Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 25
Das Gesetz unterscheidet 3 Bewertungsformen, die in einer Stufenfolge zueinander stehen:
a) Unmittelbare Bewertung, § 39 VersAusglG
Rz. 26
Eine unmittelbare Bewertung erfolgt, wenn die Höhe der Versorgung
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von der Summe der erworbenen Entgeltpunkte oder vergleichbarer Rechengrößen, |
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von der Höhe des Deckungskapitals, |
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von der Summe der entrichteten Beiträge oder |
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von der Dauer der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem abhängt, die maßgebende Bezugsgröße also unmittelbaren Zeitabschnitten zugeordnet ist. |
Rz. 27
Der Wert des Ehezeitanteils entspricht dann dem Umfang der auf die Ehezeit entfallenden Bezugsgröße.
b) Zeitratierliche Bewertung, § 40 VersAusglG
Rz. 28
Bei Anrechten, die nicht unmittelbar zu bewerten sind, ist der Wert des Ehezeitanteils auf der Grundlage eines Zeit-Zeit-Verhältnisses zu berechnen. Der zeitratierlichen Bewertung unterliegen vor allem Anrechte, bei denen die Höhe der Versorgung vom Entgelt abhängt, das bei Eintritt des Versorgungsfalls gezahlt wird. Dazu gehören die Beamtenpensionen und Anrechte aus anderen öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnissen (§ 44 VersAusglG). Familienbezogene Bestandteile, die der Versorgungsempfänger nur aufgrund einer bestehenden Ehe oder für Kinder erhält, bleiben bei der Bewertung unberücksichtigt.
c) Bewertung von Betriebsrenten, § 45 VersAusglG
Rz. 29
Für Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes bestimmt § 45 VersAusglG, dass der Wert des Anrechts als Rentenbetrag nach § 2 BetrAVG (Höhe der unverfallbaren Anwartschaft) oder der Kapitalwert nach § 4 Abs. 5 BetrAVG (Übertragungswert) maßgeblich ist.
d) Bewertung privater Lebensversicherungen
Rz. 30
Anrechte aus privaten Lebensversicherungen sind nach den Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes zu bewerten (§ 46 VersAusglG). Maßgebend ist der nach § 169 Abs. 3 VVG auf der Grundlage des Deckungskapitals zu ermittelnde, ehezeitliche Rückkaufswert; Stornokosten sind nicht abzuziehen.
Rz. 31
Für fondsgebundene Versicherungen, bei denen kein Deckungskapital im eigentlichen Sinne gebildet wird, ist nach § 169 Abs. 4 VVG der Zeitwert zum Ende der Ehezeit maßgebend. Dem Ausgleichsberechtigten steht neben der Hälfte der ehezeitlichen Garantieleistung auch der entsprechende Anteil an den in der Ehezeit angefallenen Überschüssen (§ 169 Abs. 7 VVG) zu.
Rz. 32
Verträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG (sog. "Rürup-Rente"), für die kein Rückkaufswert bestimmt werden kann, sind nach § 39 VersAusglG unmittelbar zu bewerten.
e) Bewertung nach Billigkeit (§ 42 VersAusglG)
Rz. 33
Führt weder die unmittelbare Bewertung noch die zeitratierliche Bewertung zu einem angemessenen, dem Halbteilungsgrundsatz entsprechenden Ergebnis, so ist der Wert gemäß § 42 VersAusglG nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung versicherungsmathematischer Grundsätze zu ermitteln.
f) Korrespondierender Kapitalwert
Rz. 34
Der Versorgungsträger muss dem Gericht – wenn es sich dabei nicht um einen Kapitalbetrag handelt – auch den korrespondierenden Kapitalwert nach § 47 VersAusglG mitteilen, der dem Betrag entspricht, der zum Ende der Ehezeit aufzubringen wäre, um beim Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts zu begründen. Praktisch handelt es sich dabei um den "Einkaufspreis" des betreffenden Anrechts. Der korrespondierende Kapitalwert ermöglicht es, verschiedene Anrechte mit unterschiedlichen Bezugsgrößen zu vergleichen.
Rz. 35
Praxistipp:
Ein solcher Wertvergleich kann in folgenden Fällen erforderlich werden:
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zur "Preisgestaltung" bei Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich, |
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wenn Vereinbarungen der Ehegatten einer Inhalts- und Ausübungskontrolle nach § 8 VersAusglG zu unterziehen sind, |
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für die Anwendung der Bagatellregelung des § 18 VersAusglG, |
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für die Prüfung von Härtefällen nach § 27 VersAusglG, bei denen es auf eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung der Versorgungssituation ankommt. |