Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Typischer Sachverhalt
Rz. 526
F und M sind seit drei Jahren nach kinderloser Ehe rechtskräftig geschieden. Bei der Scheidung hatte F wegen Krankheit kein Einkommen, während M im Monatsdurchschnitt 2.100 EUR netto verdiente. Auf Antrag der F war im Scheidungsverfahren eine einstweilige Anordnung ergangen, wonach M monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 900 EUR (3/7 von 2.100 EUR) zu zahlen hatte.
F ist inzwischen genesen. Aus einer wieder ausgeübten Ganztagstätigkeit verdient sie im Monatsdurchschnitt 1.500 EUR. Sie lebt im Übrigen seit der Scheidung mit einem anderen Mann ständig in einem eheähnlichen Verhältnis zusammen. Das Einkommen des M hat sich nicht wesentlich verändert.
M möchte keinen Unterhalt mehr an F zahlen und erstrebt deswegen einen Wegfall der einstweiligen Anordnung.
b) Rechtliche Grundlagen
Rz. 527
Eine Endentscheidung über den Trennungsunterhalt wird mit Rechtskraft der Scheidung gegenstandslos, ebenso jeder andere Unterhaltstitel und jede Unterhaltsvereinbarung, allerdings mit einer Ausnahme: Die im Scheidungsverfahren erlassene einstweilige Anordnung gilt über die Scheidung hinaus, obwohl sie nach einer nur summarischen Prüfung erlassen wird und es gegen sie kein Rechtsmittel gibt; gemäß §§ 119, 56 FamFG wird sie erst "beim Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung" gegenstandslos.
aa) Keine zeitlichen Einschränkungen
Rz. 528
Die Abänderung einer im Scheidungsverfahren ergangenen einstweiligen Anordnung kann gemäß §§ 119, 54 FamFG nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Scheidungsverfahrens beantragt werden. Die einstweilige Anordnung kann auch nicht gemäß § 238 FamFG abgeändert werden. Damit bleibt für den Schuldner nach Beendigung des Scheidungsverfahrens nur der negative Feststellungsantrag gegen die einstweilige Anordnung. Dieser Feststellungsantrag kann sowohl für die Zukunft als auch für die Vergangenheit (ohne zeitliche Begrenzung) gestellt werden; er ist also nicht etwa nur – entsprechend § 1613 BGB und § 238 Abs. 3 S. 3 FamFG – für die Zeit zulässig, seit der Gläubiger aufgefordert worden ist, auf seine Rechte aus der einstweiligen Anordnung zu verzichten.
bb) Nicht bei einstweiliger Anordnung im isolierten Unterhaltsverfahren
Rz. 529
Ist im Rahmen eines isolierten Unterhaltsverfahrens eine einstweilige Anordnung gemäß §§ 119, 49 ff. FamFG erlassen worden, so ist ein dagegen gestellter negativer Feststellungsantrag unzulässig. Denn hier ist ein Hauptsacheverfahren anhängig; eine Entscheidung in diesem Hauptsacheverfahren stellt eine anderweitige Regelung i.S.d. §§ 119, 56 FamFG. Für einen negativen Feststellungsantrag fehlt deshalb das Rechtsschutzbedürfnis.
Ist eine isolierte einstweilige Anordnung außerhalb eines Hauptsacheverfahrens erlassen worden, kann der Schuldner gemäß § 52 Abs. 2 FamFG beantragen, dass dem Gläubiger eine Frist gesetzt wird, binnen der ein Hauptsacheantrag zu stellen ist; nach fruchtlosem Fristablauf ist die einstweilige Anordnung aufzuheben. Dennoch dürfte ein negativer Feststellungsantrag daneben zulässig sein, insbesondere, wenn das Gericht eine lange Frist (längstens drei Monate) für den Hauptsacheantrag setzt; denn nur der negative Feststellungsantrag ermöglicht es dem Unterhaltsschuldner, die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu beantragen.
cc) Weiter einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, aber kein Rückforderungsantrag mehr
Rz. 530
Beachten!
Obwohl die einstweilige Anordnung keinen Rechtsgrund i.S.d. § 812 BGB darstellt, ist dringend zu empfehlen, mit dem negativen Feststellungsantrag einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 242 FamFG, § 769 ZPO (die antragsbegründenden Tatsachen sind gemäß § 31 FamFG glaubhaft zu machen!) zu verbinden; so kann es dem Schuldner jedenfalls in eindeutigen Verfahren erspart werden, zunächst weiter in der vollen titulierten Höhe zahlen zu müssen.
Das Risiko, dass der Schuldner bis zum rechtskräftigen Abschluss des Abänderungsverfahrens den titulierten Unterhalt zahlen muss und sich der Gläubiger später gegenüber dem Rückzahlungsverlangen auf Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen kann, besteht aber nicht mehr. Denn auch der Unterhaltsschuldner kann jetzt die rückwirkende Abänderung einer gerichtlichen Unterhalts-Endentscheidung erreichen; da gemäß § 241 FamFG Rechtshängigkeit i.S.d. § 818 Abs. 4 BGB schon mit Zustellung jedes Änderungsantrags eintritt, mit dem eine Herabsetzung begehrt wird, kann sich der Gläubiger nicht mehr auf Entreicherung berufen. Das wird man, falls hier Bereicherungsrecht ...