, Privatreisen auf Geschäftskosten, Auszahlung einer überhöhten nicht vereinbarten Vergütung, Unterlassen der Zustimmung zur Reduktion des Geschäftsführergehalts in existenzieller Krise der Gesellschaft), |
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Verletzung der Buchführungspflicht und der Pflicht zur Aufstellung und Vorlage von Jahresabschlüssen (§§ 41, 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG), |
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Weitergabe von geheimzuhaltenden Gesellschaftsinterna (ggf. strafbar nach § 85 GmbHG), |
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Auszahlung von Vermögen, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich war (Haftung nach § 43 Abs. 3 GmbHG), wobei durch den Geschäftsführer die Vollwertigkeit des Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs (§ 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG) im Leistungszeitpunkt zu prüfen ist; unterlassene Prüfung der fortbestehenden Vollwertigkeit oder unterlassene Rückforderung bei Wegfall der Vollwertigkeit begründen wiederum Haftung des Geschäftsführers, |
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Kreditgewährung aus Gesellschaftsmitteln an Geschäftsführer oder sonstige vertretungsberechtigte Dritte (§ 43a GmbHG), |
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Entscheidungen und Handlungen auf unzureichender Tatsachengrundlage (z.B. Unternehmenskauf ohne vorherige Due Diligence). |
Rz. 266
Der Geschäftsführer haftet auch für Falschangaben bei der Anmeldung der GmbH, der wirtschaftlichen Neugründung oder einer Kapitalerhöhung (§ 9a Abs. 1 und 3, § 57 Abs. 4 GmbHG). Zu beachten ist, dass der Geschäftsführer nach § 19 Abs. 5 Satz 2 GmbHG auch Angaben hinsichtlich eines Hin- und Herzahlens oder der Vereinbarung eines Hin- und Herzahlens der Einlage machen muss (zum nunmehr erlaubten Hin- und Herzahlen s.o. Rdn 60 ff.). Dies stellt neben Vollwertigkeit und (jederzeitiger) Fälligkeit des Rückgewähranspruchs (§ 19 Abs. 5 Satz 1 GmbHG) eine weitere Voraussetzung der Erfüllungswirkung dar. Macht der Geschäftsführer bei der Handelsregisteranmeldung diesbzgl. falsche Angaben oder versäumt er die Offenlegung, wird auch die Fiktion der freien Verfügbarkeit der Einlagen nicht unterstellt. Die Versicherung des Geschäftsführers ist dann falsch und er macht sich gem. § 82 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG strafbar. Eine Verurteilung nach dieser Strafnorm zieht auch den Ausschluss der betroffenen Person vom Amt des Geschäftsführers nach sich.
Auch im Zusammenhang mit Hin- und Herzahlen im Rahmen einer Gründung oder Kapitalerhöhung muss der Geschäftsführer die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs fortlaufend prüfen und bei deren Wegfall Rückforderungsansprüche geltend machen. Versäumt er dies, macht er sich seinerseits haftbar gem. § 43 Abs. 2 GmbHG.
Weiterhin haften die Geschäftsführer für den Schaden, der der GmbH durch deliktische Handlungen, z.B. Untreue, entsteht.
Bei unternehmerischen Entscheidungen steht dem Geschäftsführer ein Ermessensspielraum zu. Gegenüber Schadensersatzansprüchen aus § 43 Abs. 2 GmbHG kann sich der Geschäftsführer dann entlasten, wenn sein Handeln auf einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlage beruht, d.h. er in der konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft, auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abschätzt und den erkennbaren Risiken Rechnung trägt (sog. Business Judgment Rule). Unzulässig ist es dagegen, sich bei der Ermessensausübung alleine auf das Urteil eines Dritten zu verlassen. So kann die Geschäftsleitung ihre unternehmerischen Entscheidungen bei der Wertpapieranlage nicht allein auf Grundla...