I. Ausgangssituation
1. Der Vonselbsterwerb
Rz. 2
Die Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers, § 1922 BGB (Universalsukzession), werden mit Eintritt des medizinischen Todes des Erblassers Inhaber aller vermögensrechtlichen Positionen, die dieser innehatte, gleichgültig, ob sie oder einzelne von ihnen Kenntnis vom Tod des Erblassers oder gar vom Berufungsgrund haben.
Rz. 3
Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft sind nicht aufgrund freien Willensentschlusses Teilhaber eines Sondervermögens, des Nachlasses, geworden; vielmehr hat das Gesetz in §§ 1922, 2032 BGB dies so angeordnet. Rechtsgrund des Vermögenserwerbs ist entweder die gesetzlich geregelte Verwandten- und Familienerbfolge oder eine Verfügung von Todes wegen; dieser Rechtsgrund ist vergleichbar mit der causa des Schuldrechts; in § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB wird er "Grund der Berufung" genannt. Den dinglichen Vollzug des Rechtserwerbs ordnet das Gesetz in § 1922 BGB selbst an.
Dieser zwangsweisen Einbindung in eine "Zufallsgemeinschaft" ohne eigenes Zutun auf der einen Seite – wenn man von der Möglichkeit der Erbschaftsausschlagung absieht – steht andererseits das Recht jedes einzelnen Miterben gegenüber, zu jeder Zeit die Auflösung dieser Gemeinschaft verlangen zu können. Entscheidende Vorschrift ist § 2042 Abs. 1 BGB, wonach jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung des Nachlasses verlangen kann.
BGH in BGHZ 21, 229, 232:
Zitat
"Nach § 2042 Abs. 1 BGB kann allerdings – von Ausnahmefällen abgesehen – jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung verlangen. Der einzelne Miterbe erfüllt danach eine Verbindlichkeit, wenn er bei der Auseinandersetzung mitwirkt. Die Art, in der die Auseinandersetzung zu bewirken ist, hat das Gesetz in den §§ 2042 ff. BGB geregelt."
2. Nichtrechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
Rz. 4
Eine gesetzliche Norm, aus der sich die Rechtsnatur der Erbengemeinschaft ablesen lassen könnte, kennt das BGB nicht. Allenfalls § 2033 Abs. 2 BGB, wonach der Miterbe über seinen Anteil am einzelnen Nachlassgegenstand nicht verfügen kann – entsprechend den Regeln bei der GbR und der Gütergemeinschaft in §§ 719 Abs. 1 und 1419 Abs. 1 BGB –, kennzeichnet das Charakteristikum der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft. Die seit dem Urteil des BGH vom 29.1.2001 (zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft) viel diskutierte Frage, ob auch die Erbengemeinschaft rechtsfähig sei, hat der BGH mit Urt. v. 11.9.2002 entschieden und im Beschl. v. 17.10.2006 bestätigt: Die Erbengemeinschaft ist weder rechts- noch parteifähig.
Im Urt. v. 11.9.2002 ging es um die Frage der Schriftform eines Mietvertrages gem. § 566 BGB a.F. Weil auf der Vermieterseite nicht die einzelnen Miterben genannt waren, sondern nur "die Erbengemeinschaft XY", sah der BGH die Schriftform als nicht gewahrt an.
Rz. 5
Die Grundsätze zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und zur Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sind nicht auf die Erbengemeinschaft übertragbar.
Erbengemeinschaften tendieren zur Auflösung, sie sind "geborene" Liquidationsgemeinschaften, weil § 2042 Abs. 1 BGB jedem Miterben – und sei sein Anteil noch so gering – das Recht gibt, jederzeit die Auseinandersetzung des Nachlasses zu verlangen.
Das bedeutet, dass ein Grundstück niemals an die Erbengemeinschaft aufgelassen werden darf, sondern bspw. an "A, B, C in Erbengemeinschaft".
Die Erbteilsquoten können nicht im Grundbuch eingetragen werden.
Rz. 6
Den Auseinandersetzungsanspruch, den das Gesetz jedem Miterben – auch demjenigen, der nur einen minimalen Anteil hat – zugesteht, kann er notfalls mit einer Klage auf Zustimmung zu einem Aufteilungsvertrag (= Teilungsplan) geltend machen. Hintergrund ist u.a. die gesamtschuldnerische Haftung jedes Miterben gem. § 2058 BGB.
Rz. 7
Die in § 2042 Abs. 1 BGB normierte Anspruchsgrundlage geht demnach auf Abgabe einer Willenserklärung, nämlich auf Zustimmung zu einem Vertrag, dessen Inhalt im Einzelnen noch festzustellen ist. Das rechtskräftige Urteil ersetzt die Zustimmungserklärung nach § 894 ZPO (vgl. das Muster für eine Klage auf Zustimmung zum Teilungsplan Rdn 289). Der Teilungsplan zielt darauf ab, bei jedem Miterben im Ergebnis Einzeleigentum an den zum Nachlass gehörenden Gegenständen entstehen zu lassen, also die Überführung des Miteigentums in Einzeleigentum.