Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 220
Einstweilige Anordnungen in Unterhaltssachen gem. § 246 FamFG gelten grundsätzlich über die Scheidungsrechtskraft hinaus. Sie bleiben in Kraft, bis eine anderweitige Regelung rechtskräftig wird. Durch die Formulierung des Gesetzes in einstweiligen Anordnungssachen nach § 49 FamFG ("vorläufige Maßnahme") wird zum Ausdruck gebracht, dass das Hauptsacheverfahren nicht vorweggenommen werden darf. Durch den Begriff der Vorläufigkeit in § 49 FamFG wird der Gesichtspunkt des Außerkrafttretens der Maßnahme besonders betont. Dies ist in § 246, der Sondervorschrift für einstweilige Anordnungen im Bereich des Unterhalts, nicht der Fall.
Eine einstweilige Regelung wird aber in der Praxis von den Beteiligten häufig akzeptiert und bleibt als dauerhafte Regelung in Kraft. Nach früherem Recht musste – wegen der Akzessorietät der einstweiligen Anordnung mit dem Hauptsacheverfahren – gleichwohl die Hauptsache aus verfahrensrechtlichen Gründen weitergeführt werden. Mit Inkrafttreten des FamFG am 1.9.2009 ist dies nicht mehr der Fall.
Letztlich wird durch die Unabhängigkeit der einstweiligen Anordnung von einem Hauptsacheverfahren angestrebt, die vorläufige Entscheidung zu akzeptieren oder durch eine eventuell einvernehmlich und außergerichtlich getroffene anderweitige dauerhafte Regelung zu ersetzen.
Rz. 221
Der Unterhaltsschuldner kann sich gegen eine einstweilige Anordnung mit Hilfe einer negativen Feststellungsklage nach § 256 ZPO wehren oder aber die Wirkung der einstweiligen Anordnung durch eine Bereicherungsklage beseitigen lassen.
Die negative Feststellungsklage ist allerdings gegenüber dem Leistungsantrag subsidiär.
Rz. 222
Zudem ist umstritten, ob überhaupt die Möglichkeit der negativen Feststellungsklage gegeben ist. Zu Recht wird dies bejaht, da der Unterhaltsschuldner nicht darauf beschränkt ist, seine Einwendungen nur mithilfe des Abänderungsantrags nach § 54 FamFG oder mit dem Antrag auf Fristsetzung zur Einleitung des Hauprtsacheverfahrens nach § 52 Abs. 2 S. 1 FamFG geltend zu machen. Der Unterhaltsschuldner hat einen Anspruch darauf, dass das Nichtbestehen des in der einstweiligen Anordnung titulierten Anspruchs mit Rechtskraftwirkung festgestellt wird. Dies begründet sein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO.
Die Gegenauffassung hält den negativen Feststellungsantrag für unzulässig, da der Unterhaltsschuldner ein Hauptsacheverfahren nach § 52 Abs. 2 FamFG erzwingen könne. Damit könne der Schuldner auf einfache Weise dasselbe erreichen wie mit einem Feststellungsbeschluss, dass er nämlich keinen Unterhalt schuldet.
Rz. 223
Einen Leistungsantrag auf Rückgewähr nicht geschuldeter Unterhaltsbeträge kann der Unterhaltsschuldner wegen der Subsidiarität des Feststellungsantrags erheben: Soweit der Unterhaltsschuldner Unterhaltsleistungen erbringt, die er nicht leisten muss, erfolgen diese ohne rechtlichen Grund. Das Fehlen jeder vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage führt zu einem Rückforderungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB.
Der erfolgreiche Leistungsantrag führt nach § 56 FamFG zum Außerkrafttreten der einstweiligen Unterhaltsanordnung.
Rz. 224
Da einstweilige Anordnungen, die über Bestand und Höhe des materiellen Unterhalts hinausgehen, nicht in materielle Rechtskraft erwachsen, also nur einen vollstreckbaren Titel schaffen, kann die einstweilige Anordnung deshalb auch für zurückliegende Zeiträume durch eine Entscheidung abgelöst werden.
Rz. 225
Ohne Rechtsgrund geleistete Unterhaltsbeträge können deshalb nach Bereicherungsrecht zurückgefordert werden, ohne dass die einstweilige Anordnung zuvor – ggf. teilweise – aufgrund eines Abänderungsantrages aufgehoben werden müsste. In diesen Fällen besteht allerdings kein Schadenersatzanspruch etwa nach §§ 717, 945 ZPO.
Dieselben Grundsätze gelten für einen Vergleich, der im Anordnungsverfahren geschlossen worden ist und durch den – lediglich – eine der beantragten einstweiligen Anordnung entsprechenden Regelung erreicht werden sollte.