Dr. iur. Wolfram Viefhues
a) Rechtsvernichtende Einwendung
Rz. 229
Die Vorschrift beinhaltet eine rechtvernichtende Einwendung, keine Einrede. Im gerichtlichen Verfahren muss also nicht ausdrücklich die Befristung geltend gemacht werden. Vielmehr hat das Gericht diese Einwendung von Amts wegen zu beachten.
Rz. 230
Im gerichtlichen Verfahren bedarf es daher auch keines ausdrücklichen Antrages, da eine zeitliche Begrenzung als Minus im Abweisungsantrag enthalten ist. Es genügt, wenn die entsprechenden Tatsachen bekannt oder (streitig) vorgebracht werden. Die Rechtsfolgen sind vielmehr von Amts wegen zu beachten. Deshalb ist der Unterhaltspflichtige mit dem Befristungseinwand in der Beschwerdeinstanz selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er diesen erstinstanzlich nicht erhoben hat.
Rz. 231
Achtung: Fehlerquelle!
Dies birgt für den beratenden Anwalt enorme Risiken!
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Gerade bei einer von Amts wegen zu beachtenden Einwendung ist der erforderliche Sachvortrag unverzichtbar! Denn ohne entsprechende Sachverhaltsangaben wird das Gericht keine Veranlassung sehen, die Frage der Befristung aufzugreifen. |
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Der Prozessbevollmächtigte des Unterhaltspflichtigen ist im Hinblick auf einen möglichen Regress zudem gut beraten, durch einen entsprechenden Hilfsantrag im Prozess dem Problem der Befristung die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen. |
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Wird – abweichend vom Antrag – nur befristeter Unterhalt zugesprochen, ist auch der Unterhaltsberechtigte beschwert. |
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Bei fehlendem Sachvortrag zur Befristung besteht das Risiko einer Anwaltshaftung. |
b) Geltendmachung im Erstverfahren, nicht erst im Abänderungsverfahren
Rz. 232
Die verfahrensrechtliche Brisanz der Regelungen besteht darin, dass die Frage einer Befristung regelmäßig bereits im ersten gerichtlichen Unterhaltsverfahren entschieden werden muss. Denn die Begrenzung setzt nicht voraus, dass der Zeitpunkt bereits erreicht sein muss, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt. Soweit die dafür maßgeblichen Umstände bereits eingetreten oder zuverlässig vorhersehbar sind, ist die Entscheidung bereits im Ausgangsverfahren zu treffen und kann nicht einem späteren Abänderungsverfahren vorbehalten bleiben.
Rz. 233
Die verfahrensrechtliche Brisanz der Norm besteht darin, dass die Frage einer Befristung regelmäßig bereits im ersten gerichtlichen Unterhaltsverfahren entschieden werden muss. Denn die Begrenzung setzt nicht voraus, dass der Zeitpunkt bereits erreicht sein muss, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt. Soweit die dafür maßgeblichen Umstände bereits eingetreten oder zuverlässig vorhersehbar sind, ist die Entscheidung bereits im Ausgangsverfahren zu treffen und kann nicht einem späteren Abänderungsverfahren vorbehalten bleiben (sog. Präklusionsfalle bei § 1578b BGB).
Rz. 234
Praxistipp:
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Wird diese Chance einer Befristung also im Erstverfahren verpasst, kann die zeitliche Begrenzung des Unterhalts aus Gründen der Billigkeit folglich nicht später in einem Abänderungsverfahren nach § 238 FamFG durchgesetzt werden (Präklusion). |
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Ein Abänderungsantrag ist bei gleich gebliebenem Sachverhalt unzulässig. |
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Die Möglichkeit einer Befristung oder Begrenzung ist damit endgültig verloren! |
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Bei Titel aus der Zeit vor dem 1.1.2008 (Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts) sind die Besonderheiten des Übergangsrechts zu beachten. |
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gründe schon Gegenstand der richterlichen Beurteilung im Erstverfahren geworden sind, das Gericht also tatsächlich etwas zu dieser Frage in im Beschluss ausgeführt hat. Entscheidend ist, dass diese Prognose schon damals hätte getroffen werden können.
BGH v. 4.7.2018 – XII ZB 448/17
Zitat
Auch wenn eine abschließende Entscheidung über die Folgen des § 1578b BGB noch nicht möglich ist, darf eine Entscheidung darüber nicht vollständig zurückgestellt werden. Vielmehr muss das Gericht insoweit entscheiden, als eine Entscheidung aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist. Das gilt insbesondere für eine bereits mögliche Entscheidung über die Herabsetzung nach § 1578b Abs. 1 BGB.
BGH v. 6.9.2007 – XII ZR 15/05:
Zitat
Die Begrenzung des Aufstockungsunterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1573 Abs. 5 BGB setzt nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Entscheidung über eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalt...