1. Mittelbare Regelungen
a) Keine Beeinträchtigung fremden Sondereigentums
Rz. 58
Das neue WEG kennt keine § 14 Nr. 1 WEG a.F. entsprechende Regelung mehr, die dem Wohnungseigentümer Instandhaltung und Instandsetzung seines Sondereigentums auf seine Kosten auferlegt. Die Mindestpflichten zur Erhaltung ergeben sich nunmehr aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer den Miteigentümern gegenüber verpflichtet ist, deren Sondereigentum nicht mehr als bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbar zu beeinträchtigen. Daraus ergibt sich die früher in § 14 Nr. 1 WEG a.F. normierte Minimalpflicht, das eigene Sondereigentum in einem solchen Zustand zu halten, dass das Sondereigentum der Miteigentümer nicht mehr als unvermeidlich beeinträchtigt wird.
b) Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums
Rz. 59
Die erste Lücke im neuen Recht zeigt sich bereits bei Vernachlässigungen oder sonstigen Veränderungen des Sondereigentums, die sich auf das Gemeinschaftseigentum auswirken. Bedeutung erlangt dies etwa dann, wenn im Sondereigentum stehende Bauteile wie etwa Heizkörper betroffen sind, deren Veränderung sich auf das gesamte System auswirken. Hier ergab sich aus § 14 Nr. 1 WEG a.F., da diese Vorschrift weit gefasst war, ebenfalls eine Pflicht des Wohnungseigentümers, sein Sondereigentum so zu erhalten, dass Beeinträchtigungen der Miteigentümer nicht zu befürchten waren. Das neue Recht ist hier weit weniger ergiebig. § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG erfasst nur die mangelnde Erhaltung oder sonstige Veränderungen, die das Sondereigentum von Miteigentümern beeinträchtigt. Selbst die Generalklausel in § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG, wonach der Wohnungseigentümer gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Einhaltung von Gesetz, Vereinbarungen und Beschlüssen verpflichtet ist, hilft hier nicht weiter, wenn nicht die Gemeinschaftsordnung die (nach früherem Recht überflüssige) Verpflichtung zur Erhaltung des Sondereigentums enthält. Will man nicht auf die Treuepflicht der Wohnungseigentümer oder gleich direkt auf § 242 BGB zurückgreifen, ergibt sich somit unmittelbar aus dem Gesetz keine Verpflichtung des Wohnungseigentümers, sein Sondereigentum so instandzuhalten, dass es nicht zu Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums kommt.
2. Rückgriff auf § 19 Abs. 1 WEG
Rz. 60
Dieses Fehlen einer eigentlich zwingend erforderlichen Regelung kann nur durch den Rückgriff auf eine Generalklausel behoben werden (ähnlich wie nach altem Recht bei der Führung von Aktivprozessen des Verbandes durch Rückgriff auf § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG a.F.). Nach § 19 Abs. 1 WEG besteht eine Kompetenz der Eigentümerversammlung, über eine Benutzung des Sondereigentums Beschluss zu fassen, soweit diese nicht durch Vereinbarung geregelt ist. Mangels entgegenstehender Regelung können die Wohnungseigentümer also bei einer Vernachlässigung des Sondereigentums, die sich beeinträchtigend auf das Gemeinschaftseigentum auswirkt, durch Beschluss eine Erhaltungsmaßnahme anordnen. Dass (nur) dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, dürfte ähnlich wie bei weiterfressenden Mängeln im Gemeinschaftseigentum evident sein. Zulässig dürfte (wie nach altem Recht nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG a.F.) auch ein Vorratsbeschluss sein, der ähnlich wie § 14 Nr. 1 WEG a.F. anordnet, dass jeder Wohnungseigentümer sein Sondereigentum so zu erhalten hat, dass dem Gemeinschaftseigentum kein über das unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil entsteht. Jedenfalls bei bereits bestehendem Erhaltungsrückstand kann jeder Wohnungseigentümer die Fassung eines solchen Beschlusses aus § 18 Abs. 2 Nr. 1, 2 WEG sogar verlangen, da nur die Mindestinstandhaltung des Sondereigentums ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Wird ein solcher Beschluss hingegen nicht gefasst, hat die Wohnungseigentümergemeinschaft nach der Novelle mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keinen Anspruch darauf, dass ein Wohnungseigentümer sein Sondereigentum auch nur im skizzierten Mindestumfang erhält.