I. Die Geltendmachung des Pflichtteils im Wege der Stufenklage
1. Allgemeines
Rz. 6
Vorzugsweise geht der Pflichtteilsberechtigte prozessual im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) vor, wenn die positive Aussicht auf einen Zahlungsanspruch feststeht oder wenn sich Verjährungsprobleme stellen könnten. Da der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich keine Kenntnis über den Bestand des Nachlasses hat, ist ihm der Weg über die Stufenklage gestattet. Von der Stufenklage ist abzuraten, wenn ungewiss ist, ob überhaupt ein Zahlungsanspruch besteht und wenn keine Verjährung droht.
Hinweis
Für die beratende Praxis sei hier darauf hingewiesen, dass bei getrennter Geltendmachung von Auskunfts- und Zahlungsklage die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs stets im Auge zu behalten ist, zumal sich eine Auskunftsklage nicht selten über ein bis zwei Jahre hinzieht.
Rz. 7
Bei der Stufenklage umfasst der Klageantrag in der ersten Stufe die Auskunftserteilung des Erben über den Bestand des Nachlasses (§§ 2314, 260 BGB), in der zweiten Stufe die Abgabe einer Versicherung an Eides statt (§ 260 Abs. 2 BGB) und in der dritten Stufe die Zahlung des sich aus dem Nachlasswert und der Pflichtteilsquote ergebenden Betrags.
Hat der Pflichtteilsberechtigte bereits über einen bestimmten Teil des Nachlasses und dessen Wert Kenntnis, so kann er eine Teilklage auf den Mindestwert des Pflichtteils erheben und diese mit einer Stufenklage bezüglich des restlichen Teils verbinden.
Vgl. zu den Voraussetzungen eines Teilurteils über den Pflichtteilsanspruch OLG Hamburg NJW-FER 1999, 129.
2. Kosten und Gegenstandswert
Rz. 8
Geht der Kläger im Wege der Stufenklage vor und erteilt der Beklagte nach Rechtshängigkeitseintritt die begehrte Auskunft, so kann hinsichtlich des Auskunftsantrags die Hauptsache für erledigt erklärt werden.
Rz. 9
Ergibt sich nach Auskunftserteilung, dass kein Nachlass vorhanden und ein Zahlungsanspruch deshalb unbegründet ist, so war die anschließende prozessuale Verfahrensweise bzw. Kostentragungspflicht bisher ein umstrittenes Problem. Durch eine Hauptsacheerledigungserklärung bezüglich des Zahlungsantrags kann der Kläger die Prozesskostensituation allein nicht retten.
Rz. 10
Nach Ansicht des BGH sind in diesem Falle dem Kläger die Kosten nach § 91a ZPO aufzuerlegen, da die Zahlungsklage unbegründet gewesen wäre. Auch eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens aus § 93 ZPO kommt nicht in Betracht. Im Ergebnis führt dies zu einer als ungerecht empfundenen Kostentragungspflicht des Auskunftsklägers, da er oft nur zur Vermeidung der Verjährung seines Zahlungsanspruchs diesen mit der Auskunftsklage verband und rechtshängig machte.
Rz. 11
Der BGH löst das Problem dahingehend, dass er dem Kläger einen materiellrechtlichen Schadensersatzanspruch in Bezug auf die angefallenen Kosten der – unbegründeten – Zahlungsklage zubilligt, wenn diese bei rechtzeitiger Auskunftserteilung vermeidbar gewesen wären.
Rz. 12
Diesen Schadensersatzanspruch kann der Kläger entweder in einem Folgeprozess oder aber im laufenden Prozessverfahren im Wege einer Klageänderung einfordern, welche nach § 263 ZPO als sachdienlich angesehen wird. Hierbei besteht wiederum die Wahlmöglichkeit zwischen einer Feststellungsklage und einer direkt bezifferten Zahlungsklage.
Rz. 13
Die Bemessung des Gegenstandswertes der Stufenklage nach § 254 ZPO richtet sich nach dem höchsten Wert der verbundenen Ansprüche, d.h. regelmäßig nach dem Wert des Leistungsanspruchs.
Kann der Kläger zum Zeitpunkt der Erhebung der Stufenklage den Zahlungsanspruch noch nicht beziffern, ist der Gegenstandswert gemäß § 3 ZPO zu schätzen.
Für den Gebührenstreitwert gilt § 44 GKG. Auch danach ist bei der Stufenklage der höchste Wert der erhobenen Ansprüche maßgebend.
Vgl. zur Frage der Prozesskostenhilfe im Rahmen einer Stufenklage OLG Brandenburg FamRZ 1998, 1177.
II. Auskunfts- und Leistungsklage
1. Allgemeines
Rz. 14
Ist die Gefahr einer Verjährung nicht gegeben, kann der Berechtigte zunächst nur Auskunftsklage erheben. Muss nach Abschluss derselben Zahlungsklage erhoben werden, entstehen lediglich die eingangs bereits erwähnten höheren Prozesskosten. Ein Auskunftsanspruch kann aber grundsätzlich nicht durch einstweilige Verfügung erzwungen werden.
Rz. 15
Schwierigkeiten bestehen in der Praxis oftmals bei der Antragstellung. Der Antrag auf Auskunft ist möglichst konkret zu fassen, damit er später gegebenenfalls vollstreckt werden kann. Nach BGH hat ein Nachlassverzeichnis grundsätzlich über die folgenden Punkte Auskunft zu geben, die sinnvollerweise auch der Antrag enthalten sollte, nämlich das Auskunftsbegehren
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über die beim Erbfall tatsächlich vorh... |