Prof. Dr. Alexander Krafka, Prof. Dr. Sabine Otte
Rz. 20
Ausgangspunkt der verschiedenen Arten registerlicher Publizität sind neben der Regelung des § 15 HGB auch die von der europäischen Gesellschaftsrechtsrichtlinie 2017/1132 in Art. 16 erwähnten Vorgänge.
Der Intensität nach ließe sich differenzieren zwischen
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der Eintragung im Register samt entsprechender Bekanntmachung, |
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der Eintragung ohne Bekanntmachung, |
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der Bekanntmachung eingereichter Unterlagen ohne Eintragung und |
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der Einreichung von Unterlagen zum Handelsregister ohne Eintragung und ohne Bekanntmachung. |
1. Eintragung mit Bekanntmachung
Rz. 21
Den Regelfall der registerlichen Publizität gibt § 15 HGB vor, indem für die darin beschriebenen Folgen auf die Vornahme einer Eintragung im Handelsregister und deren öffentliche Bekanntmachung abgestellt wird, wobei letztere darin besteht, dass die im Register vorgenommene Eintragung erstmals gem. § 9 Abs. 1 HGB abrufbar ist.
Beispiel: Ersteintragung eines Einzelkaufmanns
Der Unternehmensinhaber ist nach § 29 HGB – in gem. § 14 HGB erzwingbarer Weise – verpflichtet, seine Firma, den Ort und die inländische Geschäftsanschrift seiner Handelsniederlassung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Durch Abrufbarkeit der Eintragung ist diese nach § 10 HGB bekanntgemacht.
Rz. 22
Für das nationale Registerrecht stellt dieser Fall den Normalfall der registerlichen Publizität dar. Zwingend ist dies allerdings aus europarechtlicher Perspektive nicht, da die für AG, KGaA und GmbH geltende Bestimmung des Art. 16 Abs. 2 der Gesellschaftsrechtsrichtlinie 2017/1132 lediglich vorgibt, dass die Urkunden und Angaben, die der Offenlegung unterliegen "in der Akte zu hinterlegen oder in das Register einzutragen" sind.
2. Eintragung ohne Bekanntmachung
Rz. 23
Vor Umstellung des Bekanntmachungsrechts im Zuge der Novellierung zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1151 war eine besondere Bekanntmachung in einem eigenständigen Medium – namentlich im "Bundesanzeiger" – vorgesehen, so dass seltene Fälle denkbar waren, in denen eine erfolgte Eintragung kraft gesetzlicher Anordnung nicht besonders bekannt zu machen waren.
Rz. 24
Der wichtigste Anwendungsfall hierfür waren die im Handelsregister vorzunehmenden Eintragungen zu den Kommanditisten einer KG (vgl. § 162 Abs. 2 und Abs. 3 HGB a.F.). Die durchaus spannende Frage, inwieweit hierfür § 15 HGB – der auf Eintragung und Bekanntmachung abstellt – Anwendung findet, ist sich nach der ersatzlosen Streichung dieser Ausnahmefälle hinfällig.
Rz. 25
Im Ergebnis gewährt damit das Handelsregister generell bei allen Eintragungen im Handelsregister durch die mittels öffentlicher Abrufbarkeit erfolgte "Bekanntmachung" abstrakten Vertrauensschutz gem. § 15 HGB.
3. Einreichung von Unterlagen mit Bekanntmachung ohne Eintragung
a) Allgemeines
Rz. 26
Eine weitere Art registerlicher Publizität besteht darin, zwar die Einreichung bestimmter Unterlagen und Angaben zum Register zu fordern, diese jedoch nicht dort einzutragen, gleichwohl aber deren Einreichung öffentlich bekannt zu machen.
Hinweis
Der Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit dort Gebrauch gemacht, wo entweder ein verhältnismäßig häufig wechselnder Datenbestand zu erwarten ist oder aber von vornherein die Menge und Exaktheit der zu publizierenden Informationen die Registerblätter überfrachten und damit unübersichtlich machen würden.
b) Anschriften und Unternehmensgegenstand
Rz. 27
Hierzu sind zunächst die Einreichung und Bekanntmachung der Lage der Geschäftsräume des Rechtsträgers im Handelsregisterverfahren zu nennen. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 HRV ist diese bei jeder Anmeldung zur Eintragung im Register anzugeben; nach Satz 3 dieser Vorschrift sind auch Änderungen dem Registergericht unverzüglich mitzuteilen. Diese Mitteilungspflichten gelten allerdings nicht, wenn die Lage der Geschäftsräume mit der ohnehin zur Eintragung in das Handelsregister gelangten Geschäftsanschrift übereinstimmt (§ 24 Abs. 1 Satz 2 HRV); Letzteres ist für Kapitalgesellschaften, also v.a. bei der AG, KGaA und GmbH i.R.d. Anwendung des § 15a HGB sowie § 184 Nr. 2 ZPO von Bedeutung.
Rz. 28
Vergleichbares gilt für die Angabe des Unternehmensgegenstands (§§ 24 Abs. 4, 34 HRV), sofern sich dieser nicht – wie bei Sachfirmen – unmittelbar aus der Firma entnehmen lässt. Die Aufnahme des Unternehmensgegenstands in die Anmeldung eines im Handelsregister eingetragenen Rechtsträgers wirkt auf den ersten Blick überraschend. Während in der Abteilung A des Handelsregisters nur bei der EWIV der Unternehmensgegenstand auch im Register eingetragen wird (§§ 40 Nr. 2, 61 Nr. 2 Buchst. c) HRV), erfolgt in der Abteilung B des Handelsregisters bei sämtlichen dort vorgetragenen Rechtsträgern eine entsprechende registerliche Eintragung (vgl. § 62 Nr. 2 Buchst. c) HRV).
De lege ferenda scheint eine derartige Angabe in der Anmeldung entbehrlich:
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Erfolgt keine entsprechende Eintragung oder Registerbekanntmachung (§ 10 Abs. 3 HGB), stellt die Angabe des Unternehmensgegenstands eine unverbindliche Information dar. |
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Dasselbe gilt bei den in Abteilung B des Registers eingetragenen Kapitalgesellschaften, bei welchen für eine Änderung des Unter... |