1. Einleitung
Rz. 16
Zu beachten ist, dass
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der Geschädigte, der behauptet, bei einem Haftpflichtgeschehen neben einem Sachschaden auch einen Personenschaden erlitten zu haben, nach dem hohen Beweismaßstab des § 286 ZPO beweisen muss, dass er bei dem Unfall verletzt wurde, selbst wenn die schuldhafte Unfallverursachung durch den Schädiger feststeht; |
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nicht jede unfallbedingte Befindlichkeitsbeeinträchtigung juristisch den Tatbestand der Körper- und/oder Gesundheitsverletzung erfüllt; |
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nicht jede unfallbedingte Verletzung zugleich die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt; |
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nicht jede unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit zugleich auch zu einem Erwerbsschaden führt; |
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nicht jede unfallbedingte Erwerbseinbuße des Geschädigten auch tatsächlich erstattungspflichtig ist. |
2. Anspruchsgrundlage
a) Schaden, aber kein Anspruch
Rz. 17
Der Umstand, dass Fremdverhalten Schäden herbeigeführt hat, bedeutet nicht automatisch, dass hierfür stets auch jemand anderer einzustehen hat. Materielle Vermögenseinbußen und immaterielles Schmerzensgeld sind nur dann zu zahlen, wenn eine Anspruchsnorm einen Ersatzanspruch dem Grunde nach dem Beeinträchtigten zuweist und einen Dritten zum Ersatz verpflichtet (siehe § 2 Rn 25 ff.).
Rz. 18
Es gibt durchaus Fälle, in denen ein Geschädigter zwar ein Unglück erleidet, gleichwohl aber dem Schädiger kein Unrecht vorhalten kann und seinen Schaden selbst tragen muss. Es ist zu sehen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Zur Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden; es reicht vielmehr aus, nur solche Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung Anderer tunlichst abzuwenden. Kommt es in Fällen, in denen keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, muss der Geschädigte – so hart dies im Einzelfall sein mag – seinen Schaden selbst tragen: "Er hat ein “Unglück’ erlitten und kann dem Schädiger kein “Unrecht’ vorhalten."
Rz. 19
Die Entscheidung des Gesetzgebers, jedenfalls bei fahrlässig begangenen unerlaubten Handlungen die Ersatzpflicht von einer Rechtsverletzung bzw. Rechtsgutverletzung (§ 823 I BGB) oder einer Schutzgesetzverletzung (§ 823 II BGB) abhängig zu machen, dient vor allem dem Ziel, den Kreis der Ersatzberechtigten auf die Inhaber des Rechts bzw. Rechtsgutes und die unter dem Schutzzweck der verletzten Norm Stehenden zu beschränken.
Rz. 20
Gegenüber Einrichtungen, die sich dem Opferschutz aus freiwilligen Stücken heraus verschrieben haben (z.B. Weißer Ring), besteht kein Rechtsanspruch auf deren satzungsgemäße Leistungen. Caritative Begünstigungen stehen in der Disposition des Spendenwilligen, ohne an Art. 3 GG gebunden zu sein.