Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 508
Anlass und Kernstück eines Poolvertrages ist regelmäßig die Vereinbarung einer Stimmrechtsbindung, um den Einfluss der poolgebundenen Familienmitglieder auf die Belange des Familienunternehmens zu stärken und eine Zersplitterung der Verwaltungsrechte zu vermeiden.
Da bei einem als Innengesellschaft gestalteten Pool die Poolmitglieder persönlich Inhaber der poolgebundenen Anteile an der Hauptgesellschaft bleiben, steht ihnen im Grundsatz auch die Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung der Hauptgesellschaft zu. Im Poolvertrag sind daher Regelungen darüber zu treffen, auf welche Weise die Poolmitglieder verpflichtet werden, das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der Hauptversammlung in bestimmter Weise auszuüben. I.d.R. geschieht dies durch eine Abstimmung in der Poolversammlung. Häufig sieht der Poolvertrag überdies vor, dass dem Poolvorsitzenden (bzw. dessen Vertreter) eine Vollmacht zu erteilen ist, das Stimmrecht für die einzelnen Poolmitglieder entsprechend des Beschlusses der Poolversammlung auszuüben. Hierdurch wird zugleich sichergestellt, dass auch bei Verhinderung eines Poolmitgliedes in der Gesellschafterversammlung der Hauptgesellschaft dessen Stimmrecht nicht unausgeübt bleibt.
Hinweis
Zu beachten ist, dass es zu Stimmrechtsverboten für den Poolvorsitzenden kommen kann, wenn die Hauptgesellschaft die Rechtsform einer AG oder GmbH hat und der Poolvorsitzende zugleich deren Geschäftsleitung innehat (§ 136 Abs. 1 AktG, § 47 Abs. 4 GmbHG).
a) Beschluss über das Stimmverhalten
Rz. 509
Im Poolvertrag sind eindeutige Regelungen darüber zu treffen, wie über das den Poolmitgliedern auferlegte Stimmverhalten Beschluss zu fassen ist, insb., ob die Abstimmung über das Stimmverhalten bzgl. bestimmter Beschlussgegenstände der Hauptgesellschaft einer besonderen Mehrheit in der Poolversammlung bedarf. So kann bei der Abstimmung über das Stimmverhalten bei Beschlüssen, die nach der Satzung der Hauptgesellschaft einer qualifizierten Mehrheit bedürfen, ebenfalls eine qualifizierte Mehrheit auf Poolebene vorausgesetzt werden. Zwingend ist dies aber im Grundsatz nicht.
Rz. 510
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Muster 11.10: Stimmbindung
(1) Die Poolmitglieder verpflichten sich, das Stimmrecht aus den poolgebundenen Geschäftsanteilen nur einheitlich auszuüben.
(2) Die Entscheidung, wie das Stimmrecht zu jedem Tagesordnungspunkt der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft auszuüben ist, obliegt der Beschlussfassung in der Poolversammlung. Der Beschluss der Poolversammlung über die Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschaft bedarf mindestens derselben Mehrheit, wie sie der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft für die betreffende Beschlusssache bestimmt.
b) Grenzen einer Stimmbindungsabrede
Rz. 511
Der Kern der Mitgliedschaft des Gesellschafters besteht darin, Einfluss auf die Gesellschaft nehmen zu können (Grundsatz der Selbstbestimmung der Gesellschafter). Dies wird vorrangig mit dem Stimmrecht realisiert. Der Gesellschafter kann daher sein Stimmrecht nicht gesondert übertragen oder abspalten (sog. Abspaltungsverbot). Die Zulässigkeit von Stimmbindungsverträgen zwischen Gesellschaftern ist hingegen inzwischen allgemein anerkannt. Die Freiheit des Gesellschafters wird von derartigen Abreden nicht berührt, da gerade die Möglichkeit für ihn besteht, selbst zu entscheiden, welchen Bindungen er sich unterwirft und welchen Einflüssen er bei der Entscheidung nachgibt.
Allerdings müssen die Grenzen derartiger Stimmrechtsbindungsvereinbarungen beachtet werden. Es kommen neben allgemeinen (§§ 134, 138 BGB) auch spezifische Grenzen aus dem GmbHG und dem AktG in Betracht.
aa) Allgemeine Grenzen
Rz. 512
Allgemeine Grenzen können sich aus dem BGB ergeben. So kann eine Stimmrechtsbindungsabrede im Einzelfall gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen. Dem Schrifttum zufolge ist ein Verstoß gegen die guten Sitten bei Knebelung der Gesellschaft oder der Poolmitglieder anzunehmen. Die Rspr. setzt indes hohe Maßstäbe für die Annahme einer Knebelung an.
Beispiel
So soll keine Sittenwidrigkeit vorliegen, wenn eine auf 10 Jahre angelegte Stimmrechtsbindung (mit Hinterlegung der Aktien bei einem Treuhänder) vereinbart worden ist.
Rz. 513
Auch entgeltliche Stimmrechtsbindungen können gegen § 138 BGB verstoßen. Im Gegensatz zum Recht der GmbH enthält das AktG in § 405 Abs. 3 Nr. 6 AktG eine Bestimmung, nach der der sog. Stimmenkauf ordnungswidrig und mithin nach § 134 BGB verboten ist.
Rz. 514
Für das Aktienrecht ist außerdem gesetzlich die Nichtigkeit von Verträgen festgelegt, durch die sich ein Aktionär verpflichtet, sein Stimmrecht nach Weisung der Gesellschaft bzw. ihrer Organe auszuüben (§ 136 Abs. 2 AktG). Ist das poolgebundene Organmitglied auch selbst Aktionär, dürfte § 136 Abs. 2 AktG allerdings nicht verletzt sein. Nicht endgültig geklärt ist, ob § 136 Abs. 2 AktG ...