Ansgar Beckervordersandfort, Kim Vanessa Steinbrink
Rz. 40
Die gesetzliche Vertretung der Eltern ist trotz Insichgeschäft möglich, wenn die Übertragung für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Der schuldrechtliche Schenkungsvertrag ist für den Minderjährigen stets rechtlich vorteilhaft, da er allein auf die unentgeltliche Übertragung der Immobilie abstellt. Rechtliche Nachteile können jedoch durch das dingliche Erfüllungsgeschäft, insbesondere wenn die Schenkung für den Minderjährigen mit der Entstehung persönlicher Verpflichtungen verbunden ist, entstehen. Für die Beurteilung der rechtlichen Vorteilhaftigkeit kommen daher mehrere Konstellationen und Gestaltungen der Grundstücksübertragung in Betracht.
1. Schenkung eines unbelasteten Grundstücks
Rz. 41
Die Schenkung eines unbelasteten Grundstücks ist für den Minderjährigen grds. lediglich rechtlich vorteilhaft. Auch die Haftung für die gewöhnlichen öffentlichen Lasten wie beispielsweise Anliegerbeiträge und Erschließungskosten durch den Minderjährigen stellen keine beachtlichen Nachteile da. Sie werden einerseits nicht unmittelbar durch die Schenkung selbst ausgelöst, sondern entstehen nur mittelbar aufgrund der Schenkung und sind andererseits zudem in ihrer Höhe begrenzt, sodass sie sich in der Regel direkt aus den laufenden Erträgen des Grundstücks decken lassen.
2. Schenkung eines mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks
Rz. 42
Die unentgeltliche Übertragung eines mit einer Grundschuld oder einer Hypothek belasteten Grundstücks ist für den Minderjährigen ebenfalls lediglich rechtlich vorteilhaft. Für die Belastung haftet grds. nur das Grundstück und nicht der Minderjährige als Grundstückseigentümer persönlich.
Ein rechtlicher Nachteil liegt hingegen vor, wenn der Minderjährige im Rahmen der Übertragung die persönliche Haftung für die dem Grundpfandrecht zugrunde liegenden Forderungen übernimmt.
3. Schenkung eines mit einer Reallast belasteten Grundstücks
Rz. 43
Die Belastung der Immobilie mit einer Reallast ist hingegen stets rechtlich nachteilig. Der Minderjährige haftet für diese nach § 1108 BGB immer auch persönlich. Dies gilt folglich auch für die Reallast eines Erbbauzinses bei der Schenkung eines Erbbaurechtes.
4. Schenkung eines vermieteten/verpachteten Grundstücks
Rz. 44
Der Erwerb eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks ist ebenso nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Begründet wird dies einheitlich mit dem Eintritt des Minderjährigen in die Stellung als Vermieter und damit in die Ansprüche und Eigentümerverpflichtungen aus dem bestehenden Mietvertrag. Für die daraus resultierenden Pflichten haftet der Minderjährige auch persönlich mit seinem Vermögen.
5. Schenkung von Wohnungs-/Teileigentum
Rz. 45
Auch der Erwerb einer Eigentumswohnung ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Grund hierfür ist der gleichzeitige Eintritt in die Wohnungseigentümergemeinschaft und die damit verbundenen Verpflichtungen aus der Gemeinschaftsordnung. Hierzu zählen insbesondere die Pflicht der anteiligen Kostentragung für die Instandhaltung und -setzung, die sonstige Verwaltung sowie des gemeinschaftlichen Gebrauchs des Gemeinschaftseigentum. Zudem haftet der Minderjährige nach § 10 Abs. 8 S. 1 WEG persönlich für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft und hat gem. § 16 Abs. 2 WEG eine sog. Sonderumlage bei Wohngeldausfällen zu tragen.
6. Nießbrauchsvorbehalt
Rz. 46
Ein lediglich rechtlicher Vorteil wird selbst dann bejaht, wenn das Grundstück mit einem Nießbrauch belastet ist, bei dem der Nießbraucher auch die außergewöhnlichen Erneuerungen und Ausbesserungen sowie die Grundstückslasten tragen muss. Unerheblich ist, ob der Nießbrauch bereits besteht oder als Gegenleistung bei der Übertragung vorbehalten wird.
7. Belastungsvorbehalt
Rz. 47
Die Vereinbarung eines Belastungsvorbehaltes für den Übergeber ist für den Minderjährigen wohl nur dann lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn die Eintragung der Belastung gleichzeitig mit dem Eigentumsübergang vollzogen wird, da nur dann eine Analogie zur Schenkung eines belasteten Grundstücks anzunehmen ist. Die spätere Belastung eines Grundstücks im Eigentum des Minderjährigen ist aufgrund der persönlichen Haftung als rechtlich nachteilig anzusehen.