Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Typischer Sachverhalt
Rz. 311
Die Eheleute F und M leben getrennt. Ihre Kinder sind volljährig und nicht mehr unterhaltsbedürftig. Beide Eheleute sind ganztags erwerbstätig, wobei F monatsdurchschnittlich 1.300 EUR verdient und M 2.400 EUR.
b) Rechtliche Grundlagen
Rz. 312
Allein die Tatsache, dass ein Ehegatte weniger verdient als der andere, kann einen Unterhaltsanspruch (Aufstockungsunterhalt) begründen. Das gilt jedenfalls, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte zumutbar kein höheres Einkommen erzielen kann.
Im Regelfall ist beim Trennungsunterhalt unzumutbar
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die Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit unmittelbar nach der Trennung; |
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die Aufgabe einer sicheren Arbeitsstelle mit geringerem Einkommen zugunsten einer unsicheren Arbeitsstelle mit höherem Einkommen; |
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ein Berufswechsel und/oder ein Wechsel des Wohnorts. |
Je enger die wirtschaftlichen Verhältnisse sind, etwa wegen hoher unterhaltsrelevanter Kreditbelastungen, umso eher ist es dem Gläubiger allerdings zuzumuten, auch schon nach kurzer Trennungszeit, ggf. unmittelbar nach der Trennung, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auch den Beruf oder den Wohnort zu wechseln; die gleichen Forderungen werden in einer solchen Situation schließlich auch an den Schuldner gestellt.
Rz. 313
Hat der Gläubiger kein oder nur geringes Einkommen, weil er keine qualifizierte Ausbildung hat, so kann von ihm erwartet werden, dass er eine Ausbildung aufnimmt oder sich zumindest fortbildet. Die damit verbundenen zusätzlichen Kosten hat der Schuldner zu tragen; sie werden bei der Unterhaltsberechnung vorweg von seinem Einkommen – in der Regel über einen der Ausbildungszeit entsprechenden Zeitraum – abgezogen.
Hat der Gläubiger kein oder nur geringes Einkommen, obwohl er in zumutbarer Weise Einkommen haben oder mehr verdienen könnte, so muss er sich bei der Unterhaltsberechnung ein fiktives Einkommen in Höhe desjenigen Betrages entgegenhalten lassen, den er verdienen könnte. Ein fiktives Einkommen kann jedoch nur angesetzt werden, wenn für den Gläubiger auch eine reale Beschäftigungschance besteht.
c) Checkliste: Unterhalt wegen fehlenden oder nur geringen Einkommens
Rz. 314
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Bemühungen des Gläubigers um eine Erwerbstätigkeit
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Welche Bemühungen hat der Gläubiger unternommen, eine Arbeitsstelle zu finden oder seine Erwerbstätigkeit auszuweiten? |
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Wie sind diese Bemühungen nachzuweisen? |
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d) Außergerichtliches Vorgehen
aa) Muster: Das Einkommen des Schuldners ist bekannt
Rz. 315
Muster 15.45: Trennungsunterhalt wg. fehlenden/geringen Einkommens, außergerichtlich (Einkommen des Schuldners ist bekannt)
Muster 15.45: Trennungsunterhalt wg. fehlenden/geringen Einkommens, außergerichtlich (Einkommen des Schuldners ist bekannt)
Sehr geehrter Herr _____,
Ihre Ehefrau wird von uns vertreten. Sie hat uns beauftragt, ihren Unterhaltsanspruch gegen Sie geltend zu machen.
Der Unterhaltsanspruch unserer Mandantin ergibt sich aus § 1361 BGB. Denn unsere Mandantin verdient deutlich weniger als Sie, nämlich im Durchschnitt monatlich _____ EUR, wie Sie aus den anliegenden Verdienstabrechnungen entnehmen können. Da sie ohnehin ganztags tätig ist, kann sie auch kein höheres Einkommen haben. Abgesehen davon, dass sie bei einem anderen Arbeitgeber im Zweifel nicht mehr verdienen würde, ist es ihr jedenfalls nicht zumutbar, ihren jetzigen sicheren Arbeitsplatz aufzugeben.
(Wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte keinerlei Einkommen hat, ist folgendermaßen zu formulieren:)
Denn sie hat kein eigenes Einkommen. Zurzeit muss sie auch noch keine Erwerbstätigkeit aufnehmen, da die Trennung erst vor kurzer Zeit erfolgt ist. Selbstverständlich wird sich unsere Mandantin um Arbeitseinkommen bemühen. Wir weisen allerdings schon jetzt darauf hin, dass die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für sie schlecht sind. _____ (Begründung einfügen, z.B. Alter, Zeitraum seit...