I. Internationales Erbrecht
Rz. 228
Gem. Art. 36 des japanischen Rechtsanwendungsgesetzes vom 15.6.2006 ist das Heimatrecht des Erblassers Erbstatut. Auf diese Weise kommt es bei in Japan lebenden deutschen Staatsangehörigen zu einer Rückverweisung auf das deutsche Heimatrecht, Art. 34 Abs. 1 EuErbVO. Ein in Deutschland lebender japanischer Erblasser dagegen würde aus deutscher Sicht gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO nach deutschem Erbrecht, aus japanischer Sicht dagegen nach seinem japanischen Heimatrecht beerbt werden. Das Haager Testamentsformübereinkommen gilt für Japan seit dem 2.8.1961.
II. Pflichtteilsrecht
Rz. 229
Das japanische materielle Erbrecht wurde zum 1.7.2019 wesentlich überarbeitet. Der Pflichtteil ist nun in den Art. 1042–1049 jBGB geregelt. Während das alte Recht – entsprechend dem französischen Vorbild – den Pflichtteil als Gestaltungsrecht zur Herstellung einer Miterbenstellung ausgestaltete, gewährt das neue Recht dem Pflichtteilsberechtigten (wie das aktuelle französische Recht) einen Anspruch auf Auszahlung des Werts seines Pflichtteils in Geld. Pflichtteilsberechtigt sind gem. Art. 1042 jBGB die Abkömmlinge, mangels erbberechtigter Abkömmlinge die Aszendenten und der Ehegatte. Der Pflichtteil beläuft sich für Ehegatten und Abkömmlinge auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, für Aszendenten auf ein Drittel. Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge. Die Regelung in § 900 jBGB a.F., wonach uneheliche Kinder die Hälfte des Anteils eines ehelichen Kindes erben, wurde durch den Obersten Gerichtshof durch Beschluss vom 4.9.2013 für unwirksam erklärt. Der Ehegatte erbt gem. Art. 890 ZGB neben Abkömmlingen zu ½. Der Pflichtteil des Ehegatten sowie der Kinder beträgt also jeweils ¼. Neben Aszendenten wird der Ehegatte gesetzlicher Erbe zu ⅔ (Pflichtteil also ⅓), neben Geschwistern zu ¾ (Pflichtteil also ⅜).
Rz. 230
Dem Nachlass werden gem. Art. 1044 jBGB Schenkungen unter Lebenden zugerechnet, wenn sie innerhalb eines Jahres vor dem Erbfall (bei Schenkungen an Nicht-Erben) bzw. innerhalb von zehn Jahren (bei Schenkungen an Erben) vereinbart wurden. Frühere Schenkungen werden zugerechnet, wenn beide Parteien wussten, dass dadurch der Pflichtteil beeinträchtigt wird.
Rz. 231
Gem. Art. 1049 jBGB kann ein gesetzlicher Erbe auf seine Pflichtteilsrechte verzichten. Der Pflichtteilsverzicht lässt das Erbrecht unberührt, der Verzichtende wird daher Erbe, soweit der Erblasser über sein Vermögen nicht anders testamentarisch verfügt hat. Bei der Berechnung der Pflichtteile anderer wird der Verzichtende mitgezählt, Art. 1049 Abs. 2 jBGB. Der Pflichtteilsverzicht bedarf der Genehmigung durch das Familiengericht. Die gerichtliche Genehmigung soll sicherstellen, dass potentielle Pflichtteilsberechtigte nicht unter familiärem Druck verzichten. Das Gericht prüft, ob der Verzicht angemessen ist, freiwillig erfolgt und ob erhebliche Gründe vorliegen. Bei erheblicher Änderung der Umstände kann der Verzichtende den Verzicht anfechten.