A. Vorbemerkung
Rz. 1
Das Arbeitsgerichtsverfahren fällt aus den bisher dargestellten Verfahren insofern heraus, als es nicht vor der ordentlichen, sondern vor einer Spezialgerichtsbarkeit geführt wird. Trotzdem bilden die Regelungen der ZPO die Grundlage auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren. Im Übrigen sind die im Arbeitsrechtsverfahren erstrittenen Titel nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung durchzusetzen, so dass eine Darstellung dieses Verfahrenstyps im Rahmen des Zivilprozessrechts sinnvoll erscheint.
B. Arbeitsrechtsstreitigkeiten
I. Definition
Rz. 2
In die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, insbesondere die in § 2 Ziff. 2 ArbGG genannten. Die Arbeitsgerichte haben folglich die Aufgabe, spezielle, aus der Arbeitswelt stammende Rechtsstreitigkeiten zu regeln, für die sie aufgrund ihrer Spezialisierung eine erhöhte Kompetenz haben. In die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen damit Rechtsstreitigkeiten aus Arbeitsverträgen, aber auch betriebsverfassungsrechtliche und tarifrechtliche Fragen.
Das Arbeitsgericht ist in solchen Fällen ausschließlich zuständig.
II. Soziale Zielsetzungen
Rz. 3
Das arbeitsgerichtliche Verfahren ist im Wesentlichen ausgestaltet wie das übliche Zivilverfahren. Die Arbeitsgerichte haben aber in besonderer Weise dafür Sorge zu tragen, dass dem wirtschaftlich häufig schwächeren Arbeitnehmer zum Recht verholfen wird. Gleichzeitig soll eine tiefgreifende Störung des Arbeitsverhältnisses soweit wie möglich unterbleiben. Um diesen Zweck zu erreichen, sieht das Arbeitsgerichtsverfahren eine Besonderheit vor, nämlich den Gütetermin.
C. Arbeitsgerichte
Rz. 4
Der Instanzenzug in der Arbeitsgerichtsbarkeit reicht vom Arbeitsgericht über das Landesarbeitsgericht zum Bundesarbeitsgericht.
Anders als in der ordentlichen Gerichtsbarkeit gibt es nur ein Eingangsgericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig gemacht werden kann. Dies ist immer das Arbeitsgericht. In allen Instanzen entscheiden die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit durch Spruchkörper, die mit mehreren Richtern, darunter auch Laienrichter, besetzt sind. Einzelrichter gibt es in der Arbeitsgerichtsbarkeit nicht.
D. Verfahren
Rz. 5
Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht folgt im Wesentlichen den Regelungen der ZPO. Spezielle Regeln, die die der ZPO teilweise verdrängen, finden sich im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG).
I. Klageerhebung
Rz. 6
Wie das normale Zivilrechtsverfahren wird das Verfahren vor dem Arbeitsgericht durch Einreichung einer Klageschrift, die in ihrem Aufbau der im Zivilverfahren entspricht, eingeleitet. Die Klage, die dem aus dem ordentlichen Gerichtsverfahren bekannten Muster entspricht, wird der beklagten Partei von Amts wegen zugestellt. Darüber hinaus ist auch das Mahnverfahren der ZPO, wenn auch mit Abweichungen (§ 46a ArbGG) zulässig.
II. Vertretung
Rz. 7
Vor dem Arbeitsgericht besteht kein Anwaltszwang, jedoch kann sich eine Partei von einem Rechtsanwalt vertreten lassen, wenn sie dies wünscht. Auch kann einer Partei auf ihren Antrag ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie selbst zu dessen Bezahlung außerstande ist und der Prozessgegner ebenfalls anwaltlich vertreten ist. Für die Beiordnung gelten die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe entsprechend.
Beim Arbeitsgericht ist daneben auch die Prozessvertretung durch Vertreter von Gewerkschaften oder Vereinigungen möglich, d.h. der gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer kann sich durch einen Gewerkschaftssekretär und der Arbeitgeber von einem Vertreter des Arbeitgeber- oder sonstigen Verbandes vertreten lassen, dem er angehört.
Vor dem Landes- und dem Bundesarbeitsgericht gilt ein Anwaltszwang, d.h. die Parteien müssen sich von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Anwalt vertreten lassen.
III. Gütetermin
Rz. 8
Wie bereits erwähnt, kennt das Arbeitsgerichtsverfahren eine Einrichtung, die in das Zivilverfahren erst vor einigen Jahren mit der Zivilprozessrechtsreform eingeführt worden ist. Das Arbeitsgericht muss nämlich gem. § 54 ArbGG eine Güteverhandlung durchführen. Die Güteverhandlung erfolgt normalerweise in einem gesonderten Verfahrenstermin, der ausschließlich der Beilegung des Rechtsstreits durch Vergleich dient, und an dem nicht die gesamte Kammer, sondern nur der Vorsitzende anwesend ist. In diesem Termin erörtert das Gericht mit den Parteien die Sach- und Rechtslage und versucht, eine gütliche Einigung der Parteien zu erzielen. Eine solche Einigung kann durch Vergleich geschlossen werden. Der Vergleich ist dann ein vollstreckbarer Titel.
Rz. 9
Kommt es nicht zum Vergleich, muss das Kammerverfahren durchgeführt werden. Dieses richtet sich dann nach den ZPO-Regeln. Das Gericht wird in der Regel für die streitige Verhandlung einen neuen Termin ansetzen, zu dem dann die gesamte, aus drei Richtern bestehende Kammer zusammentritt.
Rz. 10
Bis zur Güteverhandlung besteht für den Beklagten keine Notwendigkeit, sich zur Sache in irgendeiner Form einzulassen. Es schadet aber nicht, bereits inhaltlich vorzutragen, da das Gericht mit größerer Tatsachenkenntnis dann besser Möglichkeiten einer Einigung ausloten kann und auch b...