Rz. 55
Die Errichtung einer Verfügung zugunsten eines Kindes mit Behinderung ist von Seiten der Erblasser in der Regel von drei Interessen geprägt:
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Erhalt aller sozialrechtlichen Leistungsansprüche des Kindes mit Behinderung |
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Steigerung der Lebensqualität des Kindes mit Behinderung und |
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Erhalt des Familienvermögens. |
Abhängig von den jeweiligen Schwerpunkten der Erblasser ist die Gestaltung der Verfügung zugunsten eines Kindes mit Behinderung anzupassen. Insbesondere in der klassischen Gestaltung entsteht im 1. und 2. Erbfall eine Erbengemeinschaft, an der das Kind mit Behinderung mindestens oberhalb der Pflichtteilsquote beteiligt ist. Da ein Testamentsvollstrecker eingesetzt ist, dürfte die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft in der Praxis unproblematisch sein. Alternative Gestaltung, insbesondere die Vermächtnislösung, sind bisher nicht abschließend höchstrichterlich beschieden worden.
1. Klassische Gestaltung (Vor- und Nacherbfolge)
Rz. 56
Nacherbschaft und Dauertestamentsvollstreckung zugunsten des Kindes werden in beiden Erbfällen angeordnet. Würde der behinderte Abkömmling hier übergangen werden, entstünde diesem ein Pflichtteilsanspruch gem. § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB, der vom Sozialleistungsträger geltend gemacht werden könnte. Soll eine Beteiligung des Kindes mit Behinderung im 1. Erbfall vermieden werden, käme insoweit ein Pflichtteilsverzicht in Betracht. Soweit der gesetzliche Betreuer des Kindes mit Behinderung diesen Verzicht erklärt, bedarf dieser gemäß § 1851 BGB der Betreuung gerichtlichen Genehmigung.
Der Testamentsvollstrecker ist nach § 2216 Abs. 2 BGB anzuweisen, dem Behinderten aus dem Nachlass sozialleistungsunschädliche Zuwendungen zu machen.
Rz. 57
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Muster 24.1: Behindertentestament durch Vor- und Nacherbfolge
§ 4 Erbeinsetzung auf den ersten Todesfall
1. |
Der Erstversterbende von uns beruft zu seinen Erben unseren Sohn/unsere Tochter _________________________ und den überlebenden Ehegatten. Eine Nacherbfolge hinsichtlich des überlebenden Ehegatten findet nicht statt. Schlägt der überlebende Ehegatte die Erbschaft aus, so ist er nicht als gesetzlicher Miterbe berufen. |
2. |
Die Erbquote unseres Sohnes/unserer Tochter beträgt zehn/zwanzig/fünfzig Hundertstel mehr als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils. Im Übrigen ist wie vorerwähnt der überlebende Ehegatte zur Erbfolge berufen. |
3. |
Unser Sohn/Unsere Tochter ist allerdings nur Vorerbe. Der Vorerbe ist von folgenden gesetzlichen Beschränkungen ausdrücklich befreit:
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§ 2113 Abs. 1 BGB (Verbot von Verfügungen über Grundstücke, Schiffe und Schiffsbauwerke). Dies gilt ausdrücklich auch für ein etwa vorhandenes Erbbaurecht und ein Wohnungs- oder Teileigentum; |
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§ 2116 BGB (Verpflichtung zur Hinterlegung von Wertpapieren); |
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§ 2118 BGB (Sperrvermerk) sowie |
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§ 2119 BGB (Anlegung von Geld). |
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Der erstversterbende Elternteil ordnet gemäß § 2048 Satz 2 BGB an, dass die Auseinandersetzung des Nachlasses nach dem billigen Ermessen des Testamentsvollstreckers erfolgen soll.
Der Nacherbfall tritt mit dem Tod des Vorerben ein. Nacherbe ist der überlebende Ehegatte. Ersatzweise sind Nacherben die Abkömmlinge des Vorerben unter sich zu gleichen Teilen entsprechend den Regeln der gesetzlichen Erbfolge erster Ordnung. Wiederum ersatzweise ist Ersatznacherbe unser Sohn/unsere Tochter _________________________, ersatzweise deren Abkömmlinge unter sich zu gleichen Teilen entsprechend den Regeln der gesetzlichen Erbfolge erster Ordnung. Das Nacherbenanwartschaftsrecht ist ohne Zustimmung des Vorerben weder vererblich noch übertragbar. Im Falle der Übertragung mit Zustimmung des Vorerben entfällt jede ausdrückliche oder stillschweigende Ersatznacherbeneinsetzung.
Sollte unser Sohn/unsere Tochter bereits vorverstorben sein oder aus anderen Gründen nicht zur Erbfolge gelangen, so wird der überlebende Ehegatte Alleinerbe.
§ 5 Schlusserbeneinsetzung
1. |
Der Letztversterbende von uns und für den Fall, dass wir beide gleichzeitig versterben, ein jeder von uns beruft zu seinen Erben unseren Sohn _________________________ und unsere Tochter _________________________. Für den Fall, dass unsere Tochter/unser Sohn _________________________ (gesundes Kind) vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls wegfällt bestimmen wir deren Abkömmlinge zu Ersatzerben nach den Regelungen der gesetzlichen Erbfolge erster Ordnung – unter sich zu gleichen Teilen-, wiederum ersatzweise soll – zunächst innerhalb eines Stammes – Anwachsung eintreten. |
2. |
Die Erbquote unseres Sohn/unserer Tochter beträgt zehn/zwanzig/fünfzig Hundertstel mehr als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils. Im Übrigen ist wie vorerwähnt unser Sohn/unsere Tochter _________________________ (gesundes Kind) zur Erbfolge berufen. |
3. |
Unser Sohn/unsere Tochter ist allerdings auch hinsichtlich der Schlusserbfolge nur Vorerbe. Der Vorerbe ist von folgenden gesetzlichen Beschränkungen ausdrücklich befreit:
▪ |
§ 2113 Abs. 1 BGB (Verbot von Verfügungen über Grundstücke, Schiffe und Schiffsbauwerke). Dies gilt ausdrücklich auch für ein etw... | |