Michael Brix, Alexander Erbarth
Rz. 282
Im Rahmen der Zugewinnausgleichsberechnungen neutralisieren sich die hälftig bei jedem Ehegatten in die Ausgleichsbilanzen eingestellten Gesamtschulden, deshalb kann der Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB ohne weiteres durchgeführt werden.
Rechenbeispiel
Zugewinnausgleich
Endvermögen des Ehemannes
Eigentumswohnung |
120.000 EUR |
abzgl. gemeinsame Verbindlichkeit |
– 50.000 EUR |
ergibt |
70.000 EUR |
zzgl. Ausgleichsanspruch gegen die Ehefrau |
25.000 EUR |
Zugewinn des Ehemannes |
95.000 EUR |
Endvermögen der Ehefrau
Eigentumswohnung |
120.000 EUR |
abzgl. gemeinsame Verbindlichkeit |
– 50.000 EUR |
ergibt |
70.000 EUR |
zzgl. Ausgleichsanspruch gegenüber dem Ehemann |
+ 25.000 EUR |
Zugewinn der Ehefrau |
95.000 EUR |
Differenz |
0 EUR |
Zugewinnausgleichsansprüche der Ehegatten untereinander |
0 EUR |
Durch den so durchgeführten Zugewinnausgleich wird kein Gesamtschuldnerausgleich erreicht, es erfolgt eine Aufhebung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten gegeneinander.
Rz. 283
Gesamtschuldnerausgleich
Der Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB kann ohne weiteres durchgeführt werden, entweder dadurch, dass beide Ehegatten die Hälfte der monatlichen Annuität gegenüber dem Gläubiger bezahlen oder der Ehemann den Ausgleich vollständig erbringt und die Ehefrau die Hälfte dieses Betrages ihm monatlich erstattet.
So tilgen beide Ehegatten ihre gemeinsamen Verbindlichkeiten gemeinsam.
Rz. 284
Unterhaltsberechnung
Die Rückführungsrate auf die gemeinsame Verbindlichkeit wird in diesem Fall nicht bei der Berechnung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des Ehemannes berücksichtigt (jedenfalls nicht der Tilgungsanteil; im Hinblick auf eine etwaige Zinsbelastung kommt es darauf an, ob die Ehefrau schon im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs auch die anfallenden Zinsen hälftig erstattet oder nicht). Sähe man dies anders – was unvertretbar wäre – hätte die Ehefrau über den verringerten Unterhaltsanspruch den wesentlichen Teil (auch) der vom Ehemann zu tragenden Haftungsquote für die gemeinsame Verbindlichkeit faktisch wirtschaftlich zu tragen.
Rechenbeispiel
Einkommen des Ehemannes
(ohne Berücksichtigung der Rate für das Darlehen) |
4.500 EUR |
Unterhaltsanspruch der Ehefrau (davon 3/7) |
1.929 EUR |
Rz. 285
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anstellung einer Gesamtwürdigung von Unterhalt, Zugewinnausgleich und Gesamtschuldnerausgleich zwingend notwendig ist. Die Heranziehung von § 242 BGB ist bei richtiger Handhabung regelmäßig nicht erforderlich. Entscheidend kommt es im Ergebnis aber auch darauf an, dass die Position des Ansatzes der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten entweder bei der Berechnung der Zugewinnausgleichsansprüche oder beim Unterhalt maßgeblich auch davon abhängt, dass er sich dort, wo der Ansatz erfolgt, auch tatsächlich auswirkt.
Rz. 286
Ergibt sich beispielsweise aus anderen Gründen ohnehin kein Zugewinnausgleich, etwaig durch anderweitige, aus ganz anderen rechtlichen Zusammenhängen sich ergebenden Verbindlichkeiten oder aber dann, wenn sich Anfangsvermögen bzw. "privilegierter Erwerb" nach § 1374 Abs. 2 BGB zugewinnausgleichsanspruchseliminierend auswirkt, dann hat der Ausgleich entsprechend in einem der anderen Berechnungsmodelle zu erfolgen.
Rz. 287
Bringt die Einstellung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit im Zugewinnausgleich wirtschaftlich nichts, da ein Zugewinnausgleich aus anderen Gründen ohnehin nicht geschuldet ist, kann die gesamtschuldnerische Verbindlichkeit im Unterhaltsverfahren zur Herbeiführung eines wirtschaftlichen Ausgleichs eingestellt werden, einhergehend mit der Geltendmachung der "Gesamtschuldnerausgleichsspitze". Wird außerdem auch kein Unterhalt geschuldet, sei es mangels Leistungsfähigkeit, sei es wegen annähernd gleicher unterhaltsrechtlicher Einkünfte, findet der Gesamtschuldnerausgleich "klassisch" nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB statt.