Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
(1) Modifizierende Vereinbarung
Rz. 574
Im Rahmen einer Unterhaltsvereinbarung ist zu klären, ob die Beteiligten die gesetzlichen Regelungen zum nachehelichen Unterhaltsanspruch lediglich modifizieren wollen oder ob sie eine eigene vertragliche Grundlage für Zahlungen unabhängig von gesetzlichen Regeln zum nachehelichen Unterhalt treffen wollen, also eine novierende Vereinbarung schließen wollen, wie dies im Fall des § 1585 Abs. 2 BGB geschieht.
Ehegatten können natürlich den nachehelichen Unterhalt im Rahmen einer Vereinbarung nach § 1585c BGB auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften der §§ 1569 ff. BGB ausgestalten und modifizieren.
Unterhaltsverstärkende Vereinbarungen wären z.B.:
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Vereinbarung eines Altersphasenmodells, z.B. 0–8–15-Modell, |
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Ansteigender Unterhaltsbetrag bei längerer Ehedauer, |
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lebenslängliche Unterhaltsvereinbarung, |
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der unbefristete Festbetrag. |
Möglich ist aber auch die Vereinbarung eines (teilweisen) Unterhaltsverzichts:
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vollständiger Unterhaltsverzicht, |
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Verzicht und Abfindung, |
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Begrenzung auf einen Höchstbetrag, |
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zeitliche Befristung. |
Dabei behält der nacheheliche Unterhaltsanspruch seinen gesetzlichen Charakter bei. Dies gilt auch, wenn die Vereinbarungen einen Abänderungsausschluss oder Einschränkungen der Abänderungsmöglichkeit nach § 239 FamFG enthalten. Die Rechtsnatur des Unterhaltsanspruchs wird dadurch nicht geändert.
Rz. 575
Bei einer Vereinbarung über den nachehelichen Unterhaltsanspruch ist deshalb in der Regel davon auszugehen, dass die Eheleute eine modifizierende Vereinbarung treffen wollen. Dies sollte zu Beginn der Vereinbarung klargestellt werden wie folgt:
Formulierung modifizierende Vereinbarung
"In Ausgestaltung und Modifizierung des gesetzlichen nachehelichen Unterhaltsrechts treffen wir folgende Unterhaltsvereinbarung:"
(2) Novierende Vereinbarung
Rz. 576
Allerdings steht es Ehegatten auch frei, den nachehelichen Unterhalt trotz gegebenem gesetzlichem Unterhaltsanspruch unabhängig von den gesetzlichen Regelungen der §§ 1569 ff. BGB auf eine eigene vertragliche Grundlage zu stellen (novierende Vereinbarung). Eine solche vertragliche Vereinbarung kann aber nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte angenommen werden, wenn beispielsweise ein anderer Regelungsgrund oder ein den Einkommensverhältnissen nicht entsprechender (hoher) Unterhalt festgelegt wird.
Soll tatsächlich – ausnahmsweise – ein rein vertraglicher Anspruch begründet werden, ist dies unbedingt in der Urkunde aufzunehmen, da die Folgen erheblich sein können. So erlischt beispielsweise ein ausschließlich vertraglich begründeter Unterhalt bei einer Wiederheirat des Berechtigten nicht, eine ganz erhebliche Haftungsfalle für den beratenden Anwalt.
Rz. 577
Vorteile einer novierenden Unterhaltsvereinbarung:
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Der Berechtigte erhält eine Sicherheit, für die vereinbarte Dauer (etwa einer Leibrente) den vereinbarten Betrag zu erhalten. |
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Der Verpflichtete ist sicher, beispielsweise lediglich eine zeitlich befristete Hilfe zum Übergang zu leisten. |
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Für beide Beteiligten kann vorteilhaft sein, dass die Unterhaltsvereinbarung eine Gegenleistung für ein Entgegenkommen des Ehegatten beim Zugewinnausgleich oder Versorgungsausgleich darstellt und sodann unter Vermeidung des Abzugsverbots des § 12 Abs. 2 EStG als entgeltliche Verpflichtung steuerlich abzugsfähig gestaltet werden kann. |
Nachteile einer novierenden Unterhaltsvereinbarung:
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Die Sicherheit einer solchen Vereinbarung wird begrenzt durch eine mögliche Sittenwidrigkeit der Abrede. Hiervon ist auszugehen, wenn durch die Unterhaltsabrede bewirkt wird, dass der über den gesetzlichen Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern, und deshalb ergänzender Sozialleistungen bedarf. |
Formulierung novierende Vereinbarung
"Unter Ausschluss des gesetzlichen nachehelichen Unterhaltsrechts treffen wir folgende vertragliche Vereinbarung: …"