Dr. iur. Pierre Plottek, Dr. Christopher Riedel
Rz. 85
Familienstiftungen sind selten steuerlich attraktiv, denn sie können wegen ihrer Ausrichtung "im Wesentlichen im Interesse einer oder mehrere Familien" nicht dem Wohl der Allgemeinheit dienen bzw. gemeinnützig sein. Nichtsdestotrotz ist – jedenfalls zeitlich begrenzt – auch das Modell einer "gemeinnützigen Familienstiftung" denkbar. Hierbei handelt es sich im Grunde genommen um eine gemeinnützige Stiftung, die ausschließlich gemeinnützige, mildtätige bzw. kirchliche Zwecke verfolgt.
Rz. 86
Gemäß § 58 Nr. 6 AO (bis 31.12.2013 § 58 Nr. 5 AO) darf auch eine gemeinnützige Stiftung bis zu einem Drittel ihres Einkommens dazu verwenden, den Stifter und seine nächsten Angehörigen in angemessener Weise zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren. Der Maximalbetrag von einem Drittel des Einkommens stellt eine starre Grenze dar, die zwingend einzuhalten ist. Darüber hinaus müssen die Aufwendungen zugunsten der Begünstigten aber auch angemessen sein, wobei der Lebensstandard des Zuwendungsempfängers den entscheidenden Maßstab bildet. In diesem Zusammenhang kann sich allerdings auch die weitergehende Frage stellen, ob und inwieweit der angemessen Lebensunterhalt der Destinatäre bereits aus deren Einkünften bestritten werden kann. Vor dem Hintergrund der diesbezüglich bestehenden Unsicherheiten sollte auf jeden Fall im Vorfeld versucht werden, bezüglich der Frage der Angemessenheit mit der Finanzverwaltung eine gemeinsame Sichtweise abzustimmen.
Rz. 87
Mögliche Zuwendungsempfänger sind nach § 58 Nr. 6 AO die "nächsten Angehörigen" des Stifters. Klar ist insoweit, dass dieser Personenkreis deutlich enger zu fassen ist, als der der Angehörigen i.S.v. § 15 AO. Als nächste Angehörige in diesem Sinne gelten lediglich Ehegatten, Eltern, Großeltern, Kinder einschl. adoptierter Kinder, Enkelkinder einschl. adoptierter Enkelkinder, Pflegeeltern, Pflegekinder sowie die Geschwister des Stifters. Weiter entfernte Verwandte oder auch Abkömmlinge von Enkeln sind grundsätzlich ausgeschlossen. Wird die Stiftung von mehreren Personen errichtet, können die nächsten Angehörigen (i.S.v. § 58 AO) eines jeden Stifters in dieser Weise gemeinnützigkeitsunschädlich versorgt werden.
Rz. 88
Die Möglichkeit, die Stifterfamilie mit Hilfe von Erträgen der gemeinnützigen Stiftung zu versorgen, entfällt spätestens mit dem Ableben des längstlebenden "nächsten Angehörigen" des Stifters. Vor diesem Hintergrund handelt es sich – bei allen praktischen Schwierigkeiten gerade in Hinblick auf die Abgrenzung des angemessenen Unterhalts – von vornherein um ein zeitlich befristetes Modell.
Im Übrigen sind sämtliche Zuwendungen an die nächsten Angehörigen des Stifters bei diesen nach § 22 Nr. 1 S. 2 Hs. 3 lit. a EStG voll einkommensteuerpflichtig.
Grafik: Gemeinnützige Familienstiftung auf Zeit