Rz. 478
Nach § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Daraus folgt, dass das Oberlandesgericht im Verfahren der Vollstreckbarerklärung zu prüfen hat, ob
▪ |
dem Schiedsspruch eine wirksame Schiedsvereinbarung zugrunde liegt, |
▪ |
die Partei von der Bestellung eines Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren gehörig in Kenntnis gesetzt worden ist und ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel hat geltend machen können, |
▪ |
die entschiedene Sache unter die Schiedsklausel fällt oder ob die durch die Schiedsvereinbarung gesetzten Grenzen überschritten sind, |
▪ |
die Bildung des Schiedsgerichts oder das Schiedsverfahren zulässig waren, |
▪ |
die Sache nach deutschem Recht schiedsfähig war und |
▪ |
die Anerkennung und Vollstreckung zu einem der öffentlichen Ordnung wiedersprechenden Ergebnis führen. |
Rz. 479
Die Prüfung ist somit dieselbe wie im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO. Allerdings können vorhandene Aufhebungsgründe nicht uneingeschränkt berücksichtigt werden. Voraussetzung für ihre Berücksichtigung ist nämlich, dass ein auf den Aufhebungsgrund gestützter Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO nicht zuvor rechtskräftig abgewiesen worden ist. Eine doppelte Prüfung findet somit nicht statt.
Rz. 480
Weitere Voraussetzung ist, dass die in § 1059 Abs. 3 ZPO genannte Frist bei der Antragstellung noch nicht abgelaufen ist. Das heißt, dass Aufhebungsgründe nicht mehr geprüft werden, wenn seit der Zustellung des Schiedsspruchs mehr als drei Monate vergangen sind.
Rz. 481
Diese zeitliche Einschränkung gilt wiederum nicht für die von Amts wegen zu prüfenden Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, also die fehlende Schiedsfähigkeit oder den Verstoß gegen die öffentliche Ordnung.
Rz. 482
Betrifft der Schiedsspruch nur teilweise einen nicht schiedsfähigen Inhalt, kann das Oberlandesgericht den Schiedsspruch teilweise für vollstreckbar erklären, während es ihn im Übrigen aufhebt.
Rz. 483
Beispiel
Das Familienschiedsgericht hat mit seinem Schiedsspruch entsprechend der Schiedsvereinbarung über den Anspruch der Ehefrau F auf nachehelichen Unterhalt entschieden, zugleich aber auch eine Regelung über das Sorgerecht getroffen.
Der Schiedskläger wendet im Verfahren der Vollstreckbarerklärung, nachdem ihm der Schiedsspruch vier Monate zuvor zugestellt worden ist, ein, das Schiedsgericht sei nicht ordnungsgemäß gebildet worden.
Dieser Einwand ist unerheblich, weil der Schiedskläger die Dreimonatsfrist des § 1059 Abs. 2 ZPO versäumt hat. Das Oberlandesgericht hebt den Schiedsspruch aber teilweise auf, soweit eine Regelung zum Sorgerecht getroffen worden ist, weil das Recht der elterlichen Sorge nach § 1030 ZPO nicht schiedsfähig ist. Die Schiedsfähigkeit wird von Amts wegen geprüft. Soweit über den Unterhalt entschieden ist, wird der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt.
Rz. 484
Obwohl nicht in den Aufhebungsgründen genannt, prüft das Oberlandesgericht daneben auch, ob sich der Antragsteller eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Antragsgegners vorwerfen lassen muss. Insoweit greift eine Analogie zu § 1059 Abs. 2 ZPO. Denn im Fall sittenwidriger Schädigung hat der Schädiger den Geschädigten so zu stellen, wie er gestanden hätte, hätte es die schädigende Handlung nicht gegeben. Ist aber der Antragsgegner etwa durch eine arglistige Täuschung dazu bewegt worden, einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut zuzustimmen, so könnte er den Betrag ersetzt verlangen, den zu leisten er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben übernommen hat. In Höhe dieses Betrages wäre die Vollstreckbarerklärung unter teilweiser Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen.
Rz. 485
Beispiel
In einem Schiedsverfahren über den Unterhaltsanspruch der Ehefrau F einigt man sich auf einen Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt, nach dem der Ehemann M sich verpflichtet, einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.000 EUR zu bezahlen. Im Rahmen der Verhandlungen trägt die F vor, dass sie einkommens- und vermögenslos sei. Diese Annahme wird Grundlage der Einigung. Tatsächlich hat sie seit geraumer Zeit eine gut bezahlte Anstellung, aus der sie ihren Bedarf ohne weiteres allein decken könnte.