Rz. 21
Versichert ist nach Ziff. 1.1 des Produkthaftpflicht-Modells die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers für Personen-, Sach- und daraus entstandene weitere Schäden, soweit diese durch vom Versicherungsnehmer hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, erbrachte Arbeiten oder sonstige Leistungen verursacht wurden. Der Versicherungsschutz beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Versicherungsnehmer die Erzeugnisse in den Verkehr gebracht, die Arbeiten abgeschlossen oder die Leistungen ausgeführt hat. Zusätzlich eingeschlossen sind – gemäß Ziff. 1.2 abweichend von Ziff. 7.7 AHB – gesetzliche Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen entstanden sind und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. Dieser Versicherungsschutz besteht aber nur, sofern die Schäden nach Abschluss der Arbeiten oder Ausführung der sonstigen Leistung eingetreten sind. In den Modellbedingungen des GDV ab 2015 ist es bei der Abgrenzung und bei der Regulierung von Sach- und Vermögensschäden zu einer Reihe von Neuerungen gekommen, der Großteil der im Umlauf befindlichen Versicherungsbedingungen beruht jedoch noch auf der vorherigen Version der Musterbedingungen.
1. Verhältnis der Modell-Bedingungen zu den AHB
Rz. 22
In der Präambel zu Ziff. 1 des Produkthaftpflicht-Modells heißt es, dass sich der Versicherungsschutz für Produkthaftpflichtrisiken von Industrie- und Handelsbetrieben nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (also den AHB) und den folgenden Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen ergibt. Bedingt durch die bereits im Modell von 2002 konkreter als bei vorherigen Modellen formulierte Präambel ist der Streit im Hinblick auf das Verhältnis der Modellbedingungen zu den AHB obsolet. Auf Grund des Wortlautes und des Sinn und Zwecks der Präambel steht damit heute fest, dass die "Besonderen Bedingungen" den Bestimmungen der AHB – soweit denn Regelungen in den "Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen" des Modells enthalten sind – den AHB vorgehen. Fehlt eine entsprechende Regelung in den "Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen des Modells", gelten ergänzend die AHB-Regelungen: Die AHB haben damit eine Auffangfunktion im Rahmen der Produkthaftpflichtversicherung.
2. Gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers
a) Gesetzliche Haftpflichtbestimmungen
Rz. 23
Nach Ziff. 1.1 ist die "gesetzliche Haftpflicht" des Versicherungsnehmers für Personen-, Sach- und daraus entstandene weitere Schäden abgedeckt.
Eine Legaldefinition, was unter dem Begriff der "gesetzlichen Haftpflicht" zu verstehen ist, findet sich im Produkthaftpflicht-Modell nicht. Bedingt durch die Präambel kann jedoch auf die allgemeine Regelung in Ziff. 1.1 AHB zurückgegriffen werden. Dort wird aber der Begriff der "gesetzlichen Haftpflichtbestimmung" ebenfalls nur erwähnt und ebenso wenig wie im VVG "gesetzlich definiert". Zu Ziff. 1.1 AHB wurde (auch schon in den vorherigen Fassungen) die Auffassung vertreten, dass unter den dort geregelten Haftpflichtansprüchen nur Schadensersatzansprüche erfasst sein sollen. Unter die "gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen" privatrechtlichen Inhalts lassen sich daher alle vertraglichen oder vertragsähnlichen, die deliktischen und quasideliktischen sowie sonstigen Ansprüche fassen, die den Ausgleich eines Schadens gewährleisten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die gesetzlichen Ansprüche beispielsweise "Verschulden" voraussetzen, so dass auch sog. Gefährdungshaftungstatbestände (z.B. § 1 ProdHaftG oder § 84 AMG) vom Produkthaftpflichtmodell erfasst sind. In den Anwendungsbereich fallen damit die §§ 280 ff., 311 Abs. 2 BGB (früher: ungeregelt als "culpa in contrahendo"), ebenso wie die Schadensersatzansprüche aus Vertrag, also Ansprüche nach den §§ 437 Nr. 3, 634 Nr. 4 BGB – wenn auch mit zahlreichen Ausschlusstatbeständen (vgl. Ziff. 7 AHB). Von Bedeutung im Zusammenhang mit der Produkthaftung ist es, darauf hinzuweisen, dass auch Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 und 2 BGB vom Begriff der gesetzlichen Haftpflicht erfasst sind, ferner auch Ansprüche aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG als Schadensersatzansprü...