Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 337
Bei einem Vergleich ist aber immer genau zu prüfen, welchen Regelungsumfang er hat. Denn nur soweit die Regelung geht, kommt eine gerichtliche Abänderung in Betracht. Geht es jedoch im neuen Verfahren um einen Zeitraum, der vom Vergleich ausdrücklich nicht erfasst worden ist, so ist hierfür der Leistungsantrag gegeben.
Rz. 338
Diese Besonderheiten, die sich aus der Rechtskraft eines gerichtlichen Titels ergeben, sind auf Fälle mit Vergleich nicht übertragbar. Trotz der Tatsache, dass die Parteien im Vergleich bzw. in der Unterhaltsvereinbarung ausdrücklich geregelt haben, dass für die Zukunft kein Unterhaltsanspruch bestehen soll, ist das Nichtbestehen des Anspruchs hier nicht rechtskräftig festgestellt. In diesem Bereich ist die Erhebung eines weitergehenden Leistungsantrags also verfahrensrechtlich unproblematisch.
Rz. 339
Ist z.B. durch Prozessvergleich titulierter Unterhalt nur für einen bestimmten Zeitraum vereinbart worden, weil die Parteien davon ausgingen, für die Zeit danach werde der Unterhaltsanspruch mangels Bedürftigkeit entfallen, so ist ein für einen späteren Zeitraum behaupteter Unterhaltsanspruch im Wege des Leistungsantrag geltend zu machen. Für den materiellen Unterhaltsanspruch sind aber die in dem Prozessvergleich getroffenen Regelungen weiterhin von Bedeutung, soweit sie nicht wegen Wegfalls ihrer Geschäftsgrundlage an die veränderten Verhältnisse anzupassen sind.
Rz. 340
Ist eine solche schwerwiegende Veränderung der Vergleichsgrundlagen festzustellen, ist eine Anpassung unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen unter größtmöglicher Wahrung der vertraglichen Maßstäbe und Wertungen vorzunehmen. Hierbei ist der geänderte Unterhaltsanspruch unter Einarbeitung der geänderten Elemente anhand des bisherigen Rechenweges und unter Beibehaltung der unveränderten Elemente zu ermitteln
Rz. 341
Bei tiefgreifender Veränderung der Verhältnisse kommt ausnahmsweise auch eine Neufestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften in Betracht. Dies gilt aber auch dann, wenn dem Parteiwillen keine abweichenden Anhaltspunkte entnommen werden können oder die Grundlagen der damaligen Vereinbarung gar nicht festgestellt werden können.
Rz. 342
Auch wenn ein Leistungsantrag bei einer früheren befristeten Unterhaltsregelung verfahrensrechtlich zulässig ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass dieser Antrag auch erfolgreich ist. Materiellrechtlich ist nämlich die Frage zu beantworten, ob die damalige Regelung abschließend war oder ob nur bewusst eine temporäre Regelung eines bestimmten Zeitraumes gewollt war.
Rz. 343
Praxistipp:
Wird in einer Vereinbarung befristetet nachehelicher Unterhalt festgesetzt, so sollte immer eindeutig festgelegt werden, ob und ggf. in welchem Umfang diese Regelung auch den nachfolgenden Zeitraum umfasst. Dies ist insbesondere im Hinblick auf spätere Anschlusstatbestände von großer Bedeutung, wenn hierfür Einsatzzeitpunkte erforderlich sind.
Mögliche Regelungen sind:
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es wird nur der ausdrücklich bezeichnete Zeitraum geregelt, d.h. nach Ablauf dieses Zeitraumes kann ohne jegliche Einschränkung Unterhalt neu festgesetzt werden.
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Bedeutung: Unterhalt in Höhe von 1.000 EUR mtl. zu zahlen für erst einmal 5 Jahre |
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Folge: späterer Leistungsantrag der Berechtigten ohne Einschränkungen zulässig, um weitergehende Zahlungen durchzusetzen |
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Es wird der Unterhalt für die gesamte Zukunft festgelegt. Für einen bestimmten Zeitraum erkennt der Pflichtige seine Zahlungspflicht an und für den nachfolgenden Zeitraum erkennt der Berechtigte an, keinen Anspruch zu haben.
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Bedeutung: Unterhalt in Höhe von 1.000 EUR mtl. zu zahlen für 5 Jahre und nicht mehr |
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Folge: später nur Abänderungsantrag der Berechtigten möglich bei veränderten Umständen, um weitergehende Zahlungen durchzusetzen |
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Es werden (abweichend von der gesetzlichen Regelung) besondere Modalitäten für eine spätere Abänderung festgelegt.
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Unterhalt in Höhe von 1.000 EUR mtl. zu zahlen für 5 Jahre unbefristet; Abänderung unter bestimmten Umständen möglich |
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Folge: späterer Abänderungsantrag mit besonderen Vorgaben, keine freie Neufestsetzung des Unterhaltes. |
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