Achtung
Dem der Sprache des Tatortes nicht kundigen Betroffenen müssen die Schriftstücke - das gilt auch für die Zustellung eines Strafbefehls - in seiner Muttersprache zugestellt werden (EuGH NZV 2017, 530; LG Aachen VRR 2018 Nr. 2, 3).
I. Sicherheitsleistung
Rz. 1
In den meisten europäischen Ländern muss (wie in Deutschland auch) ein nach einem Verkehrsverstoß angetroffener Verkehrssünder mit ausländischem Wohnsitz Sicherheit für die voraussichtliche Buße und die Verfahrenskosten leisten, sofern er die Buße nicht vor Ort bezahlen kann oder will. Dadurch soll die Vollstreckung des im Anschluss dort durchgeführten Verfahrensergebnisses gesichert werden.
An dieser Praxis hat sich auch nichts durch das Geldsanktionengesetz (s. hierzu Rdn 8 ff.), das eine Vollstreckung im Heimatland des Verkehrssünders ermöglicht, geändert.
Rz. 2
Achtung: Keine Eintragung ins Fahreignungsregister
Früher (§ 28 Abs. 3 Nr. 10 StVG) wurden rechtskräftige Entscheidungen ausländischer Gerichte und Verwaltungsbehörden, mit denen Inhabern einer deutschen Fahrerlaubnis das Recht aberkannt wurde, von der Fahrerlaubnis in dem betreffenden Land Gebrauch zu machen, also auch im Falle eines Fahrverbotes, in das Register eingetragen. Nr. 10 ist mit der Einführung des neuen Fahreignungsregisters ersatzlos weggefallen, so dass ausländische Entscheidungen jetzt nicht mehr eingetragen werden.
II. Rechtshilfe
Rz. 3
Zur Durchführung des im Tatland geführten Verfahrens kann die ausländische Behörde bzw. das Gericht die Hilfe deutscher Stellen, insbesondere der Staatsanwaltschaft in Anspruch nehmen. Aufgrund des Rechtshilfeabkommens der Europäischen Union (BGBl II 2005, 650) leistet die deutsche Staatsanwaltschaft auf Antrag den EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Griechenland, Italien, Irland und Luxemburg, die dieses Abkommen nicht ratifiziert haben, sich insoweit aber auf das Schengener Durchführungsabkommen (BGBl 1993, 1010) berufen können, Amtshilfe. So führt sie z.B. Vernehmungen durch oder stellt ausländische Ladungen und Entscheidungen zu.
Ansonsten schaltet sie sich jedoch nicht in das im Ausland geführte Verfahren ein.
Rz. 4
Achtung: Adhäsionsverfahren
Vor allem in den romanischen Ländern werden die aus einem Verkehrsunfall resultierenden Schadenersatzansprüche regelmäßig im Strafverfahren geltend gemacht. Der Betroffene muss deshalb seiner Haftpflichtversicherung eine solche Anklage unverzüglich zur Kenntnis bringen. Diese wird dann - so auch, wenn sie anderweitig von dem Verfahren erfährt - die Verteidigung ihres Versicherungsnehmers (auf dessen Kosten) organisieren, damit sie selbst sich gleichzeitig auch gegen die zivilrechtlichen Ansprüche zur Wehr setzen kann. Zur Organisation der Verteidigung des Versicherungsnehmers im Adhäsionsverfahren ist der Versicherer aufgrund der Versicherungsbedingungen auch berechtigt.
Rz. 5
Achtung: Vollstreckung einer Entschädigung in Deutschland
Bei der Entscheidung der Frage, ob sich der Betroffene in dem im Ausland gegen ihn geführten Verfahren vertreten lassen soll, sollte bedacht werden, dass eine dem Opfer zugesprochene Entschädigung grundsätzlich in Deutschland gem. § 87 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 IRG möglich ist, allerdings erst nach einer aufwändigen Umwandlung nach §§ 87i, 87n Abs. 5 IRG.
Rz. 6
Tipp: Rechtsschutzversicherung
Nach den neueren Rechtsschutzbedingungen - ab ARB 2000 - werden bei einem im Ausland eingetretenen Rechtsschutzfall wahlweise die Kosten eines am Ort des zuständigen Gerichts ansässigen oder die eines in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalts erstattet (§ 5 Abs. 1 lit. b ARB).
Bei älteren ARB besteht bei Auslandsunfällen zwar grundsätzlich Versicherungsschutz nur für die Kosten eines im dortigen Ausland praktizierenden Anwalts. Dennoch gewähren die meisten Rechtsschutzversicherer Kostenschutz für einen deutschen Anwalt unter der Bedingung kulanzhalber, dass sich die Angelegenheit ohne Einschaltung eines ausländischen Anwalts regeln lässt.
Schaltet dagegen der Versicherungsnehmer einen Anwalt im Ausland ein, hat der Rechtsschutzversicherer nicht nur dessen Gebühren zu tragen, sondern, sofern der Versicherungsnehmer mehr als 100 km Luftlinie vom zuständigen ausländischen Gericht entfernt wohnt, auch die Korrespondenzgebühr des vom Versicherungsnehmer im Inland eingeschalteten Anwalts.
Rz. 7
Soweit dem Verfahren ein Unfall zugrunde liegt, ist die besondere Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Geltendmachung der zivilrechtlichen Ansprüche zu beachten. Nach der 4. KH-Richtlinie kann nämlich der Geschädigte an dem für seinen Wohnsitz zuständigen deutschen Gericht den ausländischen Versicherer verklagen.