Rz. 40
Da die Gutachtenanordnung nach h.M. als behördliche Verfahrenshandlung i.S.d. § 44a VwGO nicht justiziabel ist, trägt der Betroffene damit das Risiko der richtigen Einschätzung der Rechtmäßigkeit/Rechtswidrigkeit der Gutachtenanordnung. An die Begründung der Eignungszweifel sind daher strenge Anforderungen zu stellen, da dem Betroffenen – mit Blick auf die in § 11 Abs. 8 FeV vorgesehenen rechtlichen Konsequenzen – die Möglichkeit gegeben werden muss, sich frühzeitig Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Anordnung rechtmäßig ist. Damit spielt aber zumindest die zwingend notwendige behördliche Begründung zur Anordnung der Begutachtung (§ 11 Abs. 6 FeV) eine ganz entscheidende Rolle. Erforderlich ist eine substantiierte Darlegung unter Angabe der Tatsachen, auf denen die Eignungszweifel beruhen. Die Beibringung eines Gutachtens darf nur aufgrund konkreter Tatsachen und nicht auf einen bloßen Verdacht hin "ins Blaue hinein" verlangt werden. Ob ausreichende Tatsachen vorliegen, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.
Rz. 41
Allein auf der Grundlage der Begründung muss der Betroffene nämlich einschätzen können, ob er sich trotz des Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht, der mit einer solchen Untersuchung unstreitig verbunden ist, sowie der mit ihr einhergehenden Kosten der Begutachtung stellen will oder ob er die Risiken eingeht, die mit einer Verweigerung der Untersuchung verbunden sind. Deswegen ist es auch ausgeschlossen, eine unzureichende Begründung später nachzubessern. Gibt die Behörde zur Begründung der Gutachtenanordnung eine Rechtsgrundlage an, so muss diese auch zutreffen. Wird eine falsche Rechtsgrundlage angegeben, kann die streitgegenständliche Gutachtenaufforderung im Lauf des Verfahrens nicht von der Behörde oder dem Gericht auf eine andere, eigentlich zutreffende Rechtsgrundlage gestützt werden. In diesem Fall kann bei Nichtbeibringung des Gutachtens nicht auf fehlende Fahreignung geschlossen werden.
Rz. 42
In jedem Fall hat die Fahrerlaubnisbehörde die konkretisierende Fragestellung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls festzulegen und dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Eignungszweifel mitzuteilen. Eine etwa bloße sinngemäße Wiedergabe der Tatbestandsvoraussetzungen der Befugnisnorm genügt grundsätzlich nicht. Sodann ist auf der Rechtsfolgenseite ein hinreichender innerer Zusammenhang zwischen dem für die Eignungszweifel Anlass gebenden Ausgangssachverhalt und dem in der Gutachtensanordnung festgelegten Prüfprogramm zu fordern.
Rz. 43
Die scharfe Sanktion des § 11 Abs. 8 S. 1 FeV setzt grundsätzlich eine vollständig rechtmäßige Gutachtensanordnung voraus. Die Begutachtungsanordnung muss im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein. Unklarheiten gehen zulasten der Verwaltung. Auch bei der Mitteilung der konkreten Fragestellung der Begutachtung gilt der Grundsatz, dass Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen. Auch hier ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Geben die Anknüpfungstatsachen für eine Gutachtensanordnung nur Anlass zu Zweifeln an der charakterlichen Eignung, ist eine Fragestellung unverhältnismäßig, die darüber hinaus auch die Erfüllung der körperlichen und geistigen Anforderungen für das Führen von Kraftfahrzeugen als Gegenstand der Begutachtung festlegt.
Besteht die Fragestellung in einer Gutachtensanordnung aus mehreren sich inhaltlich überschneidenden Teilen, so infiziert die Unrechtmäßigkeit eines Teils regelmäßig die Fragestellung insgesamt. Es ist nämlich nicht Aufgabe des Betroffenen, insoweit zu differenzieren und den Gutachter zu einer entsprechend abschichtenden Untersuchung zu veranlassen. Es kann ihm nicht zugemutet werden, selbst entsprechende rechtliche Differenzierungen vorzunehmen und letztlich klüger und präziser sein zu müssen als die Fachbehörde.