Rz. 203
Nach § 1047 ZPO hat das Schiedsgericht – vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung der Parteien – weitgehende Freiheit bei der Beantwortung der Frage, ob es mündlich verhandeln oder allein auf der Grundlage von Schriftsätzen, Dokumenten und anderen Unterlagen entscheiden will.
Rz. 204
Anders als im Verfahren vor den staatlichen Gerichten nach § 128 Abs. 1 ZPO ist die Mündlichkeit im Schiedsverfahren nicht zwingend vorgeschrieben. Vorrangig entscheiden die Parteien selbst, wie das Verfahren geführt werden soll. Soweit sie sich über diesen Punkt nicht verständigt haben, entscheidet das Schiedsgericht selbst nach freiem Ermessen, ob es mündlich verhandeln oder ob es das Verfahren allein auf schriftlicher Grundlage durchführen will.
Rz. 205
Da es keinen Zwang zur mündlichen Verhandlung gibt, bedarf es in der mündlichen Verhandlung auch keiner Bezugnahme auf eingereichte Schriftsätze oder Dokumente. Alles, was Gegenstand des Verfahrens war, ist auch Grundlage der späteren Entscheidung, also auch der nicht in der Verhandlung vorgetragene Akteninhalt.
§ 1047 Abs. 1 Satz 2 ZPO gibt dem Schiedsgericht weiter die Möglichkeit, eine Verhandlung in einzelne Abschnitte aufzuteilen. Damit kann gegebenenfalls auch teilweise mündlich verhandelt und dann wieder ins schriftliche Verfahren gewechselt werden.
Rz. 206
Beispiel
Im Verfahren zwischen Ehemann M und Ehefrau F wird über Unterhalt und Zugewinnausgleich verhandelt. Während dem Schiedsgericht eine vergleichsweise Einigung im Unterhaltsrechtsstreit möglich erscheint, sieht es für den Zugewinnausgleich keine Ansätze dafür, zumal in diesem Zusammenhang noch Beweis zu erheben sein wird.
Hier ist es zulässig, zunächst mündlich allein über den Unterhalt zu verhandeln und sodann gesondert im schriftlichen Verfahren über den Zugewinnausgleich zu entscheiden.
Rz. 207
Haben die Parteien die mündliche Verhandlung in der Schiedsvereinbarung nicht ausgeschlossen und beantragt eine der Parteien eine solche, endet der ansonsten bestehende Ermessenspielraum des Schiedsgerichts. Nach § 1047b Abs. 1 S. 2 ZPO muss es auf diesen Antrag mündlich verhandeln. Das gilt auch dann, wenn es die Voraussetzungen im Übrigen nicht für gegeben hält. Beraumt es sodann trotz des Antrages der Partei eine mündliche Verhandlung nicht an, handelt es verfahrensfehlerhaft. Im Verfahren auf Aufhebung des Schiedsspruchs wäre die Partei mit der entsprechenden Rüge allerdings dann ausgeschlossen, wenn sie den Fehler nicht unverzüglich nach Kenntniserlangung von ihm rügt. Kenntnis erlangt die Partei etwa dann, wenn ihr die Anordnung zugeht, dass das Schiedsgericht trotz des Antrages der Partei schriftlich entscheiden will.
Rz. 208
Die mündliche Verhandlung ist nicht öffentlich. Zwangsmittel gegenüber den Parteien stehen dem Schiedsgericht nicht zur Verfügung. Dieser bedarf es aber auch nicht. Denn wenn die Parteien mündliche Verhandlung vereinbart haben, eine Partei jedoch trotzdem nicht erscheint, so greifen die Säumnisfolgen des § 1048 ZPO. Das heißt, bei Säumnis des Klägers wird das Schiedsverfahren beendet, bei Säumnis des Beklagten wird es fortgesetzt, ohne die Säumnis als solche als Zugeständnis der Behauptungen des Klägers zu behandeln.
Rz. 209
Übersicht
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Die mündliche Verhandlung ist erforderlich, wenn sie in der Schiedsvereinbarung vorgesehen ist. |
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Die mündliche Verhandlung ist erforderlich, wenn sie in der Schiedsvereinbarung nicht ausgeschlossen ist und eine Partei sie beantragt. |