a) Übersicht
Rz. 29
Die Bestimmung der Aktivlegitimation bereitet grundsätzlich keine Schwierigkeiten. Die Klage ist stets von demjenigen zu erheben, der Inhaber der geltend zu machenden Ansprüche ist. Bei Fahrzeugschäden ist dies allein der Eigentümer, was nicht nur bei Leasing- oder finanzierten Fahrzeugen gewissenhafter Prüfung bedarf.
b) Antrag auf Zahlung an Dritte bei gewillkürter Prozessstandschaft
aa) Übersicht
Rz. 30
Stellt sich im Laufe eines Prozesses heraus, dass der Mandant wegen einer Schadensposition nicht aktivlegitimiert ist, muss der Antrag auf Zahlung an den tatsächlich Anspruchsberechtigten umgestellt werden. Voraussetzung für eine Umstellung des Klageantrags auf Zahlung an den tatsächlich Anspruchsberechtigten ist, dass ein Fall der sog. gewillkürten Prozessstandschaft vorliegt. Dies setzt voraus, dass der Mandant ein eigenes rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der Geltendmachung des fremden Rechts hat. Die Rechtsprechung bejaht ein derartiges Interesse u.a. dann, wenn dem Kläger die eingeklagte Schadensersatzforderung letzten Endes zugutekommt, also ein Fall des Drittschadens vorliegt.
Zu beachten ist bei einer Umstellung des Antrags, dass ein Kostenrisiko droht, denn bei richtiger Betrachtung handelt es sich um eine teilweise Klagerücknahme, weil zuvor unbedingte Zahlung an den Kläger verlangte wurde und nun Zahlung an einen Dritten. Der Kläger erklärt also selbst, nicht – mehr – Inhaber des Anspruchs zu sein.
bb) Fall
Rz. 31
Der Mandant A beauftragt seinen Rechtsanwalt mit der Abwicklung eines Unfallschadens an "seinem" Kfz, das einen Totalschaden erlitten hat. Bei dem Unfallfahrzeug handelt es sich um ein geleastes Firmenfahrzeug, das im Eigentum des Leasinggebers L steht. A versäumt, seinen Anwalt hierüber zu informieren. Während des Klageverfahrens stellt sich heraus, dass nicht A, sondern der Leasinggeber L Eigentümer des Kraftfahrzeugs ist.
cc) Muster: Umstellung des Klageantrags bei Leasingfahrzeug
Rz. 32
Muster 11.9: Umstellung des Klageantrags bei Leasingfahrzeug
Muster 11.9: Umstellung des Klageantrags bei Leasingfahrzeug
Im Termin zur mündlichen Verhandlung werden wir nunmehr beantragen:
1. |
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, _________________________ EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Fa. _________________________ zur Leasingvertrags-Nr. _________________________ zu zahlen. |
2. |
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, _________________________ EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen. |
Begründung:
Der Kläger war bislang irrtümlich davon ausgegangen, er sei Eigentümer des Unfallfahrzeugs und insoweit anspruchsberechtigt. Wie sich nunmehr herausstellte, ist dies tatsächlich nicht der Fall. Eigentümerin des Fahrzeugs ist vielmehr die Leasingfirma _________________________. Zum Nachweis hierüber übersenden wir als
Anlage
für Gericht und Gegner eine Kopie des Leasingvertrags vom _________________________. Dem Leasinggeber steht als Eigentümer des Unfallfahrzeugs der Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens zu. Dieser Schaden ist Gegenstand des Klageantrags zu Ziffer 1. Insoweit handelt es sich um einen Fall der gewillkürten Prozessstandschaft. Der Leasinggeber ist mit der prozessualen Geltendmachung der Ansprüche durch den Kläger einverstanden. Wir verweisen hierzu auf die als
Anlage
in Kopie für Gericht und Gegner beigefügte Erklärung. Der Kläger hat ein schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung des fremden Rechts und ist zur Prozessstandschaft berechtigt (LG Köln, Urt. v. 18.3.2008 – 8 O 96/06 – juris). Der aus dem Fahrzeugschaden resultierende Ersatzanspruch führt im Rahmen der Abrechnung des Leasingvertrags zur Reduzierung des Ablösebetrags, der vom Kläger auszugleichen ist.
Hinsichtlich der Besitzansprüche (Nutzungsausfall etc.) ist der Kläger weiterhin aktivlegitimiert. Die Ansprüche sind Gegenstand des Klageanspruchs zu Ziff. 2.
(Rechtsanwalt)
dd) Hinweise
Rz. 33
Stellt sich während des Prozesses heraus, dass nicht der Kläger, sondern ein naher Angehöriger Inhaber der klageweise geltend gemachten Ansprüche ist, lässt sich dasselbe Ergebnis auf einfacherem Wege durch eine Abtretung erreichen. Hier ist jedoch § 410 BGB zu beachten und der Antrag auf Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe der Abtretungsurkunde im Original umzustellen. Auch hierin liegt eine teilweise Klagerücknahme mit entsprechender Kostenfolge. Der Kläger verlangt nicht mehr unbedingte Zahlung an sich, sondern Zug um Zug an einen Dritten.