Norbert Schneider, Lotte Thiel
Rz. 17
Schließt der Anwalt im Scheidungsverbundverfahren einen Vergleich über nicht anhängige Gegenstände, die in den Katalog des § 48 Abs. 3 RVG fallen, dann erhält er von der Landeskasse aus dem Mehrwert alle mit der Herbeiführung der Einigung verbundenen Gebühren. Mit dieser zum 1.8.2013 eingeführten klarstellenden Formulierung ist die bis dahin bestehende Streitfrage erledigt worden, ob sich § 48 Abs. 3 RVG nur auf die Einigungsgebühr erstreckt oder auch auf die Verfahrensdifferenzgebühr und die höhere Terminsgebühr.
Rz. 18
Der Anwalt erhält aus dem Mehrwert zum einen die Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) aus der Landeskasse. Soweit die Gegenstände nicht anhängig sind, was der Regelfall sein wird, entsteht eine 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV. Zu berücksichtigen ist dann allerdings § 15 Abs. 3 RVG. Soweit der Gegenstand der Einigung in einem anderen Verfahren anhängig ist, entsteht nur eine 1,0-Gebühr (Nr. 1003 VV) bei erstinstanzlicher Anhängigkeit und bei Anhängigkeit in einem Beschwerdeverfahren in Höhe von 1,3.
Rz. 19
Der Anwalt erhält aus dem Mehrwert darüber hinaus auch eine 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr (Nrn. 3100, 3101 Nr. 2 VV) und die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) aus dem Gesamtwert.
Beispiel 15: Einigung unter Einbeziehung nicht anhängiger Gegenstände
Im Verbundverfahren (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR) einigen sich die Beteiligten im gerichtlichen Termin unter Mitwirkung ihrer Anwälte nach Verhandlungen über den Versorgungsausgleich und den nicht anhängigen Zugewinn (Wert: 10.000,00 EUR).
Der Anwalt erhält aus dem Mehrwert die 0,8-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3100, 3101 Nr. 2 VV unter Beachtung des § 15 Abs. 3 RVG. Die Terminsgebühr entsteht aus dem Gesamtwert. Hinzu kommt eine Einigungsgebühr aus 11.200,00 EUR, wobei diese aus 10.000,00 EUR zu 1,5 entsteht und aus 1.200,00 EUR zu 1,0 (Nr. 1003 VV).
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100 VV, § 49 RVG |
373,10 EUR |
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(Wert: 7.200,00 EUR) |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 2 VV, § 49 RVG |
245,60 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 17.200,00 EUR, § 49 RVG |
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453,70 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG |
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418,80 EUR |
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(Wert: 17.200,00 EUR) |
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4. |
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV, § 49 RVG |
460,50 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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5. |
1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV, § 49 RVG |
115,00 EUR |
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(Wert: 1.200,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,5 aus 11.200,00 EUR, § 49 RVG |
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481,50 EUR |
6. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.374,00 EUR |
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7. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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261,06 EUR |
Gesamt |
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1.635,06 EUR |
Rz. 20
Die Erstreckung greift auch dann, wenn eine anhängige Folgesache verglichen wird, für die ein Verfahrenskostenhilfeantrag zur Vertretung bereits zurückgewiesen worden war.
Beispiel 16: Einigung unter Einbeziehung anhängiger Gegenstände, für die Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt ist
Im Verbundverfahren (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR) macht die Ehefrau nachehelichen Unterhalt in Höhe von 700,00 EUR monatlich geltend (Wert: 8.400,00 EUR). Der Ehemann, dem für das Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und sein Anwalt beigeordnet worden ist, beantragt für die Verteidigung in der Folgesache Unterhalt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten. Das Gericht weist diesen Antrag mangels Erfolgsaussicht zurück. Später einigen sich die Beteiligten im gerichtlichen Termin unter Mitwirkung ihrer Anwälte nach Verhandlungen über den Versorgungsausgleich und den Unterhalt.
Der Anwalt erhält auch jetzt aus dem Wert des Vergleichs seine Vergütung aus der Landeskasse. Dass die Verfahrenskostenhilfe für die Vertretung in der Folgesache Unterhalt zurückgewiesen worden ist, ist unerheblich, zumal im Rahmen des § 48 Abs. 3 RVG keine Möglichkeit besteht, die Erstreckung durch gerichtlichen Beschluss einzuschränken.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG |
373,10 EUR |
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(Wert: 7.200,00 EUR) |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 2 VV, § 49 RVG |
237,60 EUR |
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(Wert: 8.400,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 15.600,00 EUR, § 49 RVG |
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435,50 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG |
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402,00 EUR |
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(Wert: 15.600,00 EUR) |
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4. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV, § 49 RVG |
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307,00 EUR |
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(Wert: 9.600,00 EUR) |
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5. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.164,50 EUR |
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6. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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221,26 EUR |
Gesamt |
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1.385,76 EUR |