Rz. 582
Unter die mutmaßlich erlaubte Nutzung fallen nutzergenerierte Inhalte,
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die weniger als die Hälfte eines Werkes eines Dritten oder mehrere Werke Dritter enthalten (§ 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 1UrhDaG), |
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diese Werkteile mit anderen Inhalten kombinieren (§ 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UrhDaG) und |
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Werke Dritter entweder nur geringfügig gem. § 10 UrhDaG nutzen (§ 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 1. Alt. UrhDaG) oder |
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nach § 11 UrhDaG als gesetzlich erlaubt gekennzeichnet sind (§ 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 2. Alt. UrhDaG). |
Paradebeispiele hierfür sind Pastiches gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 UrhDaG, im Internet etwa Memes.
Der Referentenentwurf sah in § 6 UrhDaG-E noch eine völlig neue Bagatell-Schranke vor, die von Künstlerinnen und Künstlern und Musikproduzenten besonders kritisiert wurde.
a) Geringfügige Nutzungen
Rz. 583
Nunmehr ist die Regelung über geringfügige Nutzungen in § 10 UrhDaG in das "Verfahren" über die mutmaßlich erlaubten Nutzungen (über § 9 Abs. 2 Nr. 3 UrhDaG) integriert und wird seither nicht mehr als neue Schranke angesehen, da der maßgebliche geringe Umfang von der Schrankenregelung des § 5 UrhDaG als erfasst gilt und bei Missbrauch § 14 Abs. 4 UrhDaG auch die sofortige Blockierung des nutzergenerierten Inhalts erlaubt.
Geringfügig i.S.d. § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UrhDaG ist eine öffentliche Wiedergabe in folgenden Fällen:
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genau bezifferter Teile von Werken – 15 Sekunden je eines Films oder Laufbilds (Nr. 1), |
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bis zu 15 Sekunden je Tonspur (Nr. 2), |
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bis zu 160 Zeichen je eines Textes (Nr. 3), |
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bei Bildern sogar das gesamte Werk (Datenvolumen von bis zu 125 Kilobyte) (Nr. 4). |
Allerdings müssen nicht kommerzielle Zweck verfolgt werden oder die Erzielung von Einnahmen darf nicht erheblich sein. Immerhin sind diese erlaubten Nutzungen gem. § 12 Abs. 1 UrhDaG angemessen zu vergüten.
b) Kennzeichnung als erlaubte Nutzung
Rz. 584
§ 11 Abs. 1 UrhDaG regelt im Hinblick auf nutzergenerierte Inhalte, die beim Hochladen automatisiert blockiert werden und die nicht schon unter die geringfügige Nutzung (§ 10 UrhDaG) fallen, die Kennzeichnung als erlaubte Nutzung und setzt Art. 17 Abs. 7 DSM-RL um. Bei diesem "Flagging" ist Folgendes zu beachten:
Der Diensteanbieter hat
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den Nutzer sofort über das Sperrverlangen des Rechtsinhabers zu informieren (Nr. 1), |
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den Nutzer zugleich mit der Information nach Nr. 1 auf die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Erlaubnis nach § 5 UrhDaG für eine öffentliche Wiedergabe hinzuweisen (Nr. 2), und |
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es dem Nutzer sofort zu ermöglichen, die Nutzung als nach § 5 UrhDaG gesetzlich erlaubt zu kennzeichnen (Nr. 3). |
Diese Pflichten bestehen nur, soweit der Diensteanbieter automatisierte Verfahren zur Umsetzung seiner Pflichten aus den §§ 7 und 8 UrhDaG einsetzt, was einen "Pre-Check" des Uploads ermöglicht.
Rz. 585
Hinweis
Im Gegensatz zum Referentenentwurf ist nunmehr keine vertragliche Erlaubnis mehr gesetzlich vorgesehen, was sich aufgrund des besonderen automatisierten Verfahrens erklärt. Gleichwohl kann sich der Nutzer auch auf eine vertragliche Erlaubnis, etwa aufgrund einer bereits erteilten Lizenz berufen, die dann aber erst im Beschwerdeverfahren (§ 14 UrhDaG) überprüft werden kann. Bei Lizenzierung geschützter Inhalte – etwa musikalische Inhalte bei YouTube – besteht jedenfalls kein Anspruch auf Blockierung dieser Inhalte.
Rz. 586
Sollen Inhalte erst nach dem Hochladen automatisiert blockiert werden, bleiben diese jedenfalls 48 Stunden auch ohne Kennzeichnung mutmaßlich erlaubt (Post-Flagging, § 11 Abs. 2 UrhDaG). Nach Ablauf dieser Frist verbleibt dem Nutzer die Möglichkeit, seine Nutzung als gesetzlich erlaubt zu kennzeichnen oder im Wege der Beschwerde nach § 14 UrhDaG gegen eine Blockierung – etwa aufgrund bestehender Lizenz – vorzugehen.