Ralf Mangold, Walter Krug
Rz. 221
Die Fälle des vom Erblasser selbst angeordneten Ausschlusses der Auseinandersetzung sind von großer praktischer Bedeutung. Nach § 2044 Abs. 1 BGB kann der Erblasser die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände auf Dauer oder für einen bestimmten Zeitraum ausschließen. Möglich ist auch die Auseinandersetzung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist.
a) Rechtsnatur des Auseinandersetzungsausschlusses
Rz. 222
Sog. Teilungsverbote können rechtlich qualifiziert werden als
Rz. 223
Je nach Qualifikation sind die Rechtsfolgen ganz unterschiedlich: Nur als Auflage oder Vermächtnis kommt eine Bindung in einem Erbvertrag oder einem gemeinschaftlichen Testament in Betracht. Nur das Vermächtnis oder die bedingte Erbeinsetzung könnte ausgeschlagen werden. Der Wille des Erblassers ist notfalls durch Auslegung unter Zugrundelegung des Normzwecks zu ermitteln.
b) Keine Bindung für die Erben
Rz. 224
Die reine Anordnung des Erblassers nach § 2044 BGB wirkt nur schuldrechtlich. Für die Verfügungsbefugnis der Miterben über die Nachlassgegenstände bedeutet dies, dass ihre Verfügungsmacht nach § 2040 BGB nach außen nicht beschränkt ist, weil dem Gesetz ein dinglich wirkendes rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot nach § 137 BGB fremd ist.
Rz. 225
Die Erben können sich einvernehmlich über den Auseinandersetzungsausschluss des Erblassers hinwegsetzen und entgegen seiner Anordnung die sofortige Auseinandersetzung vornehmen.
Wollte der Erblasser eine solche Umgehung seines Willens verhindern, so müsste er Testamentsvollstreckung anordnen. Der TV ist an das Auseinandersetzungsverbot des Erblassers gebunden (§§ 2204, 2044 BGB). Aber selbst in diesem Fall könnten sich TV, alle Erben und die Vermächtnisnehmer bei entsprechender Einigung über das Verbot des Erblassers hinwegsetzen.
c) Grenzen des Auseinandersetzungsausschlusses
Rz. 226
Zeitliche Grenze: Nach § 2044 Abs. 2 BGB wird das Verbot nach Ablauf von 30 Jahren seit dem Erbfall wirkungslos (mit Ausnahmen in § 2044 Abs. 2 S. 2 BGB, wenn der Erblasser die Aufhebung des Ausschlusses vom Eintritt bestimmter Ereignisse abhängig macht).
Rz. 227
Tod eines Miterben: Eine zeitlich begrenzte Ausschlussanordnung tritt beim Tod eines Miterben außer Kraft (§§ 2044 Abs. 1 S. 2, 750 BGB), es sei denn, es wäre etwas anderes angeordnet (was natürlich auch durch Auslegung ermittelt werden kann).
Rz. 228
Gläubiger: Gegenüber Gläubigern der Erben ist das Auseinandersetzungsverbot bei Pfändung des Erbteils wirkungslos (§§ 2044 Abs. 1 S. 2, 751 S. 2 BGB), sobald der Erbteil aufgrund eines endgültig vollstreckbaren Titels gepfändet wurde.
Rz. 229
Das Auseinandersetzungsverbot ist auch wirkungslos in der Insolvenz des Miterben nach § 84 Abs. 2 InsO.
Rz. 230
Wichtiger Grund: Die Anordnung wird bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unwirksam (§§ 2044 Abs. 1 S. 2, 749 Abs. 2 BGB). Ein wichtiger Grund ist seit 1.1.1999 der Eintritt der Volljährigkeit eines minderjährigen Miterben (§ 1629a Abs. 4 BGB, siehe dazu Rdn 232 ff.). In der Rechtsprechung wird zu klären sein, ob § 314 BGB über das Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen auch auf die Erbengemeinschaft anzuwenden ist.
Rz. 231
Grenzen durch Pflichtteilsrecht in den bis 31.12.2009 eingetretenen Erbfällen: Beträgt der einem pflichtteilsberechtigten Miterben hinterlassene Erbteil die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils oder weniger, so gilt – nach altem Recht vor der Erbrechtsreform – eine getroffene Teilungsanordnung gegenüber dem betreffenden Pflichtteilsberechtigten gem. § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. nicht. Pflichtteilsberechtigte Miterben, deren Erbteil höher als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ist, konnten bei bestehender Teilungsanordnung die Erbschaft ausschlagen und den Pflichtteil verlangen und sich auf diese Weise der Teilungsanordnung entledigen (§ 2306 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.). Zur "taktischen Ausschlagung" siehe § 10 Rdn 392 ff.
d) Außerordentliches Auseinandersetzungsverlangen nach dem Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz
Rz. 232
§ 1629a BGB stellt die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die gesetzliche Vertretung minderjähriger Kinder durch ihre Eltern wieder her, nachdem das BVerfG die §§ 1629, 1643 Abs. 1 BGB teilweise für verfassungswidrig erklärt hatte.
Rz. 233
Die Interessen von Gläubigern und des Rechtsverkehrs werden durch die Schaffung zweier Vermutungstatbestände gewahrt (§ 1629a Abs. 4 BGB) und durch die Einführung eines außerordentlichen Kündigungsrechts des Kindes, mit dem es seine Mitgliedschaft in einer Gesamthandsgemeinschaft (hier: Erbengemeinschaft) bzw. Personengesellschaft beenden kann.
Rz. 234
Nach § 1629a Abs. 1 BGB hat das volljährig gewordene Kind die Mögl...