Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
Rz. 221
Während des laufenden Schiedsverfahrens räumt das Schiedsverfahrensrecht den staatlichen Gerichten überwiegend Kompetenzen für Unterstützungsmaßnahmen ein. Kontrollbefugnisse bestehen jedoch ebenfalls, auch wenn ihre praktische Bedeutung hinter den Unterstützungsmaßnahmen zurückbleibt. Während des andauernden Schiedsverfahrens soll das staatliche Gericht den Parteien eine effiziente Durchführung des Verfahrens ermöglichen. Nach dem geltenden Recht findet eine Überprüfung des Verfahrens erst nach Erlass des Schiedsspruches im Rahmen eines Aufhebungs- oder Exequaturverfahrens statt.
1. Unterstützungsmaßnahmen
Rz. 222
Der Zugang zu den staatlichen Gerichten während des laufenden Schiedsverfahrens wird den Parteien an mehreren Stellen eröffnet. So kann z.B. eine Partei im Konstituierungsverfahren das staatliche Gericht anrufen, wenn die Schiedsvereinbarung der Gegenpartei bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts ein Übergewicht gibt, das sie benachteiligt (§ 1034 Abs. 2 ZPO). Das staatliche Gericht kann dann entgegen der Schiedsvereinbarung einen anderen Schiedsrichter bestellen. Gem. § 1034 Abs. 2 Satz 2 ZPO muss der Antrag innerhalb von zwei Wochen gestellt werden, nachdem der beschwerten Partei die Zusammensetzung des Schiedsgerichts bekannt gegeben worden ist.
Rz. 223
Soweit die Parteien in ihrer Schiedsvereinbarung überhaupt kein Verfahren zur Konstituierung des Schiedsgerichts vereinbart haben, wird gem. § 1035 Abs. 3 ZPO das staatliche Gericht auf Antrag einer Partei einen Einzelschiedsrichter bestellen. Das staatliche Gericht unterstützt die Parteien auch bei der Konstituierung eines Dreierschiedsgerichts, wenn sich eine Partei nicht an dem Bestellungsverfahren beteiligt oder aber sich die parteibestellten Schiedsrichter nicht auf einen Vorsitzenden einigen können. In diesen Fällen eröffnet § 1035 Abs. 3, Abs. 4 ZPO die Möglichkeit, das Bestellungsverfahren auf Antrag einer Partei mithilfe des zuständigen OLG abzuschließen (s. bereits oben Rdn 75 ff.).
Rz. 224
Nach Konstituierung des Schiedsgerichts kann eine Partei bei dem staatlichen Gericht beantragen, die Beendigung des Amtes eines Schiedsrichters auszusprechen, wenn der Schiedsrichter sein Amt aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht ausüben kann oder nicht ausübt und trotzdem sein Amt nicht niederlegt (§ 1038 Abs. 1 ZPO). Die gerichtliche Entscheidung führt nur zum Ende des schiedsrichterlichen Mandats und beendet das Schiedsverfahren nicht. Im Anschluss daran ist deshalb ein Ersatzschiedsrichter gem. § 1039 ZPO zu bestellen.
Rz. 225
Eine weitere Möglichkeit der Parteien, auf die staatlichen Gerichte zur Unterstützung des laufenden Schiedsverfahrens zurückzugreifen, bietet § 1050 ZPO. Diese Norm regelt die Unterstützung des Schiedsgerichts bei der Durchführung der Beweisaufnahme. In der Praxis findet sie selten Anwendung. An folgende Fälle ist hierbei zu denken:
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Zwangsmaßnahmen gegen Zeugen und Sachverständige |
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Abnahme von Eiden ggü. Zeugen, Sachverständigen und Parteien |
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Vermittlungen für Beweisaufnahmen im Ausland |
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Einholung von Aussagegenehmigungen für Beamte und andere Staatsbedienstete |
Rz. 226
Bei den Maßnahmen nach § 1050 ZPO ist zu beachten, dass gem. § 1062 Abs. 4 ZPO das AG sachlich zuständig ist und nicht das OLG. Gegen die Entscheidung des staatlichen Gerichts über die Unterstützung des Schiedsgerichts ist allein die sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 ZPO statthaft.
Rz. 227
Systematisch in den Zusammenhang der Unterstützung des Schiedsgerichts durch staatliche Gerichte im laufenden Schiedsverfahren gehört schließlich auch die bereits dargestellte Vollzugszulassung von einstweiligen Anordnungen des Schiedsgerichts nach § 1041 Abs. 2 ZPO (s.o. Rdn 194).
2. Kontrollmaßnahmen
Rz. 228
Neben den soeben unter Rdn 222 ff. skizzierten Unterstützungsmaßnahmen sind die staatlichen Gerichte für eine Reihe von Kontrollmaßnahmen ggü. dem laufenden Schiedsverfahren zuständig.
a) Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO
Rz. 229
Das staatliche Gericht kann auf Antrag einer Partei mit der Überprüfung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens befasst werden. Diese Möglichkeit eröffnet § 1032 Abs. 2 ZPO bis zur Bildung des Schiedsgerichts. Im Rahmen dieses Antrags entscheidet das Gericht über das Bestehen und die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. Gem. § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist der Antrag beim OLG am Schiedsort zu stellen. Soweit sich der Sitz des Schiedsgerichts nicht innerhalb Deutschlands befindet, kann der Antrag auch bei dem OLG gestellt werden, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Vermögen hat, hilfsweise beim KG in Berlin (§ 1062 Abs. 2 ZPO). Nach Auffassung des OLG Köln soll das KG zudem in den Fällen zuständig sein, in denen noch nicht feststeht, wo das Schiedsverfahren stattfinden soll.
Nach Auffassung des BGH fehlt dem Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO aus...